Es ist doch eigentlich ein alter Hut. Ein schöner, sonniger Tag; niemand denkt etwas böses. Plötzlich schiebt sich ein riesiges Objekt vor die Sonne und ein bedrohlicher Schatten wandert über die Stadt. Außerirdische Wesen sind angekommen und sie wollen die Erde zerstören und die Menschheit versklaven. Ganz klar. Doch wir werden uns nicht ergeben, sondern wir werden kämpfen und den außerirdischen Aggressor vor die Tür setzen. Oder auch nicht? Dass es manchmal doch anders kommen kann, als man immer denkt, und der Spieß auch sehr schnell umgedreht werden kann, kann man jetzt wieder mal feststellen, wenn man sich den neuen Film von Neill Blomkamp, „District 9“, ansieht.
Das Unfassbare ereignet sich in Südafrika und zwar genau über Johannesburg. Ein riesiges Raumschiff bleibt über der Stadt schweben und rührt sich nicht mehr. Nach kurzer Zeit schickt die Regierung bewaffnete Einsatztrupps nach oben. Im Inneren des Schiffes finden sich ungefähr 2 Millionen Aliens, die alle sehr geschwächt und krank sind. Aus unbekannten Gründen sind sie auf der Erde gestrandet und sind außer Stande, wieder weg zu fliegen. Es wird schnell reagiert und ein Flüchtlingslager für die Fremden direkt unter dem Schiff eingerichtet. Werden die Außerirdischen zunächst noch freundlich aufgenommen und schnelle Hilfe geleistet, spitzt sich die Lage im und um das Lager zu. Es kommt zu Übergriffen und zahlreichen Verbrechen, an denen Aliens beteiligt sind. Außerdem wird das Lager zu einem riesigen Slum, in dem sich auch das organisierte Verbrechen nieder lässt. Die Regierung beauftragt nun den Konzern MNU mit der Räumung von District 9 und der anschließenden Umsiedlung der Aliens in ein Lager weit vor der Stadt. Gesagt getan. Ein bewaffnetes Räumkommando dringt in das Lager ein und geht recht brachial gegen die Fremden vor. Viele der Außerirdischen verstehen nicht, warum sie plötzlich dort weg sollen. Hinzu kommt, dass MNU der weltgrößte Waffenhersteller ist. Die Motive sind also höchst fragwürdig und die brutale Durchführung der Räumung löst allgemeinen Unmut bei der Erdbevölkerung aus.
Neill Blomkamp hatte große Schwierigkeiten, ein Studio für die Produktion zu finden. Also fragte er Peter Jackson um Rat. Der nahm einige Änderungen am Drehbuch vor, so dass die Story in der Kontinuität des Computerspiels „Halo“ angesiedelt werden konnte. Prompt meldete sich Sony als Produzent an und hinter dem Projekt stand plötzlich eine riesige Fangemeinde. Um so überraschender, dass letztendlich trotzdem ein guter Film daraus geworden ist. Blompkamp hat ein ungewöhnliches talent, mit Bildern zu arbeiten und Specialeffects in eben diese Bilder ein zu bauen. Die Kamera steht nie still und es ist immer ein bisschen körnig. Alles sieht aus, wie in den Nachrichten, nur dass eben insektoide Außerirdische durch das Bild huschen. Man gewöhnt sich so schnell an diesen autehntischen Stil, dass man sich oft daran erinnern muss, dass man gerade einen Science-Fiction-Film genießt. Die schlichte, aber doch sehr spannende Geschichte tut natürlich ein übriges. Hoch interessant ist natürlich der Fakt, dass diesmal die Menschen die Bösen sind. Eigentlich ist der Film eine große Metapher auf die Diskriminierung aller Minderheiten. Und die Dinge, die im Film den Außerirdischen angetan werden, werden täglich und weltweit Menschen angetan und zwar von anderen Menschen. Und das ist vielleicht der einzige Kritikpunkt am Konzept des Films. Man kann sich als Zuschauer recht bequem hinter dem Sci-Fi-Motiv verstecken und die sozialkritische Aussage hinter dem Film kann zu leicht weg gewischt werden.
„District 9“ ist aber auf jeden Fall empfehlenswert. Schon allein durch seinen ungewöhnlichen visuellen Stil und der noch ungewöhnlicheren Story. Ein kleines Projekt, dass groß geworden ist, unterhaltsam ist und zu dem noch zum Nachdenken und Diskutieren anregt. Welcher Film kann das schon von sich behaupten?
District 9 (USA 2009): R.: Neill Blomkamp; D.: Sharito Copley, Jason Cope, Nathalie Boltt, u.a.; M.: Clinton Shorter; Offizielle Homepage
In Weimar: CineStar
Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12.25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar
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