Mittwoch, 26. August 2009

Inglourious Basterds

Er gilt als einer der kontroversesten und meistdiskutierten Filmemacher der letzten Jahre. Seine Filme haben einen einzigartigen Stil, der jedes mal aufs neue überrascht und das Publikum stets tief spalten. Dabei sieht er sich selber eher als Künstler und als solcher ist der Film und die Geschichte, die er erzählt, für ihn immer wichtiger, als der kommerzielle Erfolg. Ein Phänomen, welches in der Filmwelt immer seltener wird. Die Rede ist von Quentin Tarantino, dessen neuester Film „Inglourious Basterds“ letzte Woche in den deutschen Kinos angelaufen ist.

Im von den Nazis besetzten Frankreich landet eine kleine Gruppe amerikanischer Soldaten. Sie haben nur ein Ziel, nämlich so viele Nazis wie möglich töten, bevor die eigentliche Landung der amerikanischen Truppen beginnt. Sie tun das nicht aus einem besonderen taktischen Grund, sondern weil sie sich in aller Form rächen wollen. Dabei gehen sie hart und schnell vor und sorgen dafür, dass sich allerlei Legenden und Geschichten um die Basterds ranken. Hitler wird zunehmend nervöser, weshalb er den besten Kommandanten, Hans Landa, damit beauftragt, die Gruppe aufzuspüren und sie zu exekutieren. Hans Landa hat an diesem Auftrag vor allem ein Interesse. Er liebt die Jagd und die Herausforderung und geht dabei nicht weniger skrupellos als die Basterds selbst vor. Unterdessen plant Goebbels eine Porpagandaveranstaltung in Paris. In einem kleinen Kino soll das neueste Machwerk des deutschen Filmes Premiere feiern. Eingeladen ist die Elite des Hitler-Regimes und bietet dadurch das perfekte Ziel für die Amerikaner, oder aber den perfekten Köder für Landa.

Quentin Tarantino hat viele Jahre immer wieder erzählt, er wolle einen Kriegsfilm machen. Auch wenn man ihn diesbezüglich nie richtig ernst genommen hat, und er sich immer von anderen Projekten hat „ablenken“ lassen, hat man sich doch immer gefragt, wie soll ein Kriegsfilm von ihm werden? Wird er trashig, wie die Grindhousefilme? Wird er cool wie Pulp Fiction? Man konnte sich einfach nichts konkretes vorstellen. Nun hat er es endlich geschafft und besagter Kriegsfilm ist schlicht genial. Es wird mit einer solchen Feinfühligkeit und Perfektion eine, oberflächlich gesehen, alberne und unrealistische Geschichte konstruiert, die aber so gut durchdacht ist, dass man sich hinterher fragt, warum ist es nicht in Wirklichkeit so passiert. Tarantinos große Stärke waren stets Dialoge. Es ist unglaublich, wie spannend diese immer wiederkehrenden Gesprächsszenen sind. Da wirkt natürlich zum einen der Text selbst, aber auch die Art und Weise, wie eine bestimmte Figur etwas sagt, ist immer überzeugend und nachvollziehbar. Das zeigt, dass Tarantino einfach ein sehr begabter Regisseur ist, unabhängig davon, was für eine Geschichte er erzählt.
Ein Wort zu den Schauspielern: Brad Pitt wird stets als Hauptrolle genannt, was zur Folge hat, dass man, wenn man die Trailer zum Film sieht, einen falschen Eindruck bekommt. Ja, er ist einer der Hauptfiguren und er ist, wie Brad Pitt nun mal ist, aber er ist nur ein Teil einer ganzen Konstellation an Hauptfiguren. Pitts Rolle würde nicht funktionieren, ohne die von Christoph Waltz. Dieser spielt das Böse in Person, aber ganz kalt und reduziert. Er ist nicht der Bösewicht mit flammenden Hassreden, der brutale Exempel statuiert, nur damit jeder weiß, wie böse er ist. Das hat er gar nicht nötig. Alles, was er tut, folgt einem bestimmten Plan und es bereitet ihm schiere Freude, wenn er alles beobachten kann und merkt, dass er stets einen Schritt voraus ist. Mit vollendeter Höflichkeit, unglaublich gebildet und sprachgewand begegnet er seinen Gegnern und Opfern. Ich habe schon sehr lange keine so überzeugende Darbietung von einem Schauspieler erlebt, wie die von Christoph Waltz. Auch die anderen deutschen Schauspieler wachsen über sich hinaus und man kann sie sehen, wie man sie noch nie gesehen hat.

Das und das schon erwähnte handwerkliche Geschick Tarantinos macht „Inglourious Basterds“ für mich zu einem der besten Filme in diesem Jahr, ganz sicher aber zum Besten von Tarantino selbst. Grenzenlose Begeisterung.

Inglouroius Basterds (USA/D 2009): R.: Quentin Tarantino; D.: Brad Pitt, Christoph Waltz, Til Schweiger, Melanie Laurent, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar; lichthaus (demnächst)

Rezension On Air: Jeden Donnerstag, ca. 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar

Mittwoch, 19. August 2009

Maria, ihm schmeckt's nicht

Wir leben in einer modernen Welt. Toleranz wird groß geschrieben und die räumlichen Grenzen zwischen den Völkern verschmelzen immer mehr. Deutschland ist längst nicht mehr die Heimat nur eines Volkes und es haben sich viele völlig unterschiedliche ethnische Gruppen hier niedergelassen, die sich hier genau so zu Hause fühlen, wie wir. Ganz logisch und völlig normal ist es also auch, dass sich zwei Angehörige verschiedener Kulturen verlieben und sich entschließen, zu heiraten. Welche Schwierigkeiten dennoch auftreten und wie weit die Toleranz beider Seiten wirklich geht, erzählt der neue Film von Neele Vollmar „Maria, ihm schmeckt's nicht“, der nun in den deutschen Kinos angelaufen ist.

Jan ist Mitarbeiter in einem Verlag, Mitte 30, und er bezeichnet sich selbst als „typisch deutsch“ Er hat sich in die schöne Halbitalienerin Sara verliebt und sie beschließen, zu heiraten. Sara nimmt ihn mit zu ihren Eltern, die in Krefeld leben. Dort stellt sich heraus, Saras Vater Antonio ist genau das, was man als typisch italienisch bezeichnen kann. Er betrachtet den künftigen Bräutigam überaus missbilligend und skeptisch. Als dann ein Treffen zwischen Saras und Jans Eltern statt findet, steht für Antonio fest, dass die Hochzeit nur in seinem Heimatdorf Campobello in Italien statt finden kann. Da niemand den alten etwas kauzigen, aber jähzornigen Vater vor den Kopf stoßen will, willigt man ein und die Fahrt nach Campobello beginnt. Dort angekommen, wird Jan selbstverständlich vom gesamten Dorf begrüßt und beäugt. Rasch ist geklärt, wer wer ist und Jan wird sehr herzlich zum Essen ins Haus der Familie eingeladen. Aber auch hier kommt es immer wieder zu Missverständnissen und peinlichen Momenten. Dazu kommen in den folgenden Tagen immer mehr Komplikationen und Jan merkt bald, dass es nicht immer leicht sein wird, wenn er in diese Familie ein heiratet.

„Maria, ihm schmeckt's nicht“ ist die Verfilmung des Debutromans von Jan Weller. Das Buch hat scheinbar autobiographische Züge und ist obendrein nicht besonders erfolgreich gewesen, was man im Grunde über jedes Buch sagen kann, welches nicht weit genug oben auf der Bestsellerliste erscheint. Selbstverständlich sagt diese Liste nie etwas über die Qualität eines Buches aus und wird in der Regel sogar benutzt, um das Image eines Buches oder eben eines Filmes auf dessen Grundlage auf zu polieren. Jan Weller hat also immense Schwierigkeiten gehabt, eine Produktionsfirma zu finden, die nicht als ersten Schritt sämtliche Exemplare des Buches kaufen wollte, um den Titel auf die Bestsellerliste zu katapultieren. Aus diesem Grund hat es also sehr lange gedauert, bis der Film fertig wurde und ist zudem keine seelenlose Abkupferung des Buches, sondern eine mit viel Sensibilität und Sorgfalt produzierte Adaption eines Buches, das diesen Aufwand vielleicht gar nicht wert gewesen wäre. Warum drückt sich der Rzensist so kompliziert aus, könnte man fragen. Ich scheue mich fast, es zu sagen, aber diesmal ist der Film nun mal einfach besser, als das Buch. Der Film ist so perfekt produziert, dass man sehr schnell die Schwächen der Story und der Figuren bemerkt. Wir haben eine lupenreine Kameraführung und ein tolles Bild, dass die staubige Landschaft um Campobello authentisch zeigt. Die Musik von Niki Reiser ist wunderschön, pompös und melancholisch, als sei sie direkt aus Nino Rotas Kopf gesprungen. Die Schauspieler füllen ihre Rollen sehr überzeugend mit Leben und alles ist so locker inszeniert, als hätte das Leben selbst das Drehbuch geschrieben. Es ist kaum zu glauben, aber wenn jetzt auch noch die Story nicht unter einer gewissen anhaltenden Monotonie schwächeln würde, hätte ich diesmal nichts zu meckern gehabt.

„Maria, ihm schmeckt's nicht“ ist eine sorgfältig und mit viel Liebe zum Detail produzierte Komödie, deren Vorlage eben ausnahmsweise mal von der Adaption übertroffen wird. Wer rechnet denn aber auch mit sowas?

Maria, ihm schmect's nicht (D/I 2009): R.: Neele Vollmar; D.: Christian Ulmen, Mina Tander, Lino Bandi, u.a.; M.: Niki Reiser; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar; lichthaus (demnächst)

Filmrezension on air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar

Donnerstag, 13. August 2009

Michael Mann - Public Enemies

Es scheint gerade in Mode zu sein, sich filmisch mit den Lebensgeschichten bekannter Verbrecher auseinander zu setzen. Letztes Jahr gab es die Verfilmung vom „Baader-Meinhof Komplex“, dieses Jahr kam aus Frankreich ein Epos über den Verbrecher Jacques Mesrine und jetzt läuft sozusagen sein amerikanisches Pendant über die Leinwände: John Dillinger. „Miami Vice“-Regisseur Michael Mann nahm sich die historische Figur vor und brachte ihre Geschichte hochkarätig besetzt in die Kinos.

John ist ein echter Outlaw. Er zieht raubend und plündernd durch das ganze Land. In typischer Gangstermanier stürmt er die Geldhäuser, erleichtert ihre Safes und rast dann in schnittgen, schwarzen Autos davon. Nicht, ohne immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, oder eine ebenso lockere Kugel im Lauf zu haben. Er ist allerdings sehr beliebt bei der Bevölkerung, denn er stiehlt nur das Geld der Bank und nie das, was ihre verängstigten Kunden bei sich haben. Die Sympathie hilft ihm natürlich immer, sich zu verstecken und nicht ausgeliefert oder verraten zu werden. Eines Tages lernt er die schöne, aber arme Billie kennen. Er verliebt sich sofort in sie. Mit ihr schmiedet er schöne Zukunftspläne und nimmt sich vor, nach einem besonders lukrativen Job, mit ihr nach Rio aus zu wandern.
Doch die Probleme lassen nicht lange auf sich warten. Viele Mafiosi, bei denen Dillinger bisher immer untertauchen konnte, verweigern ihre Unterstützung und J. Edgar Hoover kämpft um den Ausbau einer landesweiten Polizeibehörde. Aus diesem Grund beauftragt er seinen besten Agenten, Pelvin, mit dem Auftrag, Dillinger zu verhaften. Pelvin ist natürlich nicht weniger skrupellos, als es Dillinger ist, nur dass er eben auf der anderen Seite steht. Ein erbitterter Kampf beginnt und bald scheint klar zu sein, welcher der beiden Kontrahenten das Nachsehen hat.

Michael Mann ist ein Regisseur, der sich stets der Glaubhaftigkeit und Authentizität seiner zu meist männlichen Hauptfiguren verschrieben hat. Mit viel Sorgfalt kreierte er die Protagonisten und auch wenn sie meist ganz grobe Haupteigenschaften besaßen – sei es nun Zorn oder Besonnenheit – legte er viel Wert auf die kleinen versteckten, sentimentalen Flecken, die jeden seiner Helden überaus menschlich werden ließen. Von dieser Feinfühligkeit und Sensibilität ist in „Public Enemies“ leider gar nichts zu sehen. Dillinger ist grobschlächtig, ja, aber mehr auch nicht. Er ballert durch die Gegend, hört nie auf zu grinsen, verkauft aber den skrupellosen Bösewicht auch nicht überzeugend, da ganz oft der Johnny Depp aus ihm raus kommt. Alles wirkt ein bisschen aufgesetzt und auch seinen Antrieb, sich entgegen aller guten Ratschläge seiner Freunde, nicht davon abbringen zu lassen, die riskantesten Coups durch zu ziehen, bleibt weitgehend unbeleuchtet. John Dillinger mag eine tragische Figur gewesen sein, aber nicht in diesem Film. Ein weiteres Manko des Films ist die Kamera. Michael Mann hat schon immer eine Vorliebe für schnelle Fahrten und hektische Schnitte gehabt, hatte dies aber immer unglaublich präzise und klar dargestellt. Hier nun hat er sich eine einfache digitale Handkamera geschnappt und hält wacklig drauf. Durch das messerscharfe Digitalbild sieht alles sehr steril und unglaubwürdig aus. So, als würde das ganze auf einer Bühne im Theater statt finden und einer auf der Bühne filmt das ganze mit seinem Handy.

Das und die teilweise dünne Handlungsdichte machen „Public Enemies“ zu einer großen Pusteblume und der kleinste Hauch enthüllt einen rohen im Grunde oberflächlichen Film, der einfallslos inszeniert wurde. Schade, denn die Kombination Johnny Depp, Christian Bale klang sehr vielversprechend.

Public Enemies (USA 2009): R.: Michael Mann; D.: Johnny Depp, Christian Bale, Marion Cotillard, u.a.; M.: Elliot Goldenthal; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar

Donnerstag, 6. August 2009

Review - Vicky Christina Barcelona

Es gibt Filme, die immer wieder auftauchen. Keiner weiß warum, oder was so besonders an ihnen ist, aber sie haben eine gewisse Magie, der man sich nicht entziehen kann. Ein klassisches Beispiel dafür ist der letzte Film von Woody Alan "Vicky Christina Barcelona". Der Film kam im letzten Jahr heraus und läuft nun bald wieder in Weimar im Kino. Grund genug, für mich, den Film nochmal unter die Lupe zu nehmen.

Vicky und ihre Freundin Christina sind Amerikanerinnen und besuchen Barcelona. Wenn wir also so schnell geklärt haben, wie der Titel zustande kommt, werfen wir einen genaueren Blick auf die Handlung. Vicky wird bald heiraten und die Reise ist sozusagen ihre Junggesellinnenfahrt. In Barcelona angekommen, genießen sie zahlreiche kulturelle Sehenswürdigkeiten und lernen außerdem die spanische Küche zu schätzen. Bei einem dieser Restaurantbesuche lernen sie Juan Antonio kennen, der ihnen ohne Umschweife ein amouröses Angebot macht. Während Vicky natürlich sehr skeptisch ist, geht Christina sofort auf das Angebot ein. Sie reisen zu einer kleinen Insel, auf der sie Juan fürstlich bewirtet und ausführt. Christina kann dem charmanten Spanier nicht lange widerstehen und es kommt zum Unvermeidlichen. Vicky hält brav Abstand, doch dann wird Christina plötzlich krank und Juan widmet seine volle Aufmerksamkeit nun Vicky. Die Komplikationen werden noch verschärft, als Juans Ex-Frau wieder auftaucht und die klassische Dreiecksbeziehung ordentlich aufmischt.

Woody Alan ist ein Altmeister des ironischen tragikomischen Films. Er liebt schlagfertige Dialoge und lässt seine Figuren auch dergleichen durchlaufen. In total verspielter Lockerheit werden unglaublich komplizierte Personenkonstellationen aufgedröselt und im besten Fall noch komplizierter. Ein Rezept, dass sich jahrelang bewährt hat. Kein Grund also für Alan, es in seinem neuen Film anders zu machen. In locker-leichter Art mit leicht enervierender Musik werden sämtliche Berg- und Talfahrten genommen. Technisch ist der Film solide inszeniert, jedoch mit durchschnittlicher Bilderkost durchsetzt, bei der man sagt, man hätte die historischen Gebäude Barcelonas wesentlich schöner einfangen können. Schauspielerische Glanzleistungen könnte man bei Penelope Cruz und Javier Bardem suchen. Dieser Mann ist unglaublich wandlungsfähig, hat er doch vorher den gemeinsten Bösewicht aller Zeiten in "No Country For Old Men" gespielt und mimt nun den charmanten Casanova, der immer ein lockeres Augenzwinkern in den Raum wirft.

"Vicky Christina Barcelona" ist ein kleiner Film, der trotz seiner schlichten Darstellung der große Abräumer auf den Festivals letztes Jahr war. Eben eine schwer zu greifende Magie, der sich keiner so richtig entziehen kann.

Vicky Christina Barcelona (USA/Esp 2008): R.: Woody Alan; D.: Javier Bardem, Rebecca Hall, Penelope Cruz, Scarlett Johansson; Offizielle Homepage

In Weimar: Kommunales Kino mon ami

Rezension On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar