Dienstag, 4. Januar 2011
Nowhere Boy
Was haben Mozart, Ray Charles und Johnny Cash gemeinsam? Ja, richtig! Sie waren Musiker, aber das meinte ich jetzt gar nicht. Was? Ja, auch richtig. Sie waren auf ihrem speziellen musikalischem Gebiet Pioniere und Wegbereiter. Aber auch das meinte ich nicht. Ich meinte viel mehr...Was jetzt? Hä? Ja. Verdammt nochmal. Ich weiß selbst, dass sie alle eine spannende und bewegende Lebensgeschichte hatten. Deshalb wurden diese Lebensgeschichten ja auch alle aufwändig und erfolgreich verfilmt. Verflucht! Das war es, worauf ich hinaus wollte. Und jetzt ganz platt die Kurve kriegen: Mit John Lennon hamses jetzt genauso gemacht. Pöh!
John ist 15 Jahre alt und lebt in Liverpool. Er geht zur Schule, lebt bei seiner Tante und seinem Onkel, weil irgendwas mit seiner Mutter ist bla bla...Außerdem ist John voll der Rebell und verstößt, wo er nur kann gegen alle Regeln Bla Bla...Eines Tages trifft er seine echte Mutter, die ihm dem Rock'n'Roll nahe bringt...Bla Bla...Dann sieht er eines Tages Elvis im Kino und wünscht sich nichts sehnlicher, als wie Elvis zu sein...Oh mein Gott! Was kommt als nächstes...? John Lennon gründet seine erste Band, die bei Schulbällen spielen darf. Hier trifft er auf den jungen Paul, dessen Mutter gerade gestorben ist, und der ganz viele melancholische Songs geschrieben hat...Ahhhrg!...Mittlerweile zoffen sich Johns Mutter und seine Tante, bei wem er denn nun besser aufgehoben sei? John hält diesen immer größer werdenden Druck einfach nicht stand, und dreht vollkommen durch...
Pünktlich zu Lennons dreißigsten Todestag, startete „Nowhere Boy“ in den Kinos und weltweit wurden Neuauflagen und Special Editions aller John Lennon Alben in die Läden gekarrt. Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Oh, keine Ahnung. Ich wollte es nur mal erwähnen. Möglicherweise ist dies der einzige nutzbringende Effekt des Filmes, denn er ist eigentlich ziemlich schlecht. Auf primitivste Art und Weise wird hier versucht, etwas über John Lennon zu erzählen, dass nichts mit den Beatles zu tun hat. Die Absicht dahinter mag gewesen sein, dass ja eigentlich jeder halbwegs interessierte Mensch die Beatles Story kennt. Regisseurin Sam Taylor Wood konzentriert sich also auf die Beziehung Lennons zu seiner Mutter. Diese Beziehung ist aber eigentlich nicht so super interessant, und wurde für den Film deshalb ordentlich mit Drama und Tragik gewürzt. Das geschieht aber auf eine ganz unerträglich platte Art und all zu oft hat man Seifenoperfeeling. Das merkwürdige Gefühl hält an, wenn man die Schauspieler betrachtet, die John Lennon und Paul McCartney darstellen. Wer auch immer für das Casting verantwortlich war, aber Aaron Johnson ist in jeder Hinsicht eine Fehlbesetzung. Erstens sieht er John Lennon nicht sonderlich ähnlich und zweitens übersteigt es seine jungspundigen schauspielerischen Fähigkeiten, diesen vielseitigen Menschen dar zu stellen. Das gleiche gilt im Grunde für Thomas Brodie Sangster als Paul und Sam Bell als George. Ringo wurde Gott sei Dank gespart...
„Nowhere Boy“ ist in jeder Hinsicht enttäuschend. Es wird der Eindruck erweckt, John Lennons Leben sei bis zur Gründung der Beatles total langweilig und ereignislos gewesen, weshalb man im Film eben diesen Abschnitt mit Drama und Kitsch voll pumpt. Das mag zu Michael Jackson passen, aber doch nicht zu den Beatles. Dass es der Film nicht einmal schafft, auch nur einen Originalsong zu präsentieren, ist für einen Musikfilm besonders schwach. Was? Wie? Wer wagt es? Wie, John Lennon hatte vor den Beatles gar keine eigenen Songs? Wer behauptet hier, es wäre gar kein Musikfilm? Wie bitte was? Was meinst du mit „gar nicht so schlecht...“? Ich soll wohl mal ausrasten? Na warte...
Nowhere Boy (GB / USA 2009): R.: Sam Taylor Wood; D.: Aaron johnson, Kristin Scott Thomas, Ophelia Lovibond; M.: Alison Goldfrapp; Offizielle Homepage
Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.
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