Ein neuer Film von Peter Jackson. Juhu! Über den kleinen, pummelgien Teilzeithobbit, der eine Vorliebe für schwer verfilmbare Stoffe hat, der jedes mal, wenn ihm ein Scheitern prophezeit wird, um so mehr Erfolg hat, brauche ich im Grunde kein Wort zu verlieren. Immer, wenn er ein Projekt abgeschlossen hat, dass jeden anderen Regisseur in den Suizid getrieben hätte, nimmt er sich vor, als nächstes einen ganz einfachen Film zu machen und zieht sich das nächste unverfilmbare Buch an Land. Nach "Der Herr der Ringe", "King Kong" und "District 9" hat er jetzt Alice Sebolds Roman "In meinem Himmel" opulent adaptiert.
Susie ist 14 Jahre alt, frisch verliebt in den romantischen Schönling Ray, interessiert sich für Fotographie und hat ein großes Problem. Sie ist tot. Von einem Kindermöder in die Falle gelockt und brutal ermordet, ist sie nun in der Zwischenwelt zwischen Erde und Himmel und kann nur noch ohnmächtig die Lebenden beobachten. Dabei sieht sie zum Beispiel ihren Vater, der einfach nicht aufgeben kann, zu forschen und zu recherchieren, um den Mörder seiner Tochter zu finden. Sie sieht ihre kleine Schwester, die nicht nur genau das Leben führt, welches Susie auch sehr gern geführt hätte, sondern auch Gefahr läuft, das nächste Opfer des Mörders zu werden. Susie kann nichts am Verlauf der Dinge in der Welt der Lebenden ändern, kann aber dennoch nicht los lassen. Solange sie ihr Leben nicht hinter sich lassen kann, bleiben ihr die Pforten des Himmels versperrt. Sie bleibt in der Zwischenwelt und versucht nach Kräften, ihrer Familie Signale und Zeichen zu senden. Auch die Polizei ist mit Nachforschungen beschäftigt, tappt aber weitgehend im Dunkeln. Das bringt den Mörder dazu, sich zu sicher zu fühlen, so dass er bald wieder beginnt, einen neuen Plan zu schmieden.
"In meinem Himmel" ist ein hierzulande relativ unbekanntes Buch, was dazu führt, dass man den Rahmen der Geschichte etwas befremdlich findet. Es ist nämlich eine relativ normale Krimigeschichte, in der jemand versucht, einen Mörder zu überführen. Die Szenen in der fiktiven Zwischenwelt wirken dagegen eher deplaziert. Der Eindruck wird durch die visuelle Darstellung noch verstärkt. Peter Jackson inszeniert sehr penibel die 70er Jahre neu. Hier stimmt alles, von den Autos, über die Klamotten bis hin zu originalgetreuen Werbeplakaten und Milchtüten. Dieses ultrarealistische Bild läuft regelrecht Amok gegen die völlig überzogenen und kreischend bunte Fantasiewelt, in der sich Susie bewegt. Während die Lebenden ihr Dasein im amerikanischen Pennsylvania fristen, wurden viele Szenen im "Himmelsreich" in Neuseeland gedreht. Ein herbstlicher Laubwald etwa, oder ein majestetisches Gebirge, dessen Gipfel mit mächtigen Gletschern bedeckt sind. Diese Plätze erkennt man natürlich sofort und fragt sich, ob der Himmel nun in Neuseeland oder in Mittelerde liegt. Merkwürdig scheint auch, dass Susie in der Zwischenwelt stetigen Stimmungsschwankungen unterworfen ist. Tobt sie eben noch in wilden Kostümen über einen imaginären Laufsteg und spielt Supermodel und freut sich darüber, wirklich alles tun und lassen zu können, was sie will, steht sie im nächsten Moment mit feuchten Augen im blassen Mondlicht und starrt wehmütig in das lebendige Diesseits. Das und die ganze Ästhetik sorgt dafür, dass man den Sinn dieser zweiten Erzählebene hinterfragt, denn eigentlich braucht die Geschichte sie nicht. Der Film ist spannend, aber nur an den Stellen, die in jedem anderen Krimi auch spannend sind. Etwa, wenn das kleine Mädchen im Haus des Mörders nach Hinweisen sucht, während er gemächlich und nichts ahnend die Einfahrt hochrollt.
Hier kommt übrigens Peter Jacksons handwerkliches Geschick einmal mehr zum tragen. Immer wieder holt er unscheinbare und unauffällige Gegenstände ganz nah an die Kamera heran, und es ergeben sich spektakuläre Perspektiven und Bilder.
"In meinem Himmel" ist der Versuch Peter Jacksons, einen "normalen" Film zu machen. In wie weit ihm das gelingt, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Ich für meinen Teil muss leider sagen: Ein Film mit schönen Bildern, die aber überflüssig sind, um die Geschichte zu erzählen.
The Lovley Bones (USA/NZL 2009): R.: Peter Jackson; D.: Saoirse Ronan, Rache Weisz, Mark Wahlberg, u.a.; M.: Brian Eno; Offizielle Homepage
In Weimar: CineStar
Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar
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