Was ist eine Graphic-Novel? Ein Comic, von jemanden gezeichnet, der nicht zeichnen kann? Ein Comic, in dem die Geschichte einen wichtigeren Aspekt einnimmt, als deren grafische Darstellung? Beides falsch. Eine Graphic-Novel entsteht auf die gleiche Weise, wie herkömmliche Comics, nur dass sich die Autoren vom Begriff Comic distanzieren, weil die Themen oft alles andere als komisch sind.
Man nehme „Sin City“, „Maus“ und „From Hell“; stets düstere, brutale Geschichten, die sich vor allem durch ihren grafischen Stil definieren. Text und Bild harmonieren perfekt und es ergibt sich ein Kunstwerk. Klingt alles ein bisschen schwer zugänglich. Deshalb hat Hollywood jetzt seine Vorliebe für diese Art von Literatur entdeckt und nutzt das alternative Image von Graphic-Novels um alternative Filmprojekte umsetzen zu können. Plötzlich weiß jeder, wer Frank Miller und Alan Moore sind. Der Regisseur Zack Snyder hat sich jetzt das 600 Seiten Monstrum „Watchmen“ geschnappt und packend inszeniert auf die Leinwand gebannt.
Wir schreiben das Jahr 1986 in einer alternativen Vergangenheit. In den 50er Jahren haben sich ein paar Polizisten schrille Kostüme genäht und haben als maskierte Recken „Minute Men“ für Gerechtigkeit gesorgt. Deren Nachfolger, die „Watchmen“, haben den Job übernommen und dann fragwürdige Popularität erreicht. In Viet-Nam sorgen sie dafür, dass die Amerikaner den Krieg gewinnen, Nixon wird fünf mal wieder gewählt und der Kalte Krieg ist auf seinem Höhepunkt. Der einzige Grund, weshalb die Situation noch nicht eskalierte, ist, dass Russland Angst vor den Superhelden hat. Allerdings hat Nixon ein Gesetz erlassen, welches die Aktivität als Superheld verbietet. Somit fristen die ehemaligen Strahlemänner ein eher tristes Dasein als normale Bürger. Eines Tages geschieht das Unfassbare. Comedian, ein Mitglied der Watchmen, wird von einem unbekannten Täter ermordet und Rohrschach, der einzige Held, dessen Identität noch niemandem bekannt ist, nimmt Nachforschungen auf und glaubt, einer großen Verschwörung auf der Spur zu sein. Er versucht nun, die übrigen Watchmen wieder zu vereinen. Doch Niteowl ist ein biederer, kleinkarierter Spießer geworden, Ozymandias und Dr. Manhattan sind damit beschäftigt, eine mächtige Energiequelle zu entwickeln, die den USA die Vormachtstellung sichern soll und Silk Spectre kämpft mit ihrer Vergangenheit und ihrer verbitterten alten Mutter. Viel zu spät merkt Rohrschach, dass der Mord an Comedian nur ein kleiner Teil eines viel größeren Planes ist, der zum Ziel hat, Millionen von Menschen zu töten. Bevor er heraus kriegen kann, wer dahinter steckt, wird er jedoch verhaftet.
Zack Snyder ist ein ganz frischer Vertreter der Hollywood Super-Regisseur-Riege. 2004 erregte er Aufmerksamkeit durch seine mit Speed aufgepeppte Neuauflage des Zombie-Klassikers „Dawn Of The Dead“ und schon damals war klar, dass er ein großer Fan von perfekt inszenierten Bildern ist. Richtig austoben konnte er sich in der Verfilmung von Frank Millers „300“ und schaffte eine perfekte Adaption des Comic-Stoffes. In „Watchmen“ perfektioniert er den Bilderrausch übernimmt unglaublich detailliert die Bilder der einzelnen Panele. Auch hier ist wieder der verblüffende Effekt zu bemerken, den man schon bei „Sin City“ bewundern durfte. Würde man sich mit dem Buch ins Kino setzen, könnte man den Film Seite für Seite mit blättern. Hier kommt ein weiterer positiver Aspekt von Snyders Stil zum tragen. Während andere Genrevertreter in Action-Sequenzen immer schneller und hektischer werden, verlangsamt Snyder alles um so mehr, je spektakulärer eine Szene ist. Eben so, als würde man sich ein besonders packendes Bild im Comic ganz genau und lange ansehen, während man es liest.
Das ist sehr entspannend und strengt das Auge nicht so an. Im Gegenteil. Man wird verwöhnt mit fantastischen Bildern und während Snyder in „300“ noch die Story ein wenig auf der Strecken bleiben ließ, lässt er in „Watchmen“ die geballte Ladung an Inhalt mit einfließen.
„Watchmen“ fesselt die gesamten 3 Stunden und macht einfach Spaß zu sehen. Außerdem lässt er die strahlenden Superheldn mal im harten realistischern Licht stehen und reduziert diese Muskelfiguren auf schrullige Typen, die alle ihre Eigenarten haben, eben so, als wären es ihre Superkräfte.
Watchmen (USA 2009): R.: Zack Snyder; D.: Jeffrey Dean Morgan, Malin Ackerman, Jackie Earlie Hale; u.a.; M.: Tyler Bates; Offizielle Homepage
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