Freitag, 15. Januar 2010

Wo die wilden Kerle wohnen

Manchmal kommt es einem so vor, als ob der Erfolg eines Buches daran gemessen wird, wie bald und aufwendig es verfilmt wird. So kann es passieren, dass ein völlig unbegabter Dan Brown plötzlich in einem Atemzug mit bekannten und großartigen Gegenwartsautoren genannt wird, weil in der Verfilmung seiner Verschwörungs-Theorie-Reihe Tom Hanks die Hauptrolle übernimmt. Dass vorher kein Hahn nach Sakrileg geschrien hat, interessiert nun keinen mehr. Manchmal gibt es auch Bücher, die aus verschiedenen Gründen als unverfilmbar gelten. "Der Herr Der Ringe" wohl wegen seines unglaublichen Umfangs, der Komplexen Story und wegen des technischen und finanziellen Aufwandes, der zur Realisierung dieses Projektes nötig war. Doch ein kleiner, unbekannter neuseeländischer Regisseur lehrte uns eines Besseren. Das Kinderbuch "Wo die wilden Kerle wohnen" von Maurice Sendak bietet da andere Schwierigkeiten. Erstens gibt es einen eindeutigen visuellen Stil vor und ist außerdem gerade mal 40 Seiten dick. Regisseur Spike Jonze hat sich das Buch nun geschnappt und liefert uns eine gelungene, liebevolle Verfilmung des Kinderbuchklassikers.

Max ist ein richtig wilder Kerl. Er verkleidet sich gerne als Wolf und terrorisiert den Hausköter ebenso, wie die große Schwester und die Mutter. Max tut das allerdings nicht, weil er böse ist, oder gar verhaltensgestört. Er hat eben einfach eine sehr blühende Fantasie, was aber immer wieder dazu führt, dass er sich missverstanden fühlt. Eines Abends kommt es zum großen Krach mit seiner Mutter und Max rennt weg. Er rennt so lange durch die Dunkelheit, bis er an einen Strand kommt. Zwischen ihm und der stürmischen See liegt ein kleines Segelboot bereit. Max zögert nicht lange und segelt los. Nach einer sehr unangenehmen Nacht auf dem Meer landet Max auf einer Insel, die offensichtlich von großen monströsen Kreaturen bewohnt ist. Das sind wilde Kerle, wie sie im Buche stehen. Sie sind groß, toben durch den Wald, dass es nur so kracht und scheppert und sie fressen erstmal alles auf, bevor sie irgendwelche Fragen stellen. Doch auch Max ist ein wilder Kerl und beeindruckt die großen Monster mit einem überwältigenden Auftritt. Sie machen ihn kurzerhand zu ihrem König und beginnen mit dem Bau einer beeindruckenden Festung. Besonders ein Inselbewohner hat es Max angetan und er freundet sich sofort mit Carol an, der unter den Monstern auch eine Art Außenseiter-Dasein fristet, denn auch er ist ein richtig wilder Kerl mit viel Fantasie. Zusammen erkunden Max und Carol die Insel, keilen sich mit den anderen im Wald und führen die Monsterpopulation auf eine neue Art und Weise zusammen. Doch, so schön und frei das Leben auf der Insel ist, hat Max das Gefühl, wieder nach Hause zu wollen. Das führt zu ungeahnten Schwierigkeiten mit Carol.

Gleich vorneweg: "Wo die wilden Kerle wohnen" ist ein sehr schöner und kleiner Film für Kinder geworden. Die Vorlage wurde gekonnt genutzt, um die Geschichte des Bilderbuches sinnvoll zu erweitern. Hier haben Regisseur Spike Jonze und Drehbuchautor Dave Eggers etwas sehr ungewöhnliches getan. Bevor die Dreharbeiten begannen, wurde das Original zu einem Roman adaptiert und der wurde dann als Grundlage für das Drehbuch benutzt. So wurde die Geschichte nicht, wie von Skeptikern befürchtet oberflächlich auf zwei Stunden Länge ausgewalzt, der Film lässt sich stattdessen sehr viel Zeit bei der Entwicklung der Figuren und gibt den Monstern richtige Charaktere und eine kleine Lebensgeschichte. Auch technisch ist der Film mit sehr viel Aufwand und Detailliebe inszeniert. Die Monster, bei denen man genau weiß, wie sie auszusehen haben werden ausnahmsweise nicht mit dem Computer zum Leben erweckt, sondern mit sehr schönen Kostümen und es wird mit Hilfe von cleveren Schnitten und Kameraperspektiven auch das korrekte Größenverhältnis eingefangen. Eine besondere Erwähnung verdient auch noch die Kulisse im Film. Die von den Monstern und Max erbaute Festung ist sehr beeindruckend und erinnert an die Werke des Naturkünstlers Andy Goldsworthy.

"Wo die wilden Kerle wohnen" ist eine gelungene Adaption des Kinderbuchklassikers geworden. Er wird sowohl denjenigen gefallen, die Fans der Vorlage sind, als auch denen zusagen, die bisher noch nie etwas davon gehört haben. Vor allem aber erzählt er eine Geschichte über Freundschaft, über das Kindsein und das Erwachsenwerden.

Where The Wild Things Are (USA 2009): R.: Spike Jonze; D.: Max Records, Catherine Keener, James Gandolfini, u.a.; M.: Carter Burwell; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar

1 Kommentar:

  1. Ich muß sagen, dass mich der Film auch überzeugt hat, wobei es meiner Meinung nach kein reiner Kinderfilm ist!
    Mir kam allerdings der Teil in Max' Familie ein wenig zu kurz...Da hätte man noch ein bisschen mehr draus machen können!

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