Er hat ein Gesicht, das jeder auf dieser Welt kennt. Es ziert in verschiedenen modischen Varianten, zahlreiche Kleidungsstücke, Taschen, Poster und ist der Inbegriff für Rebellion, Revolution und für das sprichwörtliche Rütteln am Käfig. Die Rede ist von Ernesto „Che“ Guevara. Aber was wissen wir über diesen Mann? Ja, also: Cuba eben. Und Revolution halt. Fidel Castro. Und Zigarren. Nur, wer sich ausführlich mit der jüngeren Geschichte Lateinamerikas beschäftigt, kennt die genauen Abläufe der verschiedenen Gelegenheiten, durch die Che Guevara berühmt wurde. Die Wenigsten wissen, was er für ein Mensch war. Um dem abzuhelfen, hat Regisseur Steven Soderbergh jetzt das Leben des Arztes Ernesto aufwändig verfilmt. Diese Filme sollen uns den Mythos näher bringen, doch damit scheitert Soderbergh kläglich.
Wir werden direkt in die Geschichte katapultiert. Eine amerikanische Journalistin interviewt Che Guevara und er erzählt. Alles beginnt mit einem konspirativen Treffen. Che, Fidel und einige andere beschließen, die Revolution nach Cuba zu bringen. Und los geht’s. Mit einem Schiff wird die Überfahrt bewältigt und eine kleine Gruppe von etwa 30 Kämpfern startet den langen Marsch in die Hauptstadt Havanna. Unterwegs treffen sie nicht nur auf Regierungstruppen, sondern auch auf zahlreiche Mitstreiter. Je weiter die Widerstandskämpfer kommen, desto mehr Einheimische schließen sich ihnen an. Die Guerillas folgen bei ihrem Vorgehen einem bestimmten Konzept. Jeder Schritt ist wohl überlegt und liegt immer einer bestimmten Taktik zugrunde. Bauern werden professionell ausgebildet, sowohl im Kämpfen, als auch beim Schreiben und Lesen. Mit unglaublicher Präzision und Disziplin marschieren sie immer weiter und üben so Druck auf die Regierung aus. Und eines Tages kommt es tatsächlich zum spektakulären Einmarsch in Havanna. Der Krieg ist vorbei, die Revolution beginnt. Unterwegs werden Bündnisse mit zahlreichen Splittergruppen getroffen und so verfügt der Widerstand über eine größere Streitmacht, als die Armee der Regierung. Unterwegs wurde außerdem schnell noch fest gelegt, dass Fidel Castro der alleinige Oberkommandierende der Rebellenstreitkräfte ist, so dass auch für den nächsten Führer des Landes gesorgt ist.
Der ein oder andere mag jetzt denken: Warum erzählt der jetzt eigentlich schon den ganzen Film? Tja. Das sind eben die historischen Fakten und Ereignisse, die genau so statt gefunden haben. Und entsprechend penibel und genau handelt der Film diese Ereignisse ab. Das Interview dient als Rahmenhandlung und der Rest wird in Form von Rückblenden mit Off-Kommentaren erzählt. Die wenigen Szenen, bei denen ein Anflug von Spannung aufkommt, werden durch schroff eingeblendete Interviewpassagen veredelt, wodurch niemals Kino-Feeling aufkommen kann. Es ist eben ein teuer produzierter Dokumentarfilm geworden. Das alles wäre nicht so schlimm, da es sich ja um einen Kunstgriff und ein filmisches Konzept handelt, welches bei diesem Stoff durchaus stimmig sein kann. Aber trotz der peniblen Abhandlung der Fakten, ist der Film viel zu oberflächlich, da die wirklich interessanten Fragen gar nicht angesprochen werden. Was war dieser Che eigentlich für ein Mensch? Welche Motive hatte er, sein wohl durchdachtes Konzept der Revolution in ganz Lateinamerika zu etablieren? Warum hat er trotz seines schweren Asthmas die ganze Zeit geraucht, wie ein Schlot? Davon ist in diesem Film überhaupt nicht die Rede. Alles ist derart nüchtern inszeniert, dass man glauben könnte, man sitzt wieder in der Schule und kriegt einen Lehrfilm vorgeführt. Dazu kommt die Länge des Films. Über zwei Stunden diese Art Film sorgten zumindest bei mir dafür, dass mein Interesse, eventuell den zweiten Teil zu sehen, vollkommen erloschen ist.
Zum Abschluss noch ein Wort zur viel gepriesenen, charismatischen Darstellung von Benicio del Toro. In diesem Film hätte jeder x-beliebige Schauspieler diese Rolle übernehmen können. Da war del Toro selbst im schnarchigen 007-Abenteuer „Lizenz zum töten“ charismatischer.
„Che - Revolucion“ ist nur zu empfehlen für Leute, die sich wirklich für die Geschichte Cubas interessieren und einfach mal gerne ein kompaktes Sammelwerk vorgesetzt bekommen wollen. Zuschauer, die ein spannendes Kinoerlebnis und eine packende Darstellung einer interessanten, historischen Figur erwarten, werden leider enttäuscht.
Che – The Argentine (Spanien / USA 2008): R.: Steven Soderbergh; D.: Benicio del Toro, Demian Bechir, Julia Ormond, u.a; M.: Alberto Iglesias; Offizielle Homepage
In Weimar: lichthaus
On Air: Jeden Donnerstag 12.25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar
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