Wenn man sich in Hollywood auf eine Sache verlassen kann, dann, dass berühmte und bedeutende Persönlichkeiten immer einen Platz im Kino finden werden, solange damit Geld verdient werden kann, ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Jetzt gibt es einen Film über einen Mann, der wiederum von einem Regisseur inszeniert wurde, der sich durchaus selbst ein filmisches Denkmal verdient hätte. John Carlin schrieb einen Roman über Nelson Mandela, der jetzt von Clint Eastwood verfilmt wurde.
Südafrika, 1990. Eine Wagenkolonne fährt durch die Straßen und zieht neugierige Blicke auf sich. In einem der Autos sitzt Doktor Nelson Mandela, der gerade nach beinahe 30-jähriger Haft aus dem Gefängnis entlassen wurde und nun der Hoffnungsträger der gesamten schwarzen Bevölkerung Südafrikas geworden ist. Bei der weißen Bevölkerung verursacht er im gleichen Maße Angst und Misstrauen, als er bekannt gibt, in die Politik zurück zu kehren will und mit Hilfe des ANC als Präsident kandidieren wird. 1994 wird er gewählt und tritt sein Amt an. Natürlich begegnen ihm zahlreiche seiner weißen Mitarbeiter mit Misstrauen und teilweise offenem Hass. Doch Mandela weiß, dass der einzige Weg zum Frieden, der der Vergebung ist. Niemand wird entlassen, und sogar das Team seiner Leibwächter wird mit ehemaligen weißen Polizisten aufgefüllt. Auch wenn Mandela das Bild der Toleranz offen vor sich trägt, reicht es nicht aus und die Stimmung in der Bevölkerung kocht langsam hoch. Als Mandela ein Rugbyspiel der Südafrikanischen Nationalmannschaft sieht, stellt er fest, dass alle weißen Fans ihre Mannschaft anfeuern, während alle schwarzen Fans, die gegnerische Mannschaft feiern. Mandela sieht hier die Möglichkeit, das Volk durch die Begeisterung für diesen Sport zu vereinen und so für innere Ruhe zu sorgen, damit er die wichtigen außenpolitischen Aufgaben bewältigen kann. Abgesehen davon will er um jeden Preis den Weltmeisterpokal holen.
Vor beinahe einem Jahr lief der letzte Film von Clint Eastwood. „Gran Torino“ begeisterte damals mit einer tollen Story, unglaublich intensiv konstruierten Figuren und einem der besten filmischen Abgänge aller Zeiten. Eastwoods letzter Auftritt vor der Kamera ließ die Erwartungen für seine nächsten Filme natürlich enorm in die Höhe schnellen, da auch die vorhergehenden Filme allesamt sehr gut waren und immer besser wurden. Mit anderen Worten: „Invictus“ hatte gefälligst genau so gut zu sein. Und er ist eigentlich auch gut. Es gibt nichts ernsthaftes zu bemängeln. Die beiden Schauspieler Morgan Freeman und Matt Damon liefern solide Darstellungen der authentischen Figuren ab. Freeman trifft Mandela sehr präzise und einige Szenen, die man von Nachrichtenbildern kennt, sind so gut nachgestellt, dass man den Unterschied kaum zu erkennen vermag. Matt Damon hat für seine Rolle als Kapitän der Rugbymannschaft mehrere Kilo zugenommen und sich eine bullige Muskelgestallt antrainiert. Der Film ist angenehm nüchtern inszeniert und viele Einstellungen haben einen fast dokumentarischen Stil. Trotz einiger pathetischer Ansprachen und Dialoge, ist alles recht schlicht und wirkt nicht zu überzogen. Spektakulär sind natürlich die Rugbyszenen, in denen schweißnasse Riesen mit aller Gewalt auf einander prallen. Auch der Konflikt zwischen Schwarz und Weiß und die ganze unsichere Situation, die letztlich zu einem Bürgerkrieg hätte führen können, ist passend eingefangen. Trotzdem geht man mit dem Gefühl aus dem Kino, man wäre irgendwie ein bisschen enttäuscht und hätte mehr erwartet.. Das schöne an Clint Eastwoods Filmen war die intensive und manchmal auch kompromisslose Ausarbeitung der handelnden Figuren. Sie taten immer bis zur letzten Konsequenz genau das, was von ihnen erwartet wurde. Nie taten sie etwas unlogisches oder unpassendes, nur weil das vielleicht für ein Happy-End im Film gesorgt hätte. Dadurch wirkte alles so echt und man war ganz nah dran. Diese Eigenschaft fehlt den Figuren in „Invictus“. Vielleicht liegt es daran, dass die Hauptfiguren noch leben und Eastwood aus einer zu großen Ehrfurcht heraus weniger intensiv an deren Darstellung gearbeitet hat. Welche Motive auch immer dabei eine Rolle gespielt haben mochten, es ist kein typischer Eastwood-Film geworden, sondern eher ein Film, wie ihn jeder andere auch hätte machen können. Und natürlich hat uns Clint Eastwood mit seinen großartigen Filmen verwöhnt gegenüber denen „Invictus“ einfach nicht mithalten kann.
„Invictus“ erzählt auf schlichte und nüchterne Weise die Geschichte einer Rugbymannschaft, deren größter Fan Nelson Mandela war. Es ist nicht Eastwoods bester Film, bietet aber ausreichend Futter, um die Zeit bis zum nächsten zu überstehen.
Invictus (USA 2009): R.: Clint Eastwood; D.: Morgan Freeman, Matt Damon, Julian Lewis Jones, u.a.; M.: Kyle Eastwood; Offizielle Homepage
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