Montag, 5. September 2011

Mein bester Feind

Wir mögen spannende Geschichten. Geschichten, in denen die unterschiedlichen Menschen mit unterschiedlichen Eigenschaften unter besonderen, vielleicht sogar extremen Umständen mit ihren eigenen Dämonen konfrontiert werden, sind immer die besten und bieten guten Stoff, der es wert ist, ebenso spannend und gut verfilmt zu werden. Diese Voraussetzungen bringt auch der neue Film von Wolfgang Murnberger „Mein bester Feind“ mit. Was fängt der gefeierte Regisseur von solch heiß diskutierten Filmen, wie „Silentium“ und „Der Knochenmann“ mit diesen Zutaten an?

Wien 1930. Die jüdische Familie Kaufmann gehört zu den angesehensten Bürgern der Stadt und betreibt eine international hoch anerkannte Galerie. Der Sohn Victor ist ihr ganzer Stolz und bereitet sich darauf vor, das Familiengeschäft zu erben. Leicht hatte es die Familie in der letzten Zeit aber nicht. Ihre Zweigstelle und Wohnung in Nürnberg mussten sie wegen der aufkommenden Anfeindungen gegen die jüdische Gemeinde räumen und Deutschland verlassen. In Wien haben sie nun Ruhe gefunden und hoffen natürlich, diese Ruhe so lange wie möglich erhalten zu können. Eines Tages taucht dann Rudi auf. Er ist der Sohn des Hausmädchens der Familie und ist bei den Kaufmanns aufgewachsen. Er gehört praktisch zur Familie. Bei einer Vernissage wird das Gerücht geäußert, die Familie sei in Besitz einer lange verschollenen Zeichnung Micheangelos. Das erweckt das Interesse der Nazis, die mittlerweile vor den Toren Wiens stehen. Mussolini hat sich nämlich für einen Staatsbesuch in Berlin angekündigt und um die Allianz zu festigen, will Hitler ihm diese Zeichnung übergeben. Hier kommt Rudi ins Spiel, denn der hegt heimlichen Hass gegen die Familie Kaufmann. Sein Leben lang fühlte er sich unter den Scheffel gestellt und hatte immer das Gefühl, im Schatten der reichen Herrschaften zu stehen. Er wird Mitglied der SS und verrät dem Kommandanten, wo sich das Versteck der Zeichnung befindet. Die Zeichnung wird beschlagnahmt und die Familie kurzerhand ins KZ geschickt. Bei einem vorbereitenden Besuch einer italienischen Delegation stellt ein Kunstexperte allerdings fest, dass es sich bei der beschlagnahmten Zeichnung um eine Fälschung handelt. Rudi bekommt nun nachdrücklich den Auftrag, die echte Zeichnung zu besorgen und begibt sich deshalb ins KZ, um den dort inhaftierten Victor aufzusuchen. Der ist natürlich gar nicht begeistert, seinen Peiniger und ehemaligen besten Freund wieder zu sehen.

Ohne irgendein Gefühl des Bedauerns oder schlechten Gewissens könnte ich jetzt hier die gesamte Handlung des Filmes, inklusive des leicht vorhersehbaren Endes nach erzählen. Insgesamt hat der Film bei mir nämlich keinen so guten Eindruck hinterlassen. Die Figuren sind allesamt oberflächlich konzipiert und bei den beiden Hauptcharakteren fragt man sich andauernd nach deren Motiven und Gedanken. Außerdem ist die Verlagerung eines spannenden Katz-und-Maus-Spiels in die Geschichte der Nazidiktatur auch eher verunglückt. Durch das ständige Hin und Her zwischen den beiden Kontrahenten mit haarsträubenden Situationen von Rollentausch über unlautere Verhörmethoden und Verfolgungsjagden gerät die Darstellung des eigentlich ernsten historischen Hintergrunds sehr verharmlosend. Auch nimmt man Georg Friedrich seinen plötzlichen und radikalen Sinneswandel nicht recht ab und Moritz Bleibtreu behält einen neutralen Gesichtsausdruck bei, ob es nun um das Anziehen einer SS-Uniform und das sich Ausgeben als Nazisoldat geht, oder das Leben im KZ; Bleibtreu guckt immer gleich. Er ist durchaus ein guter und fähiger Schauspieler, der aber stets einen bestimmten Typ Menschen spielen kann, der in seinen Eigenschaften wahrscheinlich im Wesentlichen Bleibtreus eigenem Charakter entspricht. Und das kann er eben nicht abstellen, wenn er mal eine andere unterschiedliche Figur spielen muss. Das hat man im Übrigen auch schon in „Jud Süß – Film ohne Gewissen“ gesehen. Bleibtreus Darstellung von Goebbels war sicher wohl vorbereitet und mit viel Mühe erarbeitet, überstieg aber seine Fähigkeiten.

„Mein bester Feind“ ist unausgegoren und oberflächlich und wirkt obendrein noch verharmlosend. Von bitterböser Satire und dem inneren, wie auch äußeren Kampf zwischen Gut und Böse oder Richtig und Falsch ist hier leider nichts zu spüren und Murnberger bietet mit diesem Film nur noch einen blassen Schatten seiner selbst. Schade, denn die Kombination der Darsteller und der einzelnen Sotryteile hätte wesentlich spannender sein können. So wird hier lediglich Potential verschenkt. Nochmal Schade!

Mein bester Feind (AT/D, 2011): R.: Wolfgang Murnberger; D.: Moritz Bleibtreu, Georg Friedrich, Ursula Strauss, u.a.; M.: Yariv Vaknin; Offizielle Homepage

In Weimar. lichthaus

Kineast On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

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