Es scheint gerade in Mode zu sein, sich filmisch mit den Lebensgeschichten bekannter Verbrecher auseinander zu setzen. Letztes Jahr gab es die Verfilmung vom „Baader-Meinhof Komplex“, dieses Jahr kam aus Frankreich ein Epos über den Verbrecher Jacques Mesrine und jetzt läuft sozusagen sein amerikanisches Pendant über die Leinwände: John Dillinger. „Miami Vice“-Regisseur Michael Mann nahm sich die historische Figur vor und brachte ihre Geschichte hochkarätig besetzt in die Kinos.
John ist ein echter Outlaw. Er zieht raubend und plündernd durch das ganze Land. In typischer Gangstermanier stürmt er die Geldhäuser, erleichtert ihre Safes und rast dann in schnittgen, schwarzen Autos davon. Nicht, ohne immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, oder eine ebenso lockere Kugel im Lauf zu haben. Er ist allerdings sehr beliebt bei der Bevölkerung, denn er stiehlt nur das Geld der Bank und nie das, was ihre verängstigten Kunden bei sich haben. Die Sympathie hilft ihm natürlich immer, sich zu verstecken und nicht ausgeliefert oder verraten zu werden. Eines Tages lernt er die schöne, aber arme Billie kennen. Er verliebt sich sofort in sie. Mit ihr schmiedet er schöne Zukunftspläne und nimmt sich vor, nach einem besonders lukrativen Job, mit ihr nach Rio aus zu wandern.
Doch die Probleme lassen nicht lange auf sich warten. Viele Mafiosi, bei denen Dillinger bisher immer untertauchen konnte, verweigern ihre Unterstützung und J. Edgar Hoover kämpft um den Ausbau einer landesweiten Polizeibehörde. Aus diesem Grund beauftragt er seinen besten Agenten, Pelvin, mit dem Auftrag, Dillinger zu verhaften. Pelvin ist natürlich nicht weniger skrupellos, als es Dillinger ist, nur dass er eben auf der anderen Seite steht. Ein erbitterter Kampf beginnt und bald scheint klar zu sein, welcher der beiden Kontrahenten das Nachsehen hat.
Michael Mann ist ein Regisseur, der sich stets der Glaubhaftigkeit und Authentizität seiner zu meist männlichen Hauptfiguren verschrieben hat. Mit viel Sorgfalt kreierte er die Protagonisten und auch wenn sie meist ganz grobe Haupteigenschaften besaßen – sei es nun Zorn oder Besonnenheit – legte er viel Wert auf die kleinen versteckten, sentimentalen Flecken, die jeden seiner Helden überaus menschlich werden ließen. Von dieser Feinfühligkeit und Sensibilität ist in „Public Enemies“ leider gar nichts zu sehen. Dillinger ist grobschlächtig, ja, aber mehr auch nicht. Er ballert durch die Gegend, hört nie auf zu grinsen, verkauft aber den skrupellosen Bösewicht auch nicht überzeugend, da ganz oft der Johnny Depp aus ihm raus kommt. Alles wirkt ein bisschen aufgesetzt und auch seinen Antrieb, sich entgegen aller guten Ratschläge seiner Freunde, nicht davon abbringen zu lassen, die riskantesten Coups durch zu ziehen, bleibt weitgehend unbeleuchtet. John Dillinger mag eine tragische Figur gewesen sein, aber nicht in diesem Film. Ein weiteres Manko des Films ist die Kamera. Michael Mann hat schon immer eine Vorliebe für schnelle Fahrten und hektische Schnitte gehabt, hatte dies aber immer unglaublich präzise und klar dargestellt. Hier nun hat er sich eine einfache digitale Handkamera geschnappt und hält wacklig drauf. Durch das messerscharfe Digitalbild sieht alles sehr steril und unglaubwürdig aus. So, als würde das ganze auf einer Bühne im Theater statt finden und einer auf der Bühne filmt das ganze mit seinem Handy.
Das und die teilweise dünne Handlungsdichte machen „Public Enemies“ zu einer großen Pusteblume und der kleinste Hauch enthüllt einen rohen im Grunde oberflächlichen Film, der einfallslos inszeniert wurde. Schade, denn die Kombination Johnny Depp, Christian Bale klang sehr vielversprechend.
Public Enemies (USA 2009): R.: Michael Mann; D.: Johnny Depp, Christian Bale, Marion Cotillard, u.a.; M.: Elliot Goldenthal; Offizielle Homepage
In Weimar: CineStar
Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar
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