Manchmal gibt es allerdings Regisseure, die das Fantasy-Tool-Kit links liegen lassen und das ganze ein bisschen individueller gestalten. Einer ist zum Beispiel der spanische Regisseur Guillermo del Toro, der hinter „Pans Labyrinth“ stand. Der indische Filmemacher Tarsem Singh gehört ebenfalls zu den Fantasy-Querulanten und faszinierte und schockierte zu gleich mit dem Thriller „The Cell“.
Nach über zwei Jahren Drehzeit und einem weiteren Jahr Suche nach einem Verleih läuft jetzt sein neuer Film „The Fall“ in den deutschen Kinos.
Alexandria liegt im Krankenhaus. Sie lebt 1920 mit ihrer Familie in Los Angeles und arbeitet jeden Tag auf einer Orangenplantage. Bei der Arbeit hat sie sich den Arm gebrochen und wartet nun auf Genesung. Bei einem ihrer Streifzüge trifft sie den Stuntman Roy, der ihr immer wieder fantastische Geschichten erzählt. In seinen Geschichten geht es um fünf skurile Helden, die sich alle aus unterschiedlichen Gründen geschworen haben, einen bösen Gouverneur zu töten. Hauptfigur ist der maskierte Bandit, der seinen Bruder rächen will. Die Helden durchleben zahlreiche Abenteuer und Kämpfe in einer fremden, faszinierenden Welt. Während Roy die Geschichte erzählt, bilden sich in Alexandrias Kopf die Bilder dazu. Roy hingegen baut seine eigene Lebensgeschichte in das Märchen mit ein und alle Menschen in der Umgebung der Beiden spielen auch in der Geschichte eine Rolle. Bald stellt sich heraus, dass Roy in Wirklichkeit von einem Mann betrogen wurde und ihm seine Freundin ausgespannt wurde.
Während Alexandria immer stärker und gesünder wird, scheint Roy genau diese Lebensenergie zu verlieren und wird immer lustloser. Bald hat er nur noch einen Gedanken vor Augen, nämlich sich das Leben zu nehmen. Das schlägt sich natürlich dramatisch auf den Fortgang des Märchens nieder.
Man merkt es gleich, die Story gibt eigentlich nicht viel her und bildet nur den Rahmen für eine Reihe opulent inszenierter Bilder, die wirklich atemberaubend sind. Mit einer unglaublichen Detailliebe zeichnet Tarsem diese Bilder, bis es an eine Sammlung von epischen Fresken erinnert. Hinzu kommen wunderschöne Kostüme, die das Bild und sein Motiv stets komplettieren.
Tarsem verzichtet hierbei nahezu komplett auf digitale Effekte oder sonstige Spielereien und drehte statt dessen an über 250 Originalschauplätzen und ließ unglaublich große Filmbühnen aufbauen. Das sorgte dafür, dass die Kosten für die Produktion explodierten und der Regisseur nach Fertigstellung echte Schwierigkeiten hatte, den Film zu verkaufen. Doch es gibt auch Schwachpunkte. Die Hingabe, die man den Bildern anmerkt, fehlt leider bei den Figuren, die allesamt oberflächlich und teilweise lächerlich wirken. Besonders sauer stößt hierbei der Naturforscher Darwin auf, der in einem schreiend bunten Federkostüm immer die genialsten Vorschläge hat, die ihm aber eigentlich ein kleiner Affe flüstert, den er immer dabei hat. Zusammen zucken lassen den Zuschauer auch diverse Erklärungsversuche, warum der Held mit einem spanischen Akzent spricht.
Tarsem muss sich immer wieder Vergleiche zu seinem Vorgängerfilm „The Cell“ gefallen lassen und bei diesem Vergleich hält „The Fall“ leider nicht stand. Sowohl die Story, als auch die Bilder überzeugten mich bei „The Cell“ mehr und ich vermute, dass der Regisseur angesichts der Schwierigkeiten bei der Produktion von „The Fall“ zu viele Zugeständnisse machen musste, so dass das Ergebnis möglicherweise nicht den ursprünglichen Vorstellungen entspricht. „The Fall“ ist etwas anderes im Fantasy-Einerlei, aber nichts wirklich packendes. Insgesamt muss ich leider sagen, dass mich dieser Film nach der langen Wartezeit enttäuscht hat.
The Fall (GB / I / USA 2006): R.: Tarsem Singh; D.: Catinca Untaru, Lee Pace, Justine Waddell, u.a.; M.: Kristina Levy; Offizielle Homepage
Filmrezensionen jeden Donnerstag 12.25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen