Sonntag, 24. Januar 2010

Surrogates

Nie wieder krank sein? Nie wieder Schmerzen fühlen? Sich nie wieder auf den eigenen, angreifbaren und schwachen Körper verlassen müssen? Nie wieder irgendwas fühlen! Klingt nicht gerade nach einer erstrebenswerten Zukunft. Trotzdem werden in wenigen Jahren alle Menschen durch Roboter ersetzt sein. Während die lebenden Menschen zu Hause in einem speziellen Stuhl liegen, steuern sie ihre künstlichen Alter Ego. Diese Maschinen übernehmen einfach ihr öffentliches Leben. Zumindest spielt es sich so im neuen Film „Surrogates“ von Jonatahn Mostow ab, der diese Woche in den deutschen Kinos gestartet ist.

Die Welt ist sauber und nahezu perfekt geworden. Alle sind glücklich mit ihren künstlichen Körpern. Die Zahl der ansteckenden Krankheiten und die der Gewaltverbrechen ist praktisch auf Null zurück gegangen. Allerdings ist die Welt auch ein merkwürdiger Ort geworden. Alles basiert nur noch auf der Technik der Surrogates und die Städte und alle anderen Orte, die sonst voll von menschlichem Leben waren, sind nun von lebensechten Puppen bevölkert. Surrogates können quasi grenzenlos erweitert werden. Es gibt Salons, in denen man ihr Aussehen komplett verändern kann. Ist jemand nicht mit seinem Gesicht zufrieden, bekommt er ein neues, wenn er genug Geld hat. Auch die Kriegsführung hat sich sehr verändert. Wenn einem Surrogate etwas passiert, sei es, dass er erschossen oder sonst wie zerstört wird, droht dem Menschen, der den Roboter steuert nämlich absolut keine Gefahr. Eines Tages wird allerdings der Sohn des Erfinders der Surrogates ermordet und zwar während er seinen Surrogate steuert. Jemand kommt an, zerstört die Puppe und brät damit gleichzeitig das Gehirn des Operators, um mal in den Slang der Zukunft zu rutschen. Der FBI-Agent Tom wird mit der Aufklärung des Falles beauftragt, denn abgesehen davon, dass das Opfer einen überaus einflussreichen Vater hat, ist das erste mal seit vielen Jahren ein Mord geschehen. Dazu kommt, dass die Verkaufszahlen für Surrogates sofort stagnieren würden, wenn heraus käme, dass man in einem Surrogate sterben kann. Ein sehr heikler Fall und Tom nimmt die Ermittlungen auf. Die ersten Nachforschungen führen allesamt in ein roboterfreies Reservat, welches von einer mysteriösen Sekte um einen noch mysteriöseren Propheten eingerichtet wurde.

„Surrogates“ ist das perfekte Beispiel für eine Sammlung an zahlreichen sehr guten Ideen, die es aber schon vorher gegeben hat. Das Fernsteuern eines künstlichen Körpers vom bettartigen Gestell aus erinnert sehr an „Matrix“ und das Robotermotiv wurde auch schon in Spielbergs „Künstliche Intelligenz“ eindrucksvoll dargestellt. Das Prinzip des Avatars und das des Sim-Körpers kennt man aus „Otherland“. Eines haben all diese Zukunftsszenarien gemeinsam – und da macht auch „Surrogates“ keine Ausnahme: In Der Zukunft macht sich die Menschheit immer von irgendeiner revolutionären Technik abhängig, um eine, oberflächlich gesehen, perfekte Welt zu schaffen, ohne die Konsequenzen zu bedenken, die daraus erwachsen. Dieser beinahe schamlose Ideenklau stört aber nicht unbedingt, da aus der Kombination der bekannten Elemente ein neues und durchaus interessantes Szenario entsteht. Auch die Kontraste zwischen echter und künstlicher Welt sind sehr gelungen. Wir sehen Bruce Willis einmal als durch trainierten Sunnyboy mit prächtiger Seitenscheitelfrisur und einem makellosen Gesicht und auf der anderen Seite sehen wir, wie Bruce Willis tatsächlich aussieht. In erster Linie ist er alt und verbraucht. Wie eben ein Mensch, der auf die 60 zu geht, so aussieht. Das beweist sehr viel Mut seitens der Darsteller und das hätte ich Bruce Willis, ehrlich gesagt, nicht zugetraut. Leider nutzt der Film diese positiven Elemente, um eine oberflächliche und vorhersehbare Krimi-Story zu erzählen, die ebenso in der Vergangenheit, wie auch in der Gegenwart, oder in jedem anderen Jahrzehnt hätte spielen können. Die Story braucht also keine Roboter und dennoch sind sie da. Die wirklich spannenden Ansätze der Gesellschaftskritik haben keine Chance, ihrem Larvenstadium zu entschlüpfen und im Grunde ist der Film vorbei, bevor sich die Story wirklich entfalten kann. So ist es also ein unspektakulärer Film zu einem echt guten und packendem Trailer geworden.

„Surrogates“ macht nichts wirklich richtig, als hätte man sich nicht festlegen können, was es denn nun für ein Film werden soll. Es ist kein richtiger Krimi und auch kein richtiger Actionfilm. Auf diese Art ist der Film eigentlich mehr Nichts, als irgendwas anderes. Schade.

Surrogates (USA 2009): R.: Jonathan Mostow; D.: Bruce Willis, James Cromwell, Ving Rhames, u.a.; M.: Richard Marvin; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen