Donnerstag, 12. Dezember 2013

Der Hobbit - Smaugs Einöde

Hört man den Namen Peter Jackson, denken die meisten wohl als erstes an „Der Herr der Ringe“. Manche denken vielleicht auch an sein filmisches Frühwerk – den Splatterbomben „Bad Taste“ und „Braindead“. Die wenigsten dürften an „The Frighteners“ denken, oder das missglückte „In meinem Himmel“. Anderen – eher realistisch verankerten – fällt möglicherweise als erstes Neuseeland ein. Welche Assoziationen man beim Klang dieses Namens auch haben mag: Ich denke als erstes „Noch ein Jahr warten!“

Bilbo Beutlin und seine neuen Zwergenfreunde haben es mit Mühe und Not geschafft und sind den Wargreitern am Fuße des Nebelgebirges entkommen. Mit Hilfe der Riesenadler, die Gandalf rufen konnte, wurden sie weit in die Ebene hinaus geragen und sind ihrem Ziel, dem einsamen Berg ein wenig näher gekommen. Hier nun geht es weiter gen Norden und das nächste große Hindernis ist Düsterwald. Dieser Wald ist nicht unendlich groß, es lauern auch zahlreiche Gefahren im Dickicht. Ohne die Hilfe des Hautwandlers Beorn, würde die Gruppe nicht weit kommen. Zu allem Überfluss wird Gandalf noch in den Westen gerufen. Hier rührt sich ein unbekanntes Grauen, welches es zu erkunden gilt. Ganz hilflos ist die Gruppe aber nicht. Bilbo hat schließlich den geheimnisvollen Ring in den Stollen des Gebirges gefunden. Von diesem Ring wissen die Zwerge allerdings noch gar nichts.
Trotz all der Gefahren, die sie durchlaufen müssen, wartet die größte Herausforderungen am Ende des langen Weges. Der Drache Smaug, der seinerzeit die Zwerge aus ihren Hallen unter dem Berg verjagt hat und seitdem den sagenumwobenen Schatz hütet. Zwar hat man das Ungetüm seit vielen Jahren weder gesehen noch gehört, doch kann man sicher sein, dass sein Schlaf nicht tief sein wird.

Weiter geht das große Abenteuer um den kleinen Hobbit. Peter Jackson hat sich nicht nur Begeisterung zugezogen, als er seine Absicht verkündete, auch aus dieser Tolkienvorlage eine großangelegte Trilogie zu machen. Auch nach „Eine unerwartete Reise“ waren nicht alle Zweifel beseitigt. Zu langatmig und zu detailliert waren für viele die Szenen aus dem eigentlichen Roman; zu losgelöst und gezwungen wirkten die zusätzlichen Erzählstränge. Nicht wenige hatten das Gefühl, dass Jackson nur auf Zeit spielte und nichts an seiner Adaption einen derartigen Umfang rechtfertigen wprde. Wie schon vor zehn Jahren in der ursprünglichen Herr-der-Ringe-Trilogie, nimmt auch hier im zweiten Teil, alles konkrete Formen an und lässt erahnen, dass Jacksons Erzählkonzept auch ein zweites Mal aufgehen wird, wenn die Trilogie erst einmal komplett ist.
Entgegen den Erwartungen steigert Jackson zunächst das Tempo. Innerhalb der ersten dreiviertel Stunde sind zwei prägende Elemente der Haupthandlung abgefrühstückt. Der Düsterwald fällt angenehm kurz aus, war diese Passage im Buch besonders zäh, um zu symbolisieren, wie groß dieser Wald wirklich ist. Die Konfrontation mit den Spinnen ist ebenso dynamisch gelöst. Der Umstand, dass die Monster sprechen, wurde sehr elegant mit den Fähigkeiten und Eigenschaften des Ringes verknüpft. Die Begegnung mit den strengen und manchmal unberechenbaren Waldelben bricht ebenfalls nicht den Rahmen und überhaupt galoppiert der Film gut die erste Hälfte regelrecht durch die Story. Parallel erfährt man, was Gandalf eigentlich treibt, nachdem er die Gruppe am Waldrand sich selbst überlässt. Dadurch sind die zusätzlichen Handlungsstränge sinnvoll in die Haupthandlung eingeflochten. Auch die neuen Charaktere Tanriel und Legolas wirken – trotz ihrer etwas zu bemühten aufkeimenden Liebesbeziehung – sehr überzeugend.
Und dann ändert sich der Stil des Filmes und den großen Rest der Laufzeit widmet Jackson voll und ganz Smaug, dem Großen. Smaug ist ein Ungeheuer unglaublichen Ausmaßes. Aber er ist kein stumpfes Monster. Smaug ist hochintelligent und bösartig und Smaug spricht. Im Original vernimmt man die tiefe und donnernde Stimme Benedict Cumberbatchs; hierzulande lauscht man der nicht minder donnernden Stimme seines Synchronsprechers Sascha Rotermund. Der vielschichtige Dialog zwischen Bilbo und Smaug, in dem beide jeweils den anderen auszuspielen versuchen und Schritt für Schritt ihre Trümpfe legen und bis zum Ende nicht sicher sein können, ob der andere nicht schön längst gewonnen hat, war im Buch immer meine Lieblingsszene. Ähnlich, wie im Rätselspiel mit Gollum im ersten Teil, geht es hier um Worte, die benutzt werden können, mit denen aber ungleich mehr gesagt werden kann. Dabei spielen körperliche Unterschiede der Kontrhenten für eine gewisse Zeit keine Rolle. Jackson kann in dieser Szene allerdings nicht ganz an sich halten. Zu stolz scheint er auf die Leistung der Tricktechniker zu sein, die einen wahrlich beeindruckenden Drachen auf die Leinwand zaubern. Zu kurz kommt der psychologische Aspekt und zu schnell geht die brachiale Action los. Dafür gelingt es Jackson einmal mehr, die Dynamik des Buches zu ändern und einen stimmigen und nachvollziehbaren Punkt für das Ende des zweiten Teils zu finden. So, wie Jackson es verwebt, kann man die Geschichte nur so erzählen und nicht anders und nun ist auch völlig klar, warum es drei Filme braucht.
Wie schon in der ersten Trilogie, bin ich auch diesmal vom zweiten Teil nahezu restlos begeistert. Der Flow stimmt, die Charaktere entwickeln sich sinnvoll weiter, die Bilder und das ganze kleine und detailverliebte Zeugs sind einmal mehr atemberaubend und der Drache sieht wirklich unfassbar gut aus. Peter Jackson hat die Kurve gekriegt und einen durchweg spannenden Abenteuerfilm geschaffen, selbst für jene, die das Buch in und auswendig kennen.

„Smaugs Einöde“ ist obendrein düsterer und lässt seelische Abgründe im Geist all unserer strahlenden Helden erahnen, die sich im finalen Teil „Hin und wieder zurück“ wohl vollends zu ihren dramatischen und auch tragischen Ausmaßen entfalten werden. Alles gut, also in Mittelerde. Wäre da nicht schon wieder diese elende Wartezeit . Noch einmal ein Jahr warten.

The Hobbit – The Desolation of Smaug (USA, NZL, 2013): R.: Peter Jackson; D.: Martin Freeman, Ian McKellen, Benedict Cumberbatch, u.a.; M.: Howard Shore; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus (2D), CineStar(HFR 3D)

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Montag, 9. Dezember 2013

Jung & Schön

Francois Ozon ist ein Regisseur, der stets die Gemüter spaltet. Das liegt daran, dass er seit jeher mit Konventionen bricht. Jeher heißt im Übrigen noch gar nicht so viel. Mir hat sich immer der Eindruck geboten, Ozon sei einer dieser klassischen französischen Regisseure, die seit zig Jahren versuchen, die Novelle Vague aufrecht zu erhalten und sich einfach und konsequent jeder Innovation im Medium Film verweigern. Ozon selbst hat diese prägende Phase des europäischen Kinos gar nicht mitbekommen. Seinen ersten Spielfilm lieferte Ozon 1997 ab. „Besuch am Meer“ fiel schon damals auf, denn vor allem Ende der 90er erhielt das französische Kino mit Luc Besson einen wahnwitzigen Drive, der den Tugenden der großen Regisseure im Sturm davon lief.
„Besuch am Meer“ erhielt 12 Jahre später eine Fortsetzung und nach „Rückkehr ans Meer“, soll es noch einen abschließenden dritten Teil geben. Ozon schwor also in einer Phase, in der sich das Kino seines Heimatlandes in einer Art Aufbruchstimmung befand, auf seine ganz eigenen Vorlieben und etablierte eine Filmreihe, der er vollkommen und erbarmungslos das Tempo nahm, welches im Umkehrschluss direkt in Bessons Filme zu rauschen schien. Unterschiedlicher konnten Regisseure und ihre Filme zur selben Zeit wohl kaum sein. Beide Filmemacher sollten im Zuge ihrer Karriere einige Veränderungen durchlaufen. Ozon legte nach: Beachtung erhielten sein Quasiremake des Krimi-Thrillers „Swimming Pool“ und das ultimative Treffen der buchstäblichen Grand-Dames in „8 Frauen“.
In den letzten Jahren gelang Ozon mit „Das Schmuckstück“ ein weltweit erfolgreicher Film, der trotz seines konsequenten Bruchs mit Konventionen besonders viele Menschen ins Kino lockte.
Was seinen besonderen Stil ausmacht, und wodurch er entsteht, habe ich allerdings erst jetzt erkannt, nachdem ich seinen neuesten Film „Jung und Schön“ gesehen habe.

Isabelle ist gerade 17 Jahre alt geworden. Ihre Familie verbringt den Urlaub an einem wunderschönen Strand, denn das Leben meint es gut mit ihr. In Zeiten von Jobmangel und Finanzkrise fehlt es Isabelle an nichts und – mehr noch – sie bekommt alles, was sie will. Während des Urlaubs bandelt sie mit einem deutschen Touristen an. Was zunächst aussieht, wie eine erste zarte Liebe, entpuppt sich allerdings schnell, als das Sammeln erster, echter sexueller Erfahrungen. Bevor also mehr aus dem ersten Mal am Strand werden kann, ist der Urlaub schon wieder vorbei. Wieder zu Hause, beginnt Isabelle mit ihrem Leben zu hadern und bricht einfach aus den Grenzen ihrer Existenz aus. Sie beginnt, als Prostituierte zu arbeiten. Schnell merkt sie, dass ein Mädchen, welches so ungewöhnlich jung und schön ist, wie sie, sehr viel Geld für die entsprechenden Dienste verlangen kann. Nach anfänglicher Scheu häufen sich die Aufträge und innerhalb kürzester Zeit hat Isabelle eine beeindruckende Summe erwirtschaftet. Eines Tages wird die Polizei auf Isabelle aufmerksam und informiert ihre Mutter.

Bevor man diesen Film sieht, erkundigt man sich natürlich, worum es geht. Francois Ozon hat sich ein Thema heraus gesucht, das unangenehm ist, weil es mit gesellschaftlichen Werten und Tabus bricht. In unserer Gesellschaft hat sich ein festes Bild über minderjährige Prostituierte etabliert. Gepaart mit Menschenhandel und organisierten Verbrechen, sind wir uns dieses Problems bewusst, kapitulieren aber vor der Machtlosigkeit. Solche Dinge liegen im Schatten und wir leben im Licht. Mit diesem Klischee hat „Jung und Schön“ aber nichts zu tun. Isabelle entscheidet sich freiwillig und absolut bewusst für diese Tätigkeit. Teenager sind irgendwann in einem Alter, in dem sie etwas Neues probieren, rebellieren wollen. In den meisten Fällen äußert sich das allerdings anders. Die meisten Kids gehen heimlich auf Partys, saufen sich ins Koma, nehmen Drogen und verüben Ladendiebstähle, klauen das Auto des Vaters und tun immer genau das, was ihnen ihre Eltern verboten haben. Isabelle nun bricht aus ihrem wohl behüteten Leben aus, in dem sie anschaffen geht. Nicht mehr und nicht weniger. Und ebenso nüchtern stellt Ozon diese Geschichte dar. Dabei gelingt ihm das Kunststück, aus dieser Geschichte kein überkanditeltes oder kitschiges Drama werden zu lassen. Ozon entwickelt seine Figuren mit einer gewissen Oberflächlichkeit. Isabelle hat abgesehen von den Titel gebenden Eigenschaften keinerlei Charaktermerkmale, die in irgendeiner Weise ins Gewicht fallen würden. Diese Figur hat keine Skrupel das zu tun, was sie tut. Sie hat kein schlechtes Gewissen und ihr Handeln hat nahezu keinerlei Konsequenzen für sie; es gibt nichts, was sie aus diesen Ereignissen lernen kann. Ob man als Zuschauer etwas mit diesem Stil anfangen kann, oder nicht, spielt keine Rolle. Ozon schert sich nicht darum, wie ein anderer Regisseur diese Geschichte inszeniert hätte. Er erzählt die Geschichte, wie es ihm passt. Man könnte ihm eine fachliche oder gar kreative Unbedarftheit beim Entwickeln seiner Figuren vorwerfen, hätte er sich nicht ganz bewusst für diese blassen Charaktereigenschaften entschieden. Das ist Ozons Stil, den er sich über viele Jahre hinweg erarbeitet hat. In einem Thriller, wie „In ihrem Haus“ kann dieser Stil den ganzen Film vor die Wand setzen. Bei einem vielschichtigen Thriller, der sich erst im allerletzten Moment aufdröselt und entsprechend verzwickt und komplex konstruiert sein muss, funktioniert dieser reduzierte Stil einfach nicht. Bei einem Film über Dinge, die echt sind und in unserem Leben täglich passieren, entfaltet sich dieser Stil nahezu perfekt.

„Jung und Schön“ ist krass. Der Film konfrontiert den Zuschauer mit einer Situation, mit der man im alltäglichen Leben einfach nicht konfrontiert werden will. Im Kino sieht man aber nun mal nicht nur alltägliche Dinge. Ozon vermag es, dieses heftige Thema auf nüchterne, fast schon lieblose Art und Weise zu adaptieren und entwickelt seinen Stil konsequent weiter. Ob man etwas mit diesem Stil anfangen kann, muss jedoch jeder für sich entscheiden. Ich sehe in diesem Film und mit dieser Geschichte allerdings die perfekte Bühne für Ozons eigenwillige Erzählweise.

Jeune & Jolie (F, 2013): R.: Francois Ozon; D.: Marine Vacth, Geraldine Pailhas, Charlotte Rampling, u.a.; M.: Philippe Rombi; OffizielleHomepage

In Weimar: lichthaus

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 29. November 2013

FlimmerCASTen # 15 - Our Tribute To Panem

Auch wir haben Feuer gefangen und uns über die "Panem"-Filme gequatscht. Wir versuchen, heraus zu finden, wie aus einer relativ kleinen Roman-Verfilmung ein dermaßen großes und gehyptes Blockbuster-Projekt werden konnte. Außerdem haben wir in einer spekakulären Live-Show im Radio gecastet. Deshalb gibt es immer mal n bissl komische Schnitte. Trotzdem viel Spaß!



Was sagt ihr zu den Tributen? Wie haben euch die beiden Filme gefallen?

Montag, 18. November 2013

FlimmerCASTen # 14 - Alles hat ein Ende...

In unserer neuesten Ausgabe des unseres Podcasts quatschen Antonia und ich über die Kunst, einen guten Film mit einem gelungenen Ende noch besser zu machen - oder eben durch ein schlechtes Ende total zu versauen. Für beide Fälle sind uns genug Beispiele eingefallen.



Welche spischen Enden sind Euch im Gedächtnis geblieben? Posten, Liken, Sharen und so weiter...

Machete Kills

Robert Rodriguez ist ein Name, der immer im Schatten eines anderen Namens steht. Wann immer über Rodriguez gesprochen wird, kommt auch der Name Tarantino ins Spiel. Die Verbindung dieser beiden Regisseure ist naheliegend. Die beiden sind seit der Schulzeit Freunde und haben einige Filmprojekte gemeinsam realisiert. Sie haben die Firma „Troublemaker Studios“ gegründet, die seither die Homebase der sogenannten Tarantino-Connection ist. Diese Gruppe von Filmemachern hat einen ganz bestimmten Stil im Film etabliert und gepflegt. Filme von Tarantino, Rodriguez, Oliver Stone und Tony Scott haben ganz besondere Figuren, die ganz spezielle Geschichten erleben. Dabei sind sie immer einen Tick neben der Spur. Zu ausgeflippt, zu chaotisch, zu sadistisch oder manchmal sogar zu cool. Vor allem aber, sind sie unabhängig vom großen Moloch Hollywood und zelebrieren diese Unabhängigkeit nicht selten mit völlig übertriebenen Gewaltexzessen und skurrilen, wie auch unkonventionellen – vor allem aber oft total unerwareteten – Todesarten.
Rodriguez und Tarantino haben nahezu bei jedem ihrer jeweiligen Projekte zusammen gearbeitet. Neben zahlreichen Cameo-Auftritten in ihren jeweiligen Filmen gab es immer wieder Gastspiele als Regisseur einzelner Segmente. In „Sin City“ führte Tarantino Regie bei der Episode mit Clive Owen und Benicio Del Toro. Für „Kill Bill“ komponierte Rodriguez Teile der Filmmusik. Dann kristallisierte sich eine Wende heraus. Tarantino gelang mit „Inglorious Basterds“ ein absolutes Meisterwerk. Waren seine bisherigen Filme immer ein bisschen roh und alles andere, als perfekt, katapultierte sich Tarantino mit diesem Film auf ein neues Level, des Filmemachens. Rodriguez hingegen hatte andere Pläne und schien sich bewusst in die komplett entgegengesetzte Richtung zu bewegen.
Mit „Grindhouse“ feierten beide Regisseure das Genre des 70er-Jahre-Trashkinos und brachten diesen speziellen Kulturkreis auf die große Leinwand – mit durchwachsenem Erfolg. Im Dunstkreis der beiden Filme „Death Proof“ und „Planet Terror“ entstanden auch einige Fake-Trailer zu fiktiven Filmen. So wurden vor dem Hauptfilm Filme beworben, wie „Thanksgiving“, „Werewolf-Women of The SS“ und natürlich „Machete“

Seinen ersten Auftritt hatte der mexikanische Superagent mit Affinität zu schweinescharfen Hieb- und Stichwaffen an eher unerwarteter Stelle. 2003 erschien „Mission 3D: Game Over“ - ein Spy Kids Spin Off. Mit der Reihe um superkrasse Kinderagenten wollte Rodriguez eigentlich das jüngere Publikum begeistern. Der Erfolg dieser Filme war eher unterdurchschnittlich und der völlig überkanditelte Actioner war stellenweise nur schwer zu ertragen. Zwar kam das Agentenabenteuer mit viel Augenzwinkern daher, trat aber immer auch als Möchtegernblockbuster auf. Der Trashfaktor war hier enorm hoch, aber eben leider eher unfreiwilliger Natur.
Dennoch zeigte dieser Kurzauftritt den Kern der Arbeit Rodriguez'. Alle seine Filme spielen alle im gleichen Kosmos und irgendwie hängt alles miteinander zusammen. Selbst in „Faculty“ tauchen Fuck You Boy und Fuck You Girl auf, die später kurze, aber denkwürdige Auftritte in „Planet Terror“ absolvieren.
Es war also klar, dass Machete früher oder später noch einmal auftauchen würde. Der berühmt-berüchtigte Trailer in „Grindhouse“ verfehlte seine Wirkung nicht und es gab sagenhafte Reaktionen der Fans. In einer beispiellosen Aktion wurden Unterschriften gesammelt und Rodriguez erhielt bergeweise Post mit der Bitte, aus dem Trailer einen Film zu machen.
Und genau so geschah es dann auch.

Im Jahr 2010 kam der erste Machete-Kinofilm in die Kinos. Der ruppige Grindhouse-Stil wurde nur zu Beginn noch benutzt. Bildwackler und  Schmutz auf der Linse sind nur während der Introsequenz noch zu sehen. Den Rest des Films kommen die visuellen Eigenarten des Grindhouse-Kinos nur noch sporadisch zum Einsatz. Über die Story braucht man an dieser Stelle kein Wort zu viel verlieren; sie existiert im Grunde nicht.  Im Verlauf des Films passieren ein paar denkwürdige Dinge. Zum Beispeil die Gedärm-Abseil-Aktion, von der Rodriguez im Grunde seit „El Mariachi“ schwärmt und immer gehöfft hat, sie irgendwann mal in einen Film mit einbauen zu können. Außerdem bekommt man endlich Lindsay Lohan im Adamskostüm zu sehen – etwas, worauf angeblich viele Fans gewartet haben – nur um sie anschließend als Racheengel im Nonnenkostüm wüten zu sehen.
Egal, welche Story-Kapriolen der Film vom Stapel lässt, das Ende bleibt offen und kündigt noch vor dem Abspann die beiden Fortsetzungen „Machete Kills“ und „Machete Killas Again...In Space“ an. Auch das ist natürlich nur ein Gag gewesen, der ebenfalls zur Hommage und Rekonstruktion des Trashkinos gehört. Dass Rodriguez mit solchen Gags manchmal mehr bewirkt, als er vielleicht beabsichtigt hat, zeigt, dass „Machete Kills“ nun tatsächlich in den Kinos starten wird.

Auch hier ist jedes Wort über die Story verschwendeter Atem. Es ist im Grunde der Aufguss der Story aus dem Vorgänger. Nur krasser. Das gleiche gilt für die Action- und Gewalteinlagen. Die Gedärme-Nummer wird auch noch weiter getrieben und es gibt eine Verfolgungsjagd mit Motorbooten, Autos, Helikoptern und irgendwelchen Space-Autos.
Das Besondere ist hier wieder der Cast des Films. Neben Mel Gibson und Charlie Sheen versammelt Rodriguez erneut zahlreiche Stars und solche, die es vielleicht noch werden wollen. Sie alle schließen sich dem Nonsens-Spaß an und feiern eine deftige Trash-Party.
Gegen Ende wird der Film so absurd und bescheuert, dass man sämtliche Twists unmöglich ernst nehmen kann. Es wird jedenfalls schwer dramatisch und episch und man weiß zumindest eins: Machete will return in „Machete Kills Again...In Space“

Jeder, der die „Machete“-Filme ernsthaft und gewissenhaft rezensieren will, ist Rodriguez bereits auf dem Leim gegangen. Wer ernsthaft über die schauspielerischen Qualitäten von Lady Gaga referiert, oder feststellt, dass die Spezialeffekte an manchen Stellen nicht so gelungen sind, hat schon verloren. Man muss seinen Kopf hundertprozentig ausschalten, dann kann man nur Spaß haben und dann durch die vielen unzähligen Metaebenen erkennen, welche Botschaft „Machete“ vielleicht wirklich in sich trägt. Wir sehen hier keinen Film, der wirklich spannend oder spektakulär sein will, sondern einen Film, der zeigt, wir Rodriguez derartige Filme als Kind betrachtet und gesehen hat. Es ist kein Film im eigentlichen Sinne, sondern ein Spielplatz, der beinahe keine Grenzen aufzeigt. Rodriguez kann alles und nichts machen – es spielt keine Rolle. Machete ist das sozusagen die Versinnbildlichung eines ganz bestimmten Verständnis für die Kunst des Filmemachens. Angesichts seines offensichtlich zu trashigen Ansatzes, weigert sich das Gehirn vehement, „Machete“ als Kunstwerk zu sehen. Aber wahrscheinlich ist es genau das.

Völlig egal, was da im Weltall auf uns wartet, ich werde es mir ansehen und mich auch ein drittes Mal wegblasen lassen, angesichts dieser schieren Masse an völlig bekloppten Ideen und Bildern. Angeblich soll Leonardo Di Caprio diesmal die Rolle des Bösewichts übernehmen. Der trägt mittlerweile eine eisenere Maske. Alles klar, soweit?

Machete Kills (USA, 2013): R.: Robert Rodriguez; D.: Danny Trejo, Michelle Rodriguez, Mel Gibson, Lady Gaga, u.v.a.; Offizielle Homepage

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Montag, 11. November 2013

FlimmerCASTen # 13 - Fliegende Haie, fliegende Macheten und fliegende Haare

In unserer neuesten Ausgabe quatschen Antonia und ich über eine ganz besondere Gattung von Filmen. Längst werden Trashfilme nicht mehr nur vom niedrigen Budget geprägt, sondern sind zum Stilmittel avanciert. Was wir von "Sharknado" und "Machete" halten, hört Ihr hier!



Soweit unsere Ausschweifungen über den bildgewordenen Schrott. In der nächsten Ausgabe reden wir über Epic Endings!

Montag, 14. Oktober 2013

FlimmerCASTen # 12 - ...swingin' Springfield

In der neuesten Ausgabe unseres Podcasts quatschen Antonia und ich über die erflgreichste Zeichentrickserie der Welt. Die obligatorische Verlängerung der Serie bei FOX und die Ankündigung der 26. Staffel im Jahr 2014 sollen uns als Anlass genügen und ich kann euch versichern, es ist uns enorm schwer gefallen, nach dieser knappen Stunde Schluss zu machen.



Wie steht's mit eurer Gelbsucht? Simpsomania, oder eher Desinteresse?

Dienstag, 8. Oktober 2013

Nachgereicht - Trance

Danny Boyle gehört zu den innovativsten, britischen Regisseuren der letzten 20 Jahre Filmgeschichte. Statistisch ist jeder Dritte seiner Filme ein Kracher. Dazwischen experimentiert er und wird nicht müde, frische Ideen aus zu probieren. So eindrucksvoll solche Filme, wie „Trainspotting“ und „Slumdog Millionär“ auch waren, so sehr gefallen mir eben die Filme, in denen er irgendwie einen Gang zurück schaltet, wenn es um Starpower und Action geht – eben die Eigenschaften eines potentiellen Blockbusters – und stattdessen experimentiert. Dabei entstehen Filme, die irgendwie klein daher kommen. Sie sind nicht unfertig oder unzureichend, sondern einfach kleiner. Oft lastet auf diesen Filmen kein besonders großer Druck – ein weiterer Pluspunkt. Boyle erzählt obendrein spannende Geschichten und so kommt man in den Genuss solcher Kleinode, wie „Sunshine“, „127 Hours“ und „Trance“.

Simon arbeitet in einem Auktionshaus. Eines Tages soll ein besonders wertvolles Bild versteigert werden. Dies ist auch der Tag, an dem Franck und seine Gangster-Kumpel auftauchen, um das Bild zu klauen. Die Mitarbeiter sind auf einen solchen Fall natürlich vorbereitet. Gemäß dem Training bringt Simon das Gemälde in Sicherheit, wird allerdings von Franck entdeckt, der ihm eine auf den Kopf gibt und die Tasche mitgehen lässt.
Zu früh gefreut, denn die Tasche ist leer. Simon liegt im Koma und er ist der einzige Mensch, der weiß, wo das Bild ist.
Als Simon eines Tages erwacht, krallt sich Franck den Komplizen. Nach stundenlanger Folter stellen sie fest, dass Simon tatsächlich alles vergessen hat. Also wird er zu einer Psychologin geschleppt, deren Spezialität Hypnose ist. Schon bei der ersten Sitzung stellt sie fest, dass in Simons Kopf einiges Durcheinander zu herrschen scheint. Die Gangster tun sich mit ihr zusammen, um letztendlich gemeinsam die Erinnerung zu finden, die sie zum Gemälde führt. Dabei stoßen sie auf Erinnerungen, die besser in Simons Kopf geblieben wären.

Dieser Film beginnt Boyle-Typisch rasant mit einem beeindruckenden Überfall. Allein diese ersten Minuten sind vollgestopft mit Hinweisen und Reizen und der Fokus des Zuschauers wird immer wieder auf kleine Details gelenkt. Man muss in diesen Minuten höllisch aufpassen, damit einem ja nichts entgeht und sich am Ende alles auflöst. Zumindest soll man das denken. Dann wird es ruhiger und Boyle arbeitet mit handwerklichem Standard. Hierbei nutzt er vor allem Dialoge, etwas was nicht immer seine Stärke zu sein scheint. In diesem zweiten Akt des Filmes wird nach meinem Geschmack zu viel erklärt. Dieser Sendung-Mit-Der-Maus-Touch passt irgendwie nicht zu den Charakteren und zum sonstigen Stil Boyles. Relativ schnell kriegt er allerdings die Kurve und kreiert im nächsten Akt ein absolutes Durcheinander an mehreren Ebenen visueller und inhaltlicher Form. Man verliert völlig den Überblick. Besonders diesen Teil des Films konnte ich genießen, war ich mir doch sicher, es würde am Ende alles aufgeklärt werden. Und so kommt es auch. Alles wird bis ins kleinste Detail erklärt und serviert. Hätte man nicht wenigstens ein kleines bisschen noch offen lassen können? Die Erklärung des Ganzen ist mir zu einfach gewesen. All dieses Kuddel-Muddel in Simons Kopf und all die vielen kleinen Details und Bilder laufen zu einem irgendwie unbefriedigenden Ende hinaus.

„Trance“ ist cool, aber nicht zu cool. Offensichtlich ist dies einer der kleineren Filme Boyles. James McAvoy und Rosario Dawson sind aber Schauspieler, die ich immer wieder gerne sehe, auch wenn ihre Figuren ein bisschen oberflächlich zu sein scheinen. Schön ist, dass Boyle einen frischen visuellen Stil geschaffen hat, der weniger auf CGI basiert, sondern viel mit analogen und handwerklichen Effekten arbeitet. Ich bin gespannt, wie und ob dieser neue Stil in seinen kommenden Projekten Anklang findet.

Trance (GB, 2013): R.: Danny Boyle; D.: James McAvoy, Rosario Dawson, Vincent Cassel, u.a.; M.: Rick Smith; Offizielle Homepage

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 13 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Montag, 7. Oktober 2013

FlimmerCASTen # 11 - Aus dem Sog der Sommerpause

Lange hat es gedauert, aber es ist vollbracht. Die unvermeidliche Sommerpause ist überstanden und unser Podcast geht weiter. Antonia und Ich haben uns "Gravity" angesehen und sind schwer begeistert. Alles weitere hört Ihr hier.
An die Podcast-Profis unter euch: Wir haben den Anbieter gewechselt und casten ab sofort bei Soundcloud. Nur, damit Ihr euren RSS-Schnulli auf den neuesten Stand bringt.
Und jetzt viel Spaß mit Ausgabe 11.



Was sagt Ihr zu Alfonso Cuaron im Allgemeinen und vor allem zu "Gravity" im Speziellen? Habt ihr den Film auch in 3D gesehen? Ist wirklich ein spürbarer Schritt auf der technischenen Ebene zu verzeichnen? Schreibt Eure Meinung.

Dienstag, 20. August 2013

Der zweifache Gosling # 2 - Only God Forgives

Es war eine große Überraschung, als der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn 2011 in Cannes, den Preis für die beste Regie gewann. Vorher hatte man von „Drive“ nicht viel gehört. Ein Actionfilm, der von einem Fluchtwagenfahrer handelt. Das erregte sofort Assoziationen an „The Fast And The Furious“ oder an jenen unsäglichen Nicolas Cage-Film „Drive Angry“.
Mit derartigen Filmen hatte dieses Werk aber absolut nichts zu tun. „Drive“ war spannend, intensiv, unglaublich toll fotografiert und bot neben einem neuen Stil gleichzeitig eine Verbeugung an solch Klassiker, wie „Bullit“, oder „The Driver“.
Obendrein bot „Drive“ einen Soundtrack zum Niederknien und katapultierte Ryan Gosling über Nacht an die Spitze der Liste der beliebtesten Schauspieler der letzten Jahre. Ich selbst bin immer noch der Meinung, dass „Drive“ einer der besten Filme ist, die ich je gesehen habe. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die erneute Zusammenarbeit des Duos Refn / Gosling.

Bangkok ist eine große Stadt. Eine riesige Stadt. Buchstäblich ein Moloch. Ein Ort voller Faszination und Gegensätze. Ein Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen und Nationalitäten. Die beiden amerikanischen Brüder Billy und Julian verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit der Ausrichtung von Boxkämpfen, aber reich wurden sie durch den Verkauf von Drogen im großen Stil. Auch in Bangkok ist das illegal, aber hier funktioniert das alles ein bisschen anders. Dem ganzen liegt ein empfindliches Gleichgewicht zu Grunde. Zwischen allen Fraktionen gibt es Abmachungen und Verträge. So lange sich alle an diese Verträge halten, gibt es keine Probleme. Eines Tages taucht Billy in einem Bordell auf. Nachdem er hier nicht das bekommt, was er will, tötet er die Tochter des Bordellbesitzers. Der Polizist Chang, dessen Aufgabe es ist, das Gleichgewicht zu erhalten, tötet Billy. Das wiederum ruft die Mutter der beiden Brüder, Chrystal, auf den Plan. Da Julian offensichtlich nicht in der Lage ist, den Tod seines Bruders angemessen zu rächen, beauftragt sie ein paar Auftragskiller und setzt diese auf Chang an. Das hat allerdings fatale Folgen, denn Chang ist unterwegs, wie ein erbarmungsloser und kompromissloser Racheengel.

Als dieser Film angekündigt wurde, empfand ich alles andere , als Vorfreude. Sofort war gewiss, dass „Only God Forgives“ niemals genau so gut, oder gar besser, als „Drive“ sein kann. Dem entsprechend hoffte ich, dass Refn nicht versuchen würde, sein Meisterwerk noch einmal machen zu wollen. Aber wollte ich einen Film sehen, der ständig mit „Drive“ verglichen werden würde, aber gleichzeitig völlig anders sein musste? Die ersten Bilder ließen die Befürchtungen wachsen. Das sah mir alles zu sehr nach „Drive“ aus. Im Trailer hörte man Musik von Cliff Martinez, die ebenfalls frappierende Ähnlichkeiten zur Musik von „Drive“ aufwies. Und dann saß ich im Kino und stellte als erstes fest: „Only God Forgives“ ist völlig anders. Der gesamte Stil entspricht eher früheren Refn-Filmen, hat mich zwischendurch aber sogar an David Lynch erinnert. Goslings performative Arbeit wirkt noch reduzierter, als in „Drive“. Bis auf einen kleinen Ausraster, scheint seine Figur regelrecht apathisch durch den Film zu schweben. Selbst während der Kampfszene zeigt er keinerlei Regung. Aber auch seine Filmmutter stellt fest, dass mit ihm irgendwas nicht zu stimmen scheint. Ähnlich geartet, aber ungleich gruseliger ist sein Widerpart. Der Polizist Chang tut unfassbar grausame Dinge, ohne, dass er auch nur mit der Wimper zuckt. Ebenso undurchsichtig erscheinen mir dessen Motive. Es ist für mich absolut nicht nachvollziehbar, warum Chang das tut, was er tut. Selbst der treibende Motor der Handlung des gesamten Films erschließt sich mir nicht so recht. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich erst jetzt über „Only God Forgives“ schreiben kann. Im Gespräch mit einem Kollegen, stellte er fest, dass Refn einfach alles an der Geschichte im Film auf des Wesentliche reduziert. Demnach, stellt Chang den Beweis für eine – irgendwie geartete – Existenz irgendeines Gottes, oder eben dessen Rache dar. Jemand zieht sich seinen Zorn zu und wird eben  entsprechend geläutert. Ende der Geschichte! Dieses Konzept ist meiner Meinung nach aber nicht zu Ende gedacht. Gegenüber der simplen Handlung steht nämlich die komplizierte Konstellation der beiden Brüder mit ihrer Mutter. Wen stellt sie denn in diesem Gott-Gleichnis dar? Was auch immer Refn hier nun auf das Wesentliche reduziert haben mag, die visuelle Ebene des Films betrifft das nicht. Nahezu perfekt inszenierte und komponierte Bilder, lassen den Film regelrecht schweben. Größtenteils wirken sie auch eher, wie Traumsequenzen. Irgendwie unrealistisch. Dem gegenüber steht die unfassbar harte Gewaltdarstellung. Derart Schockierendes und mit einer derart kalten Beiläufigkeit ausgeübt, habe ich noch nie in einem Film gesehen. Hier ist mal wieder ein heftiger Slap an die FSK dran. Bei der ersten Prüfung hatte „Only God Forgives“ keine Jugendfreigabe erhalten. Der Verleih ging in Berufung und nach einer zweiten Prüfung wurde der ungeschnittenen Fassung ein Freigabe ab 16 erteilt. Das kann jeder so bewerten, wie es ihm angemessen scheint.

Dass alle bisherigen Filme Refns, inklusive „Only God Forgives“ nichts für schwache Nerven sind, kann man sich allerdings denken und nun muss jedem selbst überlassen sein, zu entscheiden, ob er diese Szenen ertragen kann, oder nicht. Leider sind diese Momente auch fast das Einzige, was mir im Gedächtnis geblieben ist. Dieser Film funktioniert bei mir leider gar nicht. Ich bewundere allerdings den Mut und die Konsequenz Nicolas Winding Refns. Nach „Drive“ hätte es wohl jeder verstanden, wenn er einfach noch mal das Gleiche probiert hätte.

Only God Forgives (F, THA, USA, SWE, 2013): R.: Nicolas Winding Refn; D.: Ryan Gosling, Vitnaya Pansringarm, Kristin Scott Thomas, u.a.; M: Cliff Martinez; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Der zweifache Gosling # 1 - The Place Beyond The Pines


Derzeit laufen in den deutschen Kinos zwei Filme, die gleichermaßen viele Gemeinsamkeiten zu haben scheinen, aber auch unterschiedlicher nicht sein könnten. In den letzten Jahren hat sich ein Schauspieler aus den Schatten und dem Dasein des ewigen Nebendarstellers hervor gearbeitet und ist innerhalb kürzester Zeit zum Star avanciert. Ryan Gosling ist ein unglaublich cooler Typ, dem die Frauen (und auch viele Männer) zu Füßen liegen, der aber fernab von den Eigenschaften eines klassischen Sex-Symbols auf schauspielerischer Ebene immer wieder zu überraschen weiß. Ein interessanter Darsteller, dessen Karrieresprung vor allem zwei Filmen aus den letzten Jahren zu verdanken ist. Den Achtungserfolg gab es 2010 in Derek Cianfrance' „Blue Valentine“ und das zweite Standbein auf der Karriereleiter erfolgte durch Nicolas Winding Refns viel gerühmten Flim „Drive“. Jetzt ist der Londoner Schauspieler in Filmen beider Regisseure wieder da und die Erwartungen an diese Werke sind natürlich extrem hoch. Wie schon gesagt, haben beide Filme ihre Gemeinsamkeiten aber auch gravierende Unterschiede. Aber, der Reihe nach...

The Place Beyond The Pines
Luke gehört zu einer Gruppe von Fahrgeschäftsbetreibern. Zwischen Achterbahnen, Schießbuden und Zuckerwatte liefert er mit zwei Kollegen eine atemberaubende Stuntshow mit Motorrädern. Eines Tages kommt er in eine kleine Stadt, in der er vor einem Jahr bereits Station gemacht hat. Sein letzter Besuch hatte ungeahnte Folgen. Romina, ein One-Night-Stand, hat einen Sohn bekommen und Luke ist der Vater. Obwohl er gleich wieder abreisen wollte, entschließt sich der Stuntman nun, sich im Ort nieder zu lassen und für das Kind zu sorgen. Auch, wenn Romina ihm versichert, seine Hilfe nicht zu brauchen, beharrt Luke darauf, für das Kind da zu sein, weil sein Vater seinerzeit nicht für ihn da war. Luke bekommt relativ schnell einen Job in einer Autowerkstatt Hier verdient er allerdings nicht genug Geld und sein Kumpel, rät ihm, einfach eine Bank zu überfallen. Lukes Fähigkeiten als Motorradfahrer bieten die idealen Voraussetzungen für den Fluchtplan. Die ersten beiden Überfälle gelingen tatsächlich, doch beim dritten Mal geht es schief. Auf der Flucht wird Luke vom Polizisten Avery gestellt.

Die Story ruft sofort Erinnerungen an „Drive“ hervor. Stuntfahrer übt illegale Aktivitäten aus, um seiner Liebsten ein schönes Leben zu machen. Doch dem Film gelingt ein recht überraschender Umschwung, nach etwa einem Drittel der Laufzeit. Selten zuvor habe ich in einem Film einen derartigen Story-Twist erlebt, der gleichzeitig total überzeugend und stimmig vollzogen wird. Dabei kann man nicht einmal ein besonders sensibles, oder elegantes Vorgehen erkennen. Cianfrance macht das einfach und es funktioniert. Die Figuren sind, ob ihrer reinen Schlichtheit, nahezu perfekt konstruiert. Jede Figur hat eine Aufgabe in der Geschichte zu erfüllen und das tut sie auch. Alles was darüber hinaus geht, ist unwichtig. Trotzdem sind die Figuren nicht oberflächlich oder blass. Das Kunststück, Figuren auf das wesentliche zu reduzieren, ohne sie zu Platzhaltern verkommen zu lassen, ist auf verblüffende Weise gelungen. Natürlich führt man im Vorfeld Vergleiche zu „Blue Valentine“ auf, merkt aber relativ schnell, dass es da nicht viel zu vergleichen gibt. Und eben auch die befürchteten Parallelen zu „Drive“ sind schnell vergessen. Cianfrance präsentiert alles in der bekannten rohen Handkamera-Ästhetik, die man aus seinen früheren Produktionen schon kennt. Der aufreibenden Atmosphäre eines Banküberfalls und einer anschließenden Verfolgungsjagd entsprechend, wirkt dieser Stil sogar angemessener, als einem Beziehungsdrama. Hier kommt ein weitere Phänomens der Arbeit Cianfrances zum Tragen. Die Kamera ist übertrieben hart, fast schon dogmaesk. Dadurch wirkt das spröde Spiel der Hauptdarsteller aber irgendwie viel natürlicher. Gerade Ryan Goslings reduziertes Spiel wirkt dadurch noch intensiver. Da ist es fast schon ein Jammer, dass seiner Figur so – verhältnismäßig - wenig Platz eingeräumt wurde. Ich will natürlich nicht meckern und der Schritt, den Regisseur und Autoren gewagt haben. ist nicht nur mutig, sondern auch konsequent. Die Gosling-Fanboys werden sich auch wieder beruhigen, denn schließlich läuft da ja noch ein weiterer Film.

„The Place Beyond the Pines“ ist unerwartet intensiv. Angesichts der scheinbaren Banalität der Geschichte hätte ich das nicht erwartet. Die Intensität pflanzt sich fort bis zu den Figuren und zum Ende des Films erschließt sich eine simple, wie auch universelle Botschaft. Ein Film, voller Überraschungen, der den Vorgängerfilm „Blue Valentine“ in beinahe jeder Hinsicht übertrifft.

The Place Beyond The Pines (USA, 2012): R.: Derek Cianfrance; D.: Ryan Gosling, Bradley Cooper, Eva Mendes, u.a.; M.: Mike Patton; Offizielle Homepage

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Samstag, 10. August 2013

FlimmerCASTen # 10 - BEEF!

Wir haben es tatsächlich geschafft und präsentieren Euch voller Stolz die zehnte Ausgabe unserer kleinen Reihe. Wie es sich für eine Jubiläumsausgabe gehört, gibt es eine Battle, epischen Ausmaßes. Wir hauen uns Filmzitate um die Ohren. Und noch etwas, klassisches passiert, wie wir es in diesen Ausmaßen bisher noch nicht erlebt haben: Tonprobleme mit Antonias Spur sorgen dafür, dass ich zwischendurch ungefähr 20 Minuten alleine quatsche. Irgendwie gehört das aber auch dazu, deshalb haben wir es drin gelassen. Viel Spaß!



Was sind eure Libelingszitate? Mit welchen Zitaten könnt Ihr immer punkten, weil sie garantiert keiner errät?

Montag, 29. Juli 2013

Pacific Rim

Guillermo Del Toro ist ein Name, mit dem man einen ganz bestimmten visuellen Stil in Verbindung bringt. Seine Filme leben vor allem von den völlig ausgeflippten Design-Ideen, den teilweise völlig übertriebenen Charakteren und den nicht minder abgefahrenen Storys. Die Kostüme und das Monsterdesign sind stets einmalig und man erkennt den Del Toro sozusagen immer sofort. Bisher hat er Filme gemacht, in denen sein Stil immer irgendwie ungewohnt und neu aussah. Der fette Obervampir in „Blade 2“ stand in wildem Kontrast zum absolut durch gestylten und regelrecht geleckten Wesley Snipes. Der gehörnte Pan in „Pan's Labyrinth“, der immer irgendwie auch bedrohlich wirkte, lief Sturm gegen das harte und dreckige Szenario des spanischen Bürgerkrieges. War man im Moment nur aufpolierte und perfekt inszenierte Comic-Bombast-Verfilmungen gewohnt, kommt Del Toro mit „Hellboy“ daher, der so viel anders war, als man es von Comichelden gewohnt war. Del Toro ist also immer einen Hingucker wert. So auch in seinem neuesten Streich „Pacific Rim“.

Das ist mal wieder dumm gelaufen für die Menschen. Jahrelang haben sie immer ins Weltall geguckt und gedacht, der Angriff irgendeiner aggressiven Alien-Spezies würde von oben kommen. Die Viecher haben es aber irgendwie geschafft, ein Dimensionstor mitten im Pazifik aufzubauen. Die ersten Monster kommen an Land und zerstören ganze Städte, bis sie endlich besiegt werden können. Nachdem das dreimal passiert ist, dachten sich die Menschen, dass hier was nicht stimmt. Das sogenannte Jaeger-Programm wurde ins Leben gerufen. Sie bauten riesige Roboter, die stets von zwei Piloten über eine neurale Verbindung gesteuert werden können. Mit diesen Jaegern waren die Monster absolut problemlos zu besiegen. Die Menschen taten also das, was sie immer tun; sie wurden ganz schön selbstsicher. Das ging nur solange gut, bis die Monster immer größer wurden. Der erste Kampf zwischen Kaiju – so werden die Viecher genannt -  und Jaeger geht nicht so gut aus und die Maschine wird zerstört. Dieser Trend setzt sich immer weiter fort und so langsam gehen den Menschen die Optionen aus, während die Abstände zwischen den Angriffen immer kürzer werden.

Zu Beginn muss man feststellen, dass „Pacific Rim“ vor allem eine Sache geschafft hat; der Film reanimiert ein ganz spezielles Sub-Genre, welches ich vor allem als Jugendlicher absolut nicht missen wollte. „Pacific Rim“ ist der erste, ausgewachsene Sommer-Blockbuster, seit sehr vielen Jahren. Vielleicht war „The Avengers“ erfolgreicher und vielleicht war „Dark Knight Rises“ anspruchsvoller, aber „Pacific Rim“ hat mich mit jeder Faser an solch Kinoerlebnisse, wie „Independence Day“ und „Armageddon“ erinnert. Das liegt an dem Stil, der dem Zuschauer mit einer gewissen Naivität ins Szenario einführt. Die Figuren entsprechen allesamt den klassischen Konstellationen: Es gibt den Helden, an den keiner glaubt – er selbst am aller wenigsten. Es gibt den grimmigen General, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Welt zu retten. Es gibt die Frau, die es in einer harten, von Männern dominierten Welt, ganz nach oben schaffen will. Das ausgeflippte Wissenschaftler-Duo ist dabei, der unsympathische Antagonist, der zum Ende natürlich merkt, wie glorreich und gut unser Held ist. Nichts lässt der Film aus. Obendrein wird dem Zuschauer immer wieder und wieder die Situation erklärt, damit wir auch ja nicht vergessen, was Kaijus sind und wie das mit der neuralen Verbindung und „dem Drift“ funktioniert.
Und dann gibt es natürlich die Kampfszenen. Die sind super-spektakulär und ich habe so etwas in derartigen Dimensionen noch nicht gesehen. Die Monster sehen allesamt unterschiedlich aus und bekommen immer eigene Namen. Das gleiche gilt für die Jaeger. Im Zuge der Angriffe hat sich fast ein eigener Kultur-Zweig gebildet. Es gibt Menschen, die die Kämpfe zwischen Jaeger und Kaijun, wie einen Wettstreit bewerten. An manchen Stellen wird der Kampf zwischen den Giganten auch so inszeniert. Das ist filmisch echt neu und cool, fällt aber insgesamt kaum ins Gewicht. Beim Monster-Design haben wir dann auch endlich den Del Toro im Film, dessen Stil ansonsten nicht unbedingt dem entspricht, was man von dem Spanier gewohnt ist. Die Viecher sind so groß, wie Wolkenkratzer und können nicht nur einstecken, sondern auch austeilen. Es entbrennen unglaubliche Materialschlachten und es gelingt Del Toro tatsächlich, jedem dieser Kreaturen eine eigene charakterliche Note zu geben. Ein Kniff, den man eher in alten Monsterfilmen aus Japan finden würde. Was das zitieren anderer Filme angeht, oder das – nennen wir es mal: „ausleihen“ ganzer Designelemente aus anderen Werken, läuft Del Toro zu Höchstformen auf. Nicht umsonst erinnert die Monsterjagd an den japanischen Videospielklassiker „Monster Hunter“, denn auch dieses Spiel bedient sich bei der klassischen Mythologie, der nicht zu Letzt auch Godzilla zu Grunde liegt. Des Weiteren haben wir Elemente aus „Mech-Warrior“ und die Kampfanzüge erinnerten mich sehr stark an „Mass Effect“.
Man könnte noch einiges mehr finden, aber das sprengt womöglich den Rahmen auf die gleiche Weise, wie ein Kaiju die sogenannte Schutzmauer einfach sprengt.

„Pacific Rim“ hat Spaß gemacht. Neben den zusammen geklauten Elementen, die von ihrer Oberflächlichkeit und Naivität an klassische Sommer-Blockbuster erinnern, wird man vor allem mit unfassbar spektakulären Kämpfen beschenkt. Die unglaublichen Dimensionen nutzen sich zwar relativ schnell ab, aber zumindest ist die Dramaturgie des Filmes so abwechslungsreich gelungen, dass man das gar nicht sofort merkt. Kriegt Del Toro jetzt eigentlich den Zuschlag für „Hellboy 3“ Bitte, bitte, bitte!

Pacific Rim (USA, 2013): R.: Guillermo Del Toro; D.: Charlie Hunnam, Idris Elba, Rinko Kikuchi, Ron Perlman, u.a.; M.: Rmain Djawadi; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

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Mittwoch, 24. Juli 2013

FlimmerCASTen # 9 - Wieviel 3D hälst Du aus?

In unserer neuesten Ausgabe reden wir über den, jetzt schon nicht mehr weg zu denkenden 3D-Effekt in Kinofilmen. Jeder neue Film, der was auf sich hält, oder der zumindest ein bisschen mehr Geld aus der Sache rausholen will, setzt 3D mittlerweile ja schon proforma ein. Ich selbst, halte 3D für den letzten Husten. Antonia vertritt da allerdings eine etwas andere Meinung.



Wie sieht's bei Euch aus? Freut Ihr Euch auf die Zeit, in der Filme generell dreidimensional über die Leinwände flimmern werden, oder gehört Ihr sogar zu den ominösen 10 Prozent, die im Podcast angesprochen werden?

Fliegende Liebende

Pedro Almodovar ist ein Meister der Tragik. In seinen Filmen durchlitt man zusammen mit den Protagonisten immer schreckliche Seelenqualen. Wie der Mann das immer wieder geschafft hat, lässt sich manchmal gar nicht so leicht sagen. Klar, in „Alles über meine Mutter“ oder „Sprich mit Ihr“ trieft die Tragik aus jeder Pore – allerdings, ohne diesen kitschigen Schwermut. Bei „Volver“ und „Zerrissene Umarmungen“ wird schon ein etwas lockerer Ton angestimmt, wodurch die dramatischen Einschläge aber noch besser funktionieren. Selbst im Weird-Science-Schocker „Die Haut, in der ich wohne“, wurden förmlich neue Dimensionen der menschlichen Tragödie erschlossen.
Da sollte man sich zu Recht fragen, wie Almodovar in einer Komödie funktionieren kann.

Was gibt es schöneres, als einen Transkontinentalflug? Mir persönlich fallen ungefähr tausend Dinge ein, die ich lieber täte, als in ein Flugzeug zu steigen. Manchmal lässt es sich aber nicht vermeiden und dann hofft man einfach das beste, und dass der Flug so angenehm wie möglich wird.
Der Flug von Spanien nach Mexiko, der an diesem Tag abhebt, hat allerdings ein echtes Problem. Schon wenige Minuten nach dem Start, stellen die beiden Piloten fest, dass sich das Fahrwerk nicht richtig bedienen lässt. Eine Landung ist somit unmöglich.
Anstatt in Panik zu verfallen, überlassen sie dem Chefsteward Joserro die Entscheidung, wie er es den Passagieren beibringen soll. Der macht das, was er in einer solchen Situation immer macht; er gibt den Fluggästen eine wilde Mischung aus Alkohol und Mescalin. Das hat ganz unterschiedliche Wirkungen. Das frischgebackene Ehepaar beginnt sofort und ununterbrochen, zu kopulieren – obwohl die Ehefrau gar nicht richtig wach ist. Das Selbe gilt für den Kapitän und Josserro. Ein Mann, der in eine politische Affäre um ein Flughafen-Großprojekt verwickelt ist, schüttet den Passagieren sein Herz aus. Ein Filmschauspieler ruft bei seiner Verflossenen an, um sich mit ihr zu versöhnen und eine Frau, die sich für ein Medium hält, riecht überall im Flugzeug den Tod. Irgendwann kommt die Frage auf, wo das Flugzeug nun landen kann und wer, zum Teufel die Maschine überhaupt steuert.
Und da haben wir es. Wenn Almodovar eine ausgewiesene Komödie macht, dann fallen sämtliche Hemmungen. Wie nie zuvor frönt er den beiden Motiven, die immer wieder in seinen Geschichten vorkommen: Homo-, beziehungsweise Bi- und Transsexualität und exzessiver Drogengebrauch. Weil dies alles im, ohnehin übertriebenen, Rahmen einer Komödie angesiedelt ist, ist man gar nicht so schockiert. Auch der Sex spielt eine wichtige Rolle in dieser Geschichte. Das bildet allerdings nur das Gerüst, um die eigentliche Geschichte der Menschen zu erzählen.
An diesen Stellen scheint der ganze übertriebene Zirkus immer in den Hintergrund zu rücken und man erkennt sofort den konventionellen Almodovar-Stil. Es ist fast so, als wolle er den Zuschauer testen. Als würde er die Frage stellen: „Wieviel Sex, Schwulenporno und Travestieshow wollt ihr ertragen?“ Es wird immer weiter ausgereizt und wer darauf hereinfällt, ist schnell genervt von der styropornen , qietschbunten 60er-Jahre-Kulisse und von den bekloppten Dialogen und noch bekloppteren Witzen. Aber Almodovar trifft mit dieser Mischung mal wieder genau ins Schwarze. Durch soziale Netzwerke und die zunehmende Virtualisierung der eigenen Person, ist es viel schwieriger geworden, einen Menschen kennen zu lernen. Man muss sich durch viele gestellte Fotos, falsche Details und sonstiges 2.0-Beiwerk wühlen, bis man die Person endlich so vor sich hat, wie sie wirklich ist. So ähnlich funktioniert es bei „Fliegende Liebende“ auch. Man muss sich durch den ganzen Schmuck durchwühlen, um den Menschen zu sehen. Und dieser Mensch ist, wie sollte es anders sein, ein emotionales Wrack.

Ich sehe durch diesen Film obendrein die wesentlichen gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit bestätigt. Die meisten Leute haben nicht unbedingt Angst vor Krieg oder Terror. Selbst der Verlust des Jobs nimmt nicht einen so hohen Stellenwert ein, wie die Homophobie. Menschen, die darunter leiden, ertragen den neuen Almodovar nicht, und verlassen das Kino. Das zweite Problem ist die Humorlosigkeit unserer Gesellschaft.
Alles muss immer tot-ernst sein. Alle denken ständig, man will sich über sie lustig machen, wenn man einen Witz erzählt. Das ist verdammt anstrengend.

Los amantes pasajeros (ESP 2013): R.: Pedro Almodovar; D.: Javier Camara, Lola Duerias, Hugo Silva, Penelope Cruz, Antonio Banderas, u.a.; M.: Alberto Iglesias; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Montag, 22. Juli 2013

World War Z

Wenn uns dieses Kinojahr bisher eines gezeigt hat, dann, dass alles am Besten beim Alten bleibt. Die alten Filme und Ideen kommen in einer Flut, mehr schlecht, als recht adaptierter Produktionen in die Kinos. 3D erlebt nach 60 Jahren so etwas, wie eine Wiedergeburt. Nicht spritzige Kampagnen zum „Kinosommer“ locken die Zuschauer in die Säle, sondern Brad Pitt. Mir ist schon einmal aufgefallen, dass die Produzenten oft viel mehr Energie verwenden, altes Zeug neu zu machen, als sich etwas Neues einfallen zu lassen. Dieses ständige Ausbuddeln und Entstauben hat nun mit Marc Forsters „World War Z“ ein neues Level erreicht.

Es beginnt eines Tages. Weltweit erkranken Menschen an einem Virus und werden super aggressiv. Innerhalb von wenigen Sekunden verwandelt sich der Nachbar in einen grunzenden Haufen und fällt brüllend über seine eigenen Kinder her. Auch in Philadelphia häufen sich die Vorfälle. Gerry ist ehemaliger UN-Mitarbeiter und lebt mit seiner Familie in einem schönen, kleinen Haus in einer Vorstadtsiedlung, in der die Todesstrafe auf ungepflegte Rasenflächen steht. Bei einem Ausflug in die Stadt passiert es plötzlich. Infizierte Menschen greifen alles an, was sich bewegt. Gerry gelingt mit seiner Familie so eben die Flucht. Sofort kontaktiert ihn sein alter Kumpel, der Regierungssprecher Thierry Umutoni. Anscheinend ereignen sich diese Vorfälle im ganzen Land.
Die Regierung ist völlig überfordert und schafft es gerade so, ein paar wenige Staatsmänner zu retten, um auf einem Schiff eine provisorische Regierung aufrecht zu erhalten. Auch Gerry kann gerettet werden und wird nun mit einem echten Dilemma konfrontiert. Eigentlich hat er seinen alten Job und sein dazu gehöriges Leben hinter sich gelassen und geschworen, seine Kinder nie wieder zu verlassen. Um seine Familie zu retten, soll er sich aber auf den Weg machen und herausbekommen, wie man mit der Situation fertig wird. Die ganze Welt brennt und Gerry ist die letzte Hoffnung. Nach kurzem Zögern willigt der ein, unter der Bedingung, dass seine Familie auf dem Schiff bleiben darf und nicht in ein Flüchtlingslager evakuiert wird. Dann macht er sich auf den Weg und sein erstes Ziel ist Korea, wo die Seuche ihren Ursprung zu haben scheint.
„World War Z“ zeigt nahezu nichts, was man nicht schon in anderen Filmen gesehen hat. Blutrünstige – zugegebenermaßen sehr gruslige – Infizierte, die durch die Straßen rennen und alles zerfleischen, was ihnen zwischen die Zähne kommt. Es gibt eine klassische Supermarkt-Sequenz, die üblichen Regeln mit Kopfschuss und lauten Geräuschen und es gibt die beeindruckenden, aber ebenfalls nicht ungewöhnlichen Bilder des Zusammenbruchs der Zivilisation. Neu und sehenswert ist der Stil, in dem diese ganzen zusammen geklauten Elemente gepresst wurden. Alles hat das visuelle Level und den Stil eines aufwändig produzierten Polit-Thrillers und auch die Story nimmt teilweise ähnliche Züge an. So besucht Gerry auf seiner Suche nach dem Ursprung der Zombie-Seuche solche Schauplätze, wie Nord-Korea, Jerusalem und Moskau. Moment! Moskau? Ja! Dazu komme ich gleich nochmal.  Die Musik und die spektakulären Bilder, die hier auf den Zuschauer einprasseln, sind beeindruckend und die besondere Atmosphäre des Films macht enormen Spaß. Man ist als Zuschauer ziemlich aufgeregt und die Schocksequenzen funktionieren genau so gut, wie die völligen Over-The-Top-Momente. Man hat in diesem Genre schon viel gesehen, aber eine unfassbare Menge an Zombies, die sich übereinander stapeln, um eine 40-Meter-Mauer zu erklimmen, ließ mir schon die Spucke weg fließen.
Halten wir kurz fest: Der Film ist spannend und vertritt die Prämisse: „Lieber sehr gut geklaut, als sehr schlecht selbst gemacht“
Die Produktion von „World War Z“ ist auch nicht ganz einfach gewesen. Offensichtlich ist Marc Forster überfordert gewesen und das Studio hat einen nicht unerheblichen Druck auf die Produktion ausgeübt. Man wollte offensichtlich einen massentauglichen Zombiefilm machen, der als Sommerblockbuster funktionieren sollte. Das ist eine völlig beknackte Idee und geht auch dementsprechend nicht besonders gut auf. Überall merkt man dem Film Kompromisse an. Eine Szene, die das eigentliche Finale bilden sollte, hätte eine große Massenschlacht in den Straßen Moskaus zeigen sollen. Für die Produktion dieser Sequenz musste tief in die Tasche gegriffen werden – nicht zu Letzt wegen einer fatalen Verwechslung von falschen und echten Waffen am Set. Diese Szene wurde durch einen weniger brutalen Abschluss in den Laboren der WHO in Großbritannien ersetzt.
Der Film hätte sonst das, in den USA gefürchtete, R-Rating erhalten. Damit wäre „World War Z“ einer kleineren Gruppe an Zuschauern zugänglich gewesen und hätte somit weniger Geld eingespielt. Ein Film mit Brad Pitt ist prinzipiell ein Film mit Brad Pitt, aber ob er dann in der Lage gewesen wäre, diesen Film zu tragen, wurde stark bezweifelt.

Nun ist der Film also, wie er ist und bietet trotz seines fesselnden, sehr realistischen Ansatzes insgesamt eher durchschnittliche Kost. Ich habe allerdings eine besondere Perspektive auf den Film. Nachdem ich gefühlt eine Million Zombiefilme gesehen habe, braucht es schon einiges, um mich zu überraschen. An ein paar Stellen, hat das „World War Z“ geschafft und damit soll es mir recht sein. Ein gut gemachter Zombiefilm, der – so ähnlich, wie „Man Of Steel“ - etwas Besonderes hätte werden können. Potential wurde verschenkt, welches man vielleicht für die – mit tödlicher Garantie folgende – Fortsetzung einsetzen kann.

World War Z (USA, 2013): R.: Marc Forster; D.: Brad Pitt, Mireille Enos, Fana Mokoena, Moritz Bleibtreu u.a.; M.: Marco Beltrami, Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 bis 15 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Sonntag, 21. Juli 2013

FlimmerCASTen # 8 - Wir, Serientäter!

Ich weiß, es hat ein Weilchen gedauert, aber hier ist endlich die achte Ausgabe unserer kleinen Podcast-Reihe. Diesmal sehen wir uns mit dem Sommerloch konfrontiert und finden sehenswerte Alternativen zu seichten Sommerkomödien ausgerechnet im TV. Antonia und ich haben ausführlich über unsere Fernsehserien-Erfahrung gequatscht.



Welche Serien guckt Ihr so? Haben wir die wichtigsten Vertreter erwischt, oder haben wir was vergessen? Der Comment-Bereich ist eröffnet.

Montag, 1. Juli 2013

Gambit - Der Masterplan

Über das Phänomen sogenannter „Me-Too-Filme“ habe ich hier schon mal gesprochen. Fällt eigentlich auf, dass ich in letzter Zeit nur noch über Remakes, Reboots, Me-Toos und all die anderen Dinge spreche, die im Grunde nur die Tatsache beschönigen sollen, dass niemand mehr etwas Neues probiert und nur noch Dinge nach macht?
Ein besonderer Vertreter, auf den all diese Formulierungen zutreffen könnten, läuft derzeit in den deutschen Kinos, präsentiert mit Colin Firth, Alan Rickman und Cameron Diaz einen ansehnlichen Cast, basiert auf einem Drehbuch der Coen-Brüder, ist aber auch gleichzeitig das Remake eines gleichnamigen Filmes aus dem Jahre 1966 mit Michael Caine und will schließlich und endlich auch noch eine Hommage an  große Klassiker der Komödie sein. Der Name dieses Ungetüms: „Gambit“

Harry Deane arbeitet für einen großen Medienkonzern, dessen Boss der sich ohne große Mühen den Titel des unaustehlichsten Menschen aller Zeiten ist erobert hat. Deshalb will sich Harry bei ihm rächen und gleichzeitig sein Portemonnaie noch ein bisschen füttern. Er ersinnt einen unfassbar cleveren Plan. Sein Boss ist seit vielen Jahren auf der Suche nach einem ganz besonderen Gemälde Monets. Harry lässt das Bild fälschen, verfrachtet es in den Wohnwagen einer texanischen Rodoqueen, deren Großvater im zweiten Weltkrieg in Europa vor allem damit Zeit verbracht hat, Gemälde zu stehlen. Dann macht er den Boss gezielt auf das Gemälde aufmerksam, der es natürlich haben will. Da Harry der beste Kurator der Stadt ist, dürfte es niemand anzweifeln, wenn er die Echtheit des Bildes zertifiziert. Das Schauspiel wäre perfekt und Harry viele Millionen reicher.
Natürlich geht viel schief und er wird mit einigen Dingen konfrontiert, die er nicht bedacht hat; mit einem Löwen, zum Beispiel und einem homosexuellen Kunstexperten aus Köln, namens Zaidenweber.

Kommen wir gleich zum Punkt: „Gambit“ verballert innerhalb kürzester Zeit unglaublich plakative Klischees und beleidigt mit deren stumpfer Inszenierung fast die kollektive Intelligenz des Publikums.  Der Film kriegt gerade so die Kurve, weil er alles einen Tick überzieht, will aber gleichzeitig schlicht und klein bleiben und von Dialogen leben. Die Dialoge sind zwar ganz nett, es fehlt ihnen aber viel zu oft an Spritzigkeit und Originalität sowieso – das soll von den Coens geschrieben worden sein? Hin und wieder blitzt Selbstironie auf, zum Beispiel, wenn der Film nach fünf Minuten mit dem Holzhammer suggeriert, wie bekloppt der Plan eigentlich ist, den Harry ausgeheckt hat. Schön ist auch, dass es mal wieder eine wunderbare, chaotische Hotelszene gibt. Was passiert wohl, wenn man beim Versuch, eine vermeintliche Ming-Vase zu stehlen, in einem kleinen Zimmer eingesperrt wird und der einzige Weg führt aus dem Fenster heraus, den Zentimeter breiten Sims entlang? Genau! Es wird lustig. Die Szene macht tatsächlich Spaß. Die – absolut klischeebehafteten – japanischen Geschäftsleute sind hingegen schon wieder zu viel und nerven ungemein. Den Einfluss der Coens bildetet man sich allenfalls an ein, oder zwei Stellen ein. Sie beiden Brüder tauchen wohl nur namentlich auf dem Plakat auf. Cameron Diaz ist, wie in letzter Zeit viel zu oft, fehl besetzt und genügt weder schauspielerischen Ansprüchen, noch denen der  - super klischeebehafteten – amerikanischen Zicke, die das piekfeine Kunstgewerbe Londons aufmischt.
Colin Firth hat eine dämliche Brille auf.

Genug der Meckerei, denn „Gambit“ weiß, zumindest einen gewissen Zeitraum, zu unterhalten. Der Film tut nicht weh, macht an manchen Stellen Spaß und bleibt in seinem Rahmen. Der Film konzentriert sich meiner Meinung nach zu sehr auf das Schmücken mit fremden Federn. Dass der Name „Coen“ auf dem Plakat steht, weckt Erwartungen, die einfach nicht erfüllt werden können. Was eigenes und neues wäre, mal wieder, einfach besser gewesen.

Gambit (USA, 2012): R.: Michael Hoffman; D.: Colin Firth, Alan Rickman, Cameron Diaz, u.a.; M.: Rolfe Kent; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 bis 15 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Mittwoch, 26. Juni 2013

FlimmerCASTen # 7 - Worldwar Brad

"World War Z" liefert schon vorab eine abenteuerliche und neue Mischung: Brad Pitt versus Zombies. Wir haben uns den Schauspieler mal genau angesehen, uns seine FIlme in Erinnerung gerufen und ausufernd gefachsimpelt. Und weil es in der letzten Woche keinen FlimmerCASTen gab, ist diese Ausgabe sozusagen extralarge. Viel Spaß mit Eineinhalb Sunden geballten Fachwissens.

HIER geht's zum Podcast!

Wie geht's Euch mit Brad Pitt? Einer der begabtesten und prägensten Schauspieler usnerer Zeit, oder völlig überschätzter Hollywood-Schönling? Schreibt uns Eure Meinung!

Freitag, 21. Juni 2013

Man Of Steel

Was ist bloß los in Hollywood? Wo ist die ganze Kreativität hin geflogen?  Glauben die Filmschaffenden der großen Blockbuster wirklich, dass sie immer noch genau die gleichen Geschichten erzählen können, die in den 70ern funktioniert haben? Glauben sie, dass sie das immer wieder und wieder erzählen können? Sind sie wirklich so sehr von den Möglichkeiten der Technik geblendet, dass sie keinen Wert mehr auf Originalität legen? Liegt es vielleicht daran, dass die Regisseure nicht die Filme ihrer Kollegen gucken und sie deshalb nicht wissen, wie schnell man sich satt gesehen hat? Inmitten der Masse an hochgezüchteten CGI-Blendern, in den letzten Jahren, gab es aber immer wieder ein paar Ausnahmen. Regisseure, deren Filmen man die Liebe zum Medium und die Hingabe zu den Figuren angesehen hat. Filme, die die Technik mit all ihren faszinierenden Möglichkeiten nutzten, um eine Geschichte zu erzählen. Zwei von diesen Regisseuren haben jetzt zusammen gearbeitet, um dem ersten Superhelden der Welt ein unvergessliches Denkmal zu setzen – mit durchschnittlichen Erfolg.

Storytechnisch ist alles beim Alten geblieben. Auf Krypton herrscht eine leicht angespannte Situation. Der Planet steht kurz vor seiner Vernichtung. Die Bewohner haben in Ermangelung neuer Ressourcen den Kern ausgebeutet und jetzt rächt sich die Natur. Jor-El ist der führende Wissenschaftler des Planeten und sieht nur noch eine Option. Das genetische Profil eines jeden Kryptoniers ist gespeichert, sowie sämtliches Wissen des Planeten. Dieser sogenannte Kodex muss gerettet werden und zu einem anderen, jungen Planeten geschickt werden. Der Ältestenrat lehnt das aber ab. Jor-El pfeift drauf, denn er hat noch einen anderen Grund, noch nicht aufzugeben. Seine Frau hat so eben einen Jungen geboren. Das besondere daran ist, dass seit vielen Generationen nur noch auf künstliche Weise Kinder zur Welt gebracht werden können. Jor-Els Sohn ist das ultimative Symbol der Hoffnung und das letzte wahre Kind Kryptons. Jor-El entschließt sich, das Baby zusammen mit dem Kodex – dem Datenspeicher – zur Erde zu schicken. General Zod ist jedoch der Meinung, ein blutiger Putsch könnte Krypton retten. Er will um jeden Preis verhindern, dass der Kodex den Planeten verlässt. Es wird knapp, aber die Kapsel mit dem Baby startet und General Zod wird in die Phantomzone verbannt. Alles super? Naja, wie man's nimmt. Kaum ist die Kapsel gestartet, explodiert der Planet und die Geschichte Kryptons ist vorbei. Die Kapsel rast, wie geplant, zur Erde und landet in Kansas. Das Baby wird von einem Farmerehepaar aufgenommen und aufgezogen. Die merken relativ schnell, dass ihr Schützling ein paar besondere Fähigkeiten zu haben scheint, die sie natürlich geheim halten wollen. Während Clark Kent – so wurde das Weltraumbaby von den Zieheltern genannt – aufwächst, wird sein Wunsch immer stärker, alles über seine Herkunft zu erfahren. Auf seiner Suche nach Antworten begegnet Clark immer wieder Menschen, denen er helfen muss. Das wiederum erweckt die Aufmerksamkeit einer Reporterin Namens Lois Lane. Auch Genral Zod hört von Clark. Und zwar mehr als diesem lieb sein dürfte.

Wie gesagt: Die Story ist nicht neu und hält sich im ersten Drittel fast schon akribisch an die Vorlage. Zu Beginn wird vor allem der moralischen Integrität Supermans viel Platz eingeräumt. Die Figur des Superman wird sehr detailliert konstruiert und all seine Eigenschaften sind überzeugend und nachvollziehbar eingearbeitet. Das haben die vorigen Superman-Interpretationen allerdings auch immer ganz gut hinbekommen. Einen ersten großen Moment bietet ein phantastischer Blick über die Landschaft des dem Untergang geweihten Kryptons. In den früheren Filmen sah der Planet immer aus wie eine leblose, von Schnee und Eis bedeckte Einöde. Hier ist die Landschaft von rauen und wilden Felsformationen geprägt. Jor-El reitet auf einem fliegenden Ungetüm, welches direkt vom Nachbarplaneten Pandora herüber gehüpft zu sein scheint. Der ganze Einstieg ist unglaublich bombastisch und völlig over-the-top, passt aber total gut zum Bild eines fernen und fremdartigen Planeten, der der Erde eigentlich gar nicht ähnelt. Die Eingangssequenz entbehrt auch nicht einer deftigen Portion Tragik, die der ganzen Geschichte noch einmal die nötige Dimension gibt. Nach dem tollen Auftakt schwingt der Stil um und präsentiert das Leben Kal-Els auf der Erde in nüchternen, fast farblosen Bildern. Dieser Stil holt den Zuschauer ganz nah heran. Die Kamera wackelt und zoomt, wie verrückt und macht die Bilder härter, aber auch irgendwie plastischer. Hin und wieder gibt es prägnante Nahaufnahmen von kleinen Details. Dieser Stil gefällt mir unfassbar gut. Er holt den göttergleichen Superhelden auf ein enorm menschliches Level. In diesen Szenen harmoniert einfach alles. Die Entwicklung des Kindes zum Mann ist nachvollziehbar und stimmig. Dann wird es kurz etwas verwirrend, denn  plötzlich geht es um einen paranormalen Fund am Nordpol. Das Militär ist hier offensichtlich auf ein UFO gestoßen, welches bereits seit 20.000 Jahren im Eis eingeschlossen ist. Hier taucht Lois Lane auf, die nach meinem Geschmack etwas oberflächlich geraten ist. Schön ist allerdings,  wie gezeigt wird, dass die Sache mit der Geheimidentität heutzutage nicht mehr so einfach zu sein scheint. Lois scheint keine fünf Minuten zu brauchen, um heraus zu finden, wo Superman wohnt. Der Film schwingt dann noch einmal um und wird plötzlich sehr hektisch und actionlastig. Die Kämpfe und Zerstörungsorgien sehen sehr schick aus, aber sehr schnell hat man sich satt gesehen. Man gewinnt den Eindruck, so etwas schon zu oft gesehen zu haben. Überhaupt schlägt der Film einen Weg ein, den bisherige Superhelden-Filme im letzten Jahr auch schon gegangen sind. Schon tausendmal scheine ich spektakuläre Showdowns mit brachialer Hardcore-Action gesehen zu haben. Das Traurige ist, dass „Man Of Steel“ das nicht nötig gehabt hätte. Immer wieder blitzt etwas besonderes auf. Etwas frisches und neues, verheißungsvolles. Es fehlt nur ganz wenig, und es wäre großartig geworden. Es ist fast so, als geht der Film immer ein paar Schritte auf einen neuen Weg, nur um dann doch schnell noch abzubiegen und den Trampelpfad zu nehmen, den vor ihn schon so viele andere gegangen sind.
Was mich auch gestört hat, war das Tempo der Actionszenen. Zack Snyder stand meiner Ansicht nach immer für die ultimative Entschleunigung. Mit Langsamkeit und Anmut zelebrierte er in seinen Filmen „300“ und „Watchmen“ absolut eindrucksvolle Bilder. „Man Of Steel“ tut das nicht und bombardiert die Augen stattdessen mit einer Flut aus Bildfragmenten, die man unmöglich so schnell aufnehmen kann. Ganz offensichtlich hatte Christopher Nolan doch mehr Einfluss, als man uns glauben machen wollte. Überhaupt gibt es oft Szenen, die aus zwei verschiedenen Filmen genommen worden zu sein scheinen.
Das Finale übrigens ist hingegen gelungen. Es ist eine harte Szene, in der Superman vor eine folgenschwere Entscheidung gestellt wird. Die Art und Weise wie er sich entscheidet und wie er die Konsequenzen seiner Handlungen erkennt, macht Gänsehaut und gehört mit zu den stärksten Momenten des Films. Davon hätte es viel mehr geben müssen und stattdessen weniger dieser überbordenden Hardcore-Kollaps-Action.
Abschließend noch ein Wort zur Musik. Hans Zimmer wurde immer wieder als bedeutendster Komponist des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Dazu stelle ich fest: Hans Zimmer komponiert keine Themen, entwirft keine Melodien und scheint überhaupt nur sehr wenig Abwechslung in seine Werke einzubauen. Viel mehr sind es Soundscapes, die in Zusammenhang mit den Bildern total gut funktionieren, aber als reine Komposition keinerlei Akzente setzen können. Die verspielte Genialität eines John Williams, der die mit Abstand bekanntesten Filmmelodien der Welt geschrieben hat, kann Hans Zimmer damit nicht ersetzen.

„Man Of Steel“ ist keine Riesenenttäuschung gewesen, aber auch nicht das zeitlose Meisterwerk, was es hätte werden können. Das Schlimmste ist, dass der Film selbst immer wieder zeigt, welchen Weg er hätte gehen können, aber sich einfach nicht traut. Wenn man etwas Neues schaffen will, welches das kollektive Bewusstsein des Publikums nie wieder verlässt, muss man mutig sein. Wenn man diesen Mut nicht aufbringt, dann kommt eben nur ein weiterer Superhelden-Film dabei heraus, den man genießt, so lange es dauert, und dann vergisst man ihn eben wieder.

Man Of Steel (USA, 2013): R.: Zack Snyder; D.: Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon, Kevin Costner, Russell Crowe, u.a.; M.: Hans Zimmer; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar (nur 3D)

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, von 14:00 bis 15:00 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 14. Juni 2013

FlimmerCASTen # 6 - Der Podcast zum Film zum Buch

Stephanie Meyer ist mit einer neuen Saga unterwegs und will Eure Seelen. Antonia und ich haben uns zusammen gesetzt und wir haben uns über Literaturverfilmungen ausgetauscht. Welche Romane funktionieren besser als Film? Welche Schriftwerke hätten niemals verfilmt werden dürfen? Ist die Zeit, in der Hollywood frische Ideen geliefert hat jetzt entgültig vorbei?

HIER geht's zum Podcast!

Welche Romane würdet Ihr am liebsten auf der Leinwand sehen? Kennt Ihr ein Buch, das ernsthaft unverfilmbar ist? Der Commentbereich ist geöffnet.

Donnerstag, 6. Juni 2013

FlimmerCASTen # 5 - BIs zum Ende der Welt und noch viel weiter...

Herzlich Willkommen zur neuen Ausgabe unseres kleinen Podcasts. Jetzt startet der neue Film von M. Night Shyamalan "After Earth" und zusammen mit Will Smith wird mal wieder eine ausgewachsene Postapokalypse zelebriert. Grund genug für Antonia und mich (Jan), sich ausschweifend über das Genre der Endzetfilme auszulassen.

Den Podcast findet ih HIER!

Welche Endzeitfilme haben Euch am meisten beeindruckt? Oder glaubt ihr, die echte Welt ist schlimm genug und man braucht keine Filme, die einem das zeigen.
Feedback, sowie Fragen und Anregunden sind wie immer sehr erwünscht und im Commentbereich zu hinterlassen.

Mittwoch, 5. Juni 2013

Den hatte ich verpasst - Dredd

Manchmal erhalte ich Nachrichten, die bei mir aus unerklärlichen Gründen einen Schauer über den Rücken jagen und in der Folge ein stetiges Kribbeln erhalten. Die Meldung, dass der „8 Blickwinkel“-Regisseur Pete Travis eine neue Verfilmung der Comicserie „2000 A.D.“ plant – die hierzulande eher unter dem Namen „Judge Dredd“ bekannt sein dürfte – ließ mich im ersten Moment frohlocken. Karl Urban als knallharter Superpolizist in einer dystopischen Supermetropole in Mitten einer vom Fallout gezeichneten Wüstenlandschaft, konnte nicht grundlegend verkehrt sein. Vor allem in Hinblick auf den ersten Leinwandausflug des Judges – 1995 fatal missgedeutet von B-Movie-Veteran Danny Cannon – gab es große Erwartungen. Weg vom knallbunten Platiklook! Hin zu düsterer und kompromissloser Gewalt!

Die Erde ist ganz schön fertig. Verschiedene Katastrophen, auf die nicht weiter eingegangen wird, haben den größten Teil des Planeten unbewohnbar gemacht. Die kläglichen Reste der Menschheit haben sich in sogenannten Mega-Cities zusammengerottet. Auf relativ engem Raum leben hier mehrere hundert Millionen Menschen. Die neue Gesellschaftsform feierte ihre Taufe mit einem radikalen Ansteigen der Verbrechensrate. So wurde die Einheit der Judges ins Leben gerufen. Das sind Polizisten mit einer speziellen Ausbildung und einer superspeziellen Ausrüstung. Obendrein sind sie ermächtigt, Vergehen festzustellen, den Schuldigen ausfindig zu machen, das Urteil und das Strafmaß direkt vor Ort festzulegen und das Urteil sozusagen instant zu vollstrecken. Judge Dredd ist der beste und auch berüchtigste Vertreter dieser Sondereinheit. Sein Wort ist Gesetz und wer sich mit ihm anlegt, hat prinzipiell schon verloren. Innerhalb der Mega-City gibt es Mega-Blocks. Riesige Wolkenkratz, in denen mehrere hunderttausende Menschen leben. In einem dieser Mega-Blocks wird ein Dreifachmord gemeldet. Dredd übernimmt den Fall. An sich kein Problem für ihn, aber ausgerechnet heute bekommt er noch die junge Anwärterin Anderson vor gesetzt. Dredd muss sie prüfen um fest zu stellen, ob sie für den Dienst als Judge geeignet ist. Dann kommen noch mehr Schwierigkeiten auf die beiden zu. Die Spur führt zu Mama, einer Drogenkönigin, die den gesamten Block unter Kontrolle hat. Sie will nicht zulassen, dass die beiden Gesetzeshüter den Block lebend verlassen.

Der Film baut in den ersten Minuten mit waghalsiger Geschwindigkeit ein absolut faszinierendes Setting auf. Mega-City-One sieht absolut super aus. Die schiere Weite dieses Molochs nimmt einem den Atem. Im Gegensatz zur Verfilmung aus den 90ern bleibt hier alles in einem halbwegs realistischen Rahmen. Hier gibt es keine funkelnden Wolkenkratzer und keine fliegenden Autos. Der ganze Look ist dreckig und verbraucht. Außerdem zeigt der Film, dass Mega-City-One in einem Wüstengebiet liegt. Konsequenterweise scheint die Sonne also sehr intensiv und alles wirkt überbelichtet. Kaum, dass man sich an den Look gewöhnt hat, verlagert der Film die Handlung ins innere des Super-Wolkenkratzers. Ein mutiger Schritt, der aber seine Wirkung nicht verfehlt. Der Kontrast zwischen der unfassbaren Weite der Stadt zur klaustrophobischen Enge der Treppenschächte und Korridore schraubt die Spannungskurve enorm nach oben. Die Story nimmt entsprechend schlichte Züge an. Die Judges wollen Mama erwischen. Mama will die Judges erwischen. Ganz banal!
Ohne völlig verquere Story-Kapriolen – auf die die Verfilmung mit Stallone so gar nicht verzichten wollte – kann man sich voll und ganz dem Bilderrausch hingeben. Und der ist wirklich spektakulär.
„Dredd“ nutzt einen Effekt, der gleichermaßen simpel, wie auch wirkungsvoll funktioniert. Mit Highspeed-Kameras werden Zeitlupeneffekte erzielt, die regelmäßig das Tempo aus den Actionszenen nehmen, ohne aber die Dynamik dieser Sequenzen zu zerstören. Konsequenterweise fällt auch die Gewaltdarstellung in diesen Szenen entsprechend detailliert aus. Von schmelzenden und platzenden Köpfen über abgetrennte Körperteile sieht man alles, was die Palette so her gibt.
Am schönsten ist, dass dieser Slo-Mo-Effekt sogar noch sinnvoll in die Geschichte eingebettet ist. Zentrales Element ist nämlich eine Droge, die die Wahrnehmung des Konsumenten extrem erhöht und dafür sorgt, dass dieser alles super langsam erlebt. Passenderweise heißt diese Droge „SloMo“.
Das große Manko von „Dredd“ kann man dem Film selbst nicht einmal vorwerfen. Erst vor kurzem gab es einen indonesischen Film, der einige frappierende Ähnlichkeiten zu „Dredd“ aufwies. In „The Raid“ wird eine ähnliche Story erzählt, ein ähnlicher Stil gefahren und auf ähnliche Weise ein überbordendes Actionfeuerwerk vom Stapel gelassen. „Dredd“ musste sich also zwangsläufig die nicht unberechtigten Vergleiche mit „The Raid“ gefallen lassen.
Mir persönlich kommt „Dredd“ aber wesentlich runder vor. Das Gesamtbild ist stimmiger und handwerklich ist der düstere Richter mit enormen Gewaltbewältigungsproblemen wesentlich überzeugender dargestellt. Zum Abschluss sei noch der indie-angehauchte, enorm eingängige und frenetische Soundtrack von Paul Leonard-Morgan erwähnt, der dem ganzen Bild noch den letzten Schliff verpasst.

„Dredd“ war irgendwie gut. Anders, als erwartet, aber auch besser, als befürchtet. Mittlerweile habe ich den Film drei mal gesehen und von mal zu mal gefällt mir das Teil besser. Wenn man sich nach Genuss übrigens dann doch mal die Version von 1995 ansieht, ist ein Kulturschock garantiert. Dadurch bekommt dieser – durchaus ernst gemeinte – Actionklassiker eine enorm unterhaltsame Note. Erstaunlich, wie sehr sich unser Bild von der Zukunft in so wenigen Jahren so sehr verändern konnte.

Dredd (USA, 2012): R.: Pete Travis; D.: Karl Urban, Olivia Thrilby, Lena Headey, u.a.; M.: Paul Leonard-Morgan; offizielle Homepage

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14:00 bis 15:00 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Mittwoch, 22. Mai 2013

FlimmerCASTen # 3 - Filme mit Leo

Und da ist Nummer 3! Ist er der Schwiegermuttertraum für alle Ewigkeiten, oder der am meisten unterschätzte Schauspieler, den es je gab? Antonia und ich haben über Leonardo Di Caprio gequatscht - und zwar ganz schön lang.

Aus technischen Gründen ist dieese Ausgabe des FlimmerCASTen nicht mehr direkt hier zu hören. Wenn ihr den Talk über Leonardo Di Caprio hören wollt, klickt einfach HIER.

Was haltet ihr von Leonardo Di Caprio? Schreibt uns in die Comments. Wir lechzen obendrein nach Feedback!

Das Wochenende

Die Geschichte über die RAF und die Ereignisse in den 70er Jahren in Westdeutschland liefern eine ungeahnte Faszination. Der Terrorismus aus den eigenen Reihen hat für viele Menschen eine gewisse Anziehungskraft ausgeübt. Es gab zehntausende Sympathisanten und ganz offensichtlich waren Rebellen sexy. Es gibt T-Shirts, Aufkleber, Baader-Meinhof-Fanclubs und unzählige Abhandlungen in Buch- und Filmform. Die Aufarbeitung der reinen Fakten ist beispiellos und wahrscheinlich kennt jeder die Bilder von zerschossenen Limousinen und dem umgefallenen Kinderwagen, ebenso wie Aufnahmen der entführten Lufthansa-Maschine „Landshut“.
Irgendwie ist die RAF zum Pop geworden. Die wichtigen Fragen nach den Menschen hinter den Anschlägen werden zwar hin und wieder gestellt, aber selten befriedigend beantwortet. Der neue Film von Nina Grosse „Das Wochenende“ verspricht nun Antworten zu liefern auf genau diese Fragen.

Jens kommt früher, als erwartet aus dem Gefängnis frei. Er war ein aktives Mitglied einer RAF-Zelle und wurde geschnappt. Seine Schwester Tina lädt ein paar alte Freunde ein, um Jens Entlassung zu feiern. Das Wiedersehen mit jenen Freunden bringt allerdings viele der Erinnerungen wieder an die Oberfläche. Vor allem, als Jens Inga wieder sieht, hat er schwer zu kämpfen. Ihr geht es da allerdings nicht besser, denn seit Jahren hadert sie mit der Entscheidung, die sie getroffen hat, während Jens im Gefängnis saß. Sie hat sich entscheiden, ein neues Leben mit eienm neuen Mann zu beginnen.


Bei dem Wiedersehen eskaliert die Situation regelmäßig und es werden immer wieder alte Wunden aufgerissen – nicht zu Letzt bei der Frage, wer Jens damals an die Polizei verraten hatte. Die Situation gerät außer Kontrolle, als Ingas Sohn Gregor auftaucht, der von den vergangenen Ereignissen am schwersten getroffen zu sein scheint.

Man erwartet ein packendes Psychogramm über einen Terroristen. Ein Kammerspiel, dass die Nerven bis zum Zerreißen anspannt. Die schlichte Bildsprache, die Melancholische Musik und die blassen Farben suggerieren den Eindruck, dass hier eine ausgewachsene Tragödie ihren Lauf nimmt. Der Film zeigt relativ früh eine Waffe und wir wissen nur zu gut, dass so etwas nie ohne Bedeutung sein kann. Oder?
Jedenfalls hat man ganz bestimmte Erwartungen, die der Film dann nicht erfüllt. Das erste Zusammentreffen der alten Freunde ist denkbar unspektakulär. Neben ausgefallenen Tortenrezepten und Ausbesserungsarbeiten am Haus geht es am Tisch dann endlich auch mal um den Terrorismus. Diese Debatte ist dermaßen aufgesetzt und wirkt so hölzern, als hätte Nina Grosse das nur der Form halber mit eingeschoben, sich aber dann viel lieber auf das Drama hinter den Menschen konzentriert. Aber auch das verfehlt sie. In letzter Konsequenz geht es gar nicht mehr um den Terroristen Jens, sondern um Katja Riemann, die sich auf einem überkanditelten Selbstfindungstrip befindet, der aber für das Publikum sehr schwer nach zu vollziehen ist. Hauptsache ihre Haare wehen im Wind, wenn sie mal wieder die Konfrontation meidet und in den Wald läuft, um hier unruhig zwischen den Baumstämmen umher zu irren. Von solchen Szenen hat „Das Wochenende“ eine Menge zu bieten.
Hier! Baumspitzen, die sich im Wind wiegen und dazu ertönt melancholische Klaviermusik. Oder hier! Eine Autofahrt durch eine trübe Landschaft. Dazu Baumspitzen im Wind und melancholische Klaviermusik.
Rosamunde Pilcher wäre stolz.
Trotz der offensichtlichen Unfähigkeit Nina Grosses, dieses Thema tiefgründig und überzeugend zu stemmen, hat der Film den ein oder anderen netten Moment. Jens bekommt ein T-Shirt geschenkt, auf dem die alten RAF-Fahndungsfotos gedruckt sind mit dem Satz „Du bist Pop“. Das trifft den Nagel auf den Kopf und hätte sofort weiter geführt werden müssen. Wie geht es ihm damit, wenn er gerade 18 Jahre im Knast war? Moment 18 Jahre? Der Film spielt irgendwie in der Gegenwart. Also jetzt. Dann würde das bedeuten, Jens wurde 1995 verhaftet. War er tatsächlich so lange auf der Flucht, oder will uns der Film weiß machen, es hätte zu dieser Zeit noch aktive RAF-Zellen gegeben? Oder nimmt es Grosse mit der historischen Genauigkeit einfach nicht so ernst? Der Fairness halber sei hier erwähnt, dass sich die letzten RAF-Zellen tatsächlich erst 1998 offiziell aufgelöst haben. Die Zeit ernsthafter Aktionen war da allerdings schon lange vorbei.
Robert Gwisdeck ist übrigens trotz des schlechten Drehbuchs absolut großartig. Der Mann macht einem Angst, und braucht allein deshalb dringend eine Hauptrolle.
„Das Wochenende“ ist leider nur eine große Seifenoper. Das eigentliche Thema - was für ein Mensch steht hinter der Waffe - wird nur schnell und oberflächlich abgehandelt, damit sich der Film anschließend in den dunklen, traurigen Augen Katja Riemanns verlieren kann. Es gibt die Möglichkeit, sich angemessen mit diesem Thema auseinander zu setzen, die lässt „Das Wochenende“ aber links liegen und nutzt sie einfach nicht.

Das Wochenende (D, 2012): R.: Nina Grosse; D.: Katja Riemann, Sebastian Koch, Robert Gwisdeck, u.a.; M.: Stefan Will; Offizielle Homepage

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14:00 bis 15:00 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Mittwoch, 15. Mai 2013

FlimmerCASTen #2 - Dämonen. Klingonen und die Zigarette danach

Herzlich Willkommen zur zweiten Ausgabe des FlimmerCASTen mit Antonia und mir (Jan). Diesmal wird tatsächlich nicht viel mehr, als ein Satz über Star Trek verloren, dafür um so mehr über "Evil Dead", dessen Neuauflage am 16. Mai startet. Diesmal haben wir vom gemütlichen Zu Hause ge-podcastet...Ging gut...
Viel Spaß. Wir freuen uns auf eure Kommentare.


Sonntag, 12. Mai 2013

Star Trek Into Darkness

Anm. des Sternenflotten-Oberkommandos: Aus Sicherheitsgründen wird hier lediglich eine bearbeitete Fassung des STID-Berichts veröffentlicht. Geheime Informationen wurden aus dem Text entfernt.


Nach einer schier unendlich langen Wartezeit, die sich vor allem in den letzten Tagen und Stunden ganz besonders gedehnt zu haben schien, ist es in dieser Woche endlich soweit gewesen. Es startete ein Film, deer schon lange vor Erscheinen einige Superlative gebrochen hat. Es ist das meisterwartete Sequel in diesem Kinojahr, dürfte wohl auch der kommerziell erfolgreichste Film des Jahres werden, ist aber gleichzeitig auch der teuerste Ableger dieser Reihe und das Wichtigste: Kein Mensch wusste bis zum Start, worum es gehen soll. Das Konzept funktioniert sogar noch besser; jetzt – nachdem der Film auch bei uns angelaufen ist – halten alle die Klappe, die ihn bereits gesehen haben. Und nach wie vor gibt es nur äußerst spärliche Informationen zur Handlung. Deshalb wird diese heutige Rezension auch zu einer kleinen Herausforderung für mich. Es geht um „Star Trek Into Darkness“

Ein paar Worte zur Handlung: SPOILER! Oha! Da ist er schon, der gefürchtete Spoiler-Alarm. Ich werde einfach mal versuchen, das zu umschreiben, ohne, zu spoilern, okay?
Also: Captain Krik und Mr. Spock sind auf einer Außenmission. Sie befinden sich auf einem kleinen Planeten, dessen Zivilisation noch in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung ist. Sie kennen keine Technologie, geschweige denn interstellare Raumschiffe mit Warp-Antrieb. Die Crew der Enterprise muss das Volk allerdings retten, denn in der Nähe der Siedlung ist ein SPOILER!...
Okay, okay! Also: Das Dorf der Eingeborenen wird durch...etwas sehr Großes bedroht. Um sie zu retten, hat Spock einen tollkühnen Plan ausgeheckt. Wenn alles gut geht, werden also der Stamm gerettet und die oberste Direktive wird nicht gebrochen. Natürlich geht alles schief und vor allem, als Spock in Mitten des SPOILER!...
Hm! Überspringen wir diesen Teil einfach. Kirk und Spock landen jedenfalls im Büro von Admiral Pike, der die beiden ordentlich zusammen staucht und Kirk das Kommando über die Enterprise entzieht. Der Zeitpunkt könnte nicht ungünstiger sein, denn in diesem Moment verübt ein unbekannter Terrorist einen Anschlag in London, bei dem viele unschuldige Menschen sterben. Bevor das Oberkommando reagieren kann, tritt der Unbekannte wieder auf den Plan und etwas unfassbares geschieht. Nämlich SPOILER!
Wie auch immer: Kirk erhält den Auftrag, den Verbrecher zu jagen. Der ist nämlich nach SPOILER!...also zu einem Planeten geflohen, der uns allen nicht unbekannt sein dürfte, um sich dort zu verstecken. Es folgt eine denkwürdige Konfrontation mit SPOILER!...Leute! So macht das keinen Spaß!
Der Terrorist wird jedenfalls irgendwie gefasst, auf diesem Planeten, der nicht genannt werden darf voller nicht vorhandener Gefahren.
Kirk merkt jedoch schnell, dass den Mann ein Geheimnis umgibt. Denn sein Name ist SPOILER!

Bitte! Lassen wir das mit der Story sein und gehen direkt weiter. Star Trek ist einfach mal der Traum meiner schlaflosen Sci-Fi-Nächte und auch, wenn ich das oft ganz gut verbergen kann, mutiert der Fanboy in mir zu Klingonen-Größe, wenn wieder ein neuer Kinofilm ansteht. Ich habe mich unglaublich auf diesen Film gefreut, denn der Vorgänger von 2009 war absolut großartig und hat es tatsächlich geschafft, das angestaubte Franchise auf zu peppen, ohne dass der eigentliche Kern verloren ging. Das war der große Pluspunkt dieses Films und der wird – den Gesetzen einer Fortsetzung entsprechend – natürlich weiter geführt. Alles ist noch etwas knalliger, schneller und sieht hübscher aus. Die Figuren werden weiter ausgebaut – Spock erfährt echte Emotionen – und das Universum, welches ja so unfassbar groß unendlich ist, erhält eine noch breitere Dimension. Der Widerpart, der im Vorgänger noch etwas substanzlos war, wird hier solide konstruiert und gespielt von einem ganz schön coolen Benedict Cumberbatch. Es gibt Action, Humor, tragische Einschnitte und es gibt Leonard Nimoy. Alles in allem also genau das, was ich erwartet habe.
Eines jedoch gibt es, was mir im Vergleich zum Vorgänger gefehlt hat. Es fehlt der Mut, wirklich etwas Neues zu machen, obwohl man mit der Story von 2009 doch eben diesen Mut bewiesen hat. Durch das Zeitreiseelement wurde nämlich die gesamte Star Trek-Continuity einfach weg gefegt, und alles hätte neu erzählt werden können. Hier nun passiert das, was ich bereits vermutet habe. Auch, wenn alles neu und anders ist, geschehen wichtige Ereignisse, die man aus den alten Serien und Filmen kennt, irgendwie doch. Das bringt eine Vorhersehbarkeit in die ganze Geschichte, die irgendwie einen Rückschritt bedeutet. Stellenweise wirkt „Star Trek Into Darkness“ nicht wie eine neue Geschichte, sondern wie ein Remake. Und zwar, wie das Remake eines ganz bestimmten Star Trek-Films. Und der heißt SPOILER!
...War ja klar!

„Star Trek Into Darkness“ ist trotzdem super. Es ist wunderschön, mit der Crew in die Weiten des Alls zu reisen. Man fiebert gespannt mit und lässt sich mitreißen. Es funktioniert wunderbar als Actionfilm und als Star Trek-Film. Die vorbehaltlose Begeisterung des Vorgängers will aber nicht so recht aufkommen. Sollte es zu einem dritten Teil kommen, muss wieder etwas Neues her. Los Leute! Traut euch! Ihr habt alle Möglichkeiten! Ihr dürft alles machen! Man hat doch gemerkt, dass es funktioniert. Was übrigens wirklich neu ist, ist der 3D-Effekt und auf den hätte ich verzichten können. Diese bekloppten Brillen drücken einfach zu sehr!

Star Trek Into Darkness (USA, 2013): R.: J.J. Abrams; D.: Chris Pine, Zachary Quinto, Benedict Cumberbatch, u.a.; M.: Michael Giacchino; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14:00 bis 15:00 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 10. Mai 2013

Iron Man 3

Ich hab früher gerne Comics gelesen. Mit einer vor Stolz, nicht wenig angeschwollenen Brust darf ich behaupten, meine Sammlung kann sich sehen lassen. Es befinden sich einige echte Schätze im Regal, nach denen sich manch ein Comicfan noch heute die Finger lecken dürfte. Ich sag nur „Batman“ #497 oder die legendäre #426. Der Kenner hat es gemerkt,: Mein Steckpferd war Batman. Und das führt unweigerlich zum großen Glaubenskrieg mit den Fans von Spider-Man. Was ist besser? Marvel oder DC? Eine gewaltige Frage kosmischen Ausmaßes. Damals wie heute, bin ich außer Stande, sie zu beantworten. Was sich damals in Comicform abgespielt hat, wurde in den letzten Jahren einfach auf die Kinoleinwände transportiert. Vor allem 2013 dürfte der ewige Kampf zwischen Marvel und DC enorm spannend werden. Es kommt Zack Snyders „Man Of Steel“ und kurz vorher – sozusagen auf den letzten Drücker - hat Marvel seine „Phase 2“ gestartet, die mit dem erneuten Aufeinandertreffen der „Avengers“ gipfeln wird. Den Auftakt der neuen Storyline übernimmt – wie schon damals – „Iron Man“ mit seinem dritten Kinofilm. Ob dieser Film mit der schweren Bürde eines dritten Teils zurecht kommt, oder ob er nur noch zum Futter für die Geldmaschine verkommt?

Seit dem letzten Teil ist ganz schön viel passiert. Nachdem Iron-Man den Kampf gegen Ivan Vanko mit Mühe und Not und vor allem mit Hilfe seines Kumpels Warmachine gemeistert hat, begann der ganze Avengers-Ärger. Loki kam nach New York und brachte eine Bande, wütender Außerirdischer mit. Zusammen mit Thor, Captain America, Hulk und einigen schlagkräftigen SHIELD-Agenten konnte Iron-Man die Invasion zurückschlagen. Die Ereignisse sind nicht spurlos an dem Mann hinter der Maske vorüber gegangen. Seit seinem Beinahe-Exitus ist er ruhelos und kann nicht schlafen. Die Zeit verbringt er lieber damit, um weitere Anzüge zu bauen und sich um seine liebste Pepper zu sorgen. Eines Tages tritt ein Terrorist namens Mandarin auf den Plan. Seine Spezialität sind Bombenattentate, mit Vorliebe auf zivile Ziele, also öffentliche Plätze und auch vor Schulen scheint der skrupellose Gangster keinen Halt zu machen. Allerdings gibt es keine konkrete Forderungen. Er will nur, dass es alle immer mitkriegen. Außerdem weiß kein Mensch, wie er es immer wieder schafft, die Bomben zu platzieren. Tony hat irgendwann genug und verkündet im Fernsehen, dass der Mandarin doch einfach vorbei kommen soll und sie würden das wie echte Männer klären. Der Terrorist lässt sich das nicht zweimal sagen und kommt vorbei. Allerdings hat er ein Geschwader Kampfhubschrauber dabei und macht Tonys Anwesen und Versteck dem Erdboden gleich. Tony muss offenbar mit einem ausgeklügelten Plan anrücken, um den Verbrecher zu fassen.

Ich habe absichtlich einige wichtige Story-Details weg gelassen. Diejenigen, die den Film noch sehen wollen, werden es mir danken und alle, die den Film schon kennen, werden es hoffentlich verstehen. Der dritte „Iron Man“ hat nämlich einen großen Vorteil gegenüber dem Vorgänger. Er wartet mit einer vergleichsweise gut konstruierten Story auf, die einige gut platzierte Wendungen parat hält. So wird mit den Konventionen des Superhelden – und vor allem dessen Gegners - gespielt und der Zuschauer wird immer mal auf die falsche Fährte geführt. Schön ist auch, dass sich die Story relativ weit weg von der ganzen Avengers-Kiste bewegt und trotz der immer komplexer werdenden Continuity im Marvel-Film-Universum, relativ autark da stehen kann. Soll heißen, man muss weder einen der früheren Iron-Man-Filme gesehen haben, noch sämtliche Avengers-Spin-Offs, geschweige denn, den Avengers-Film selbst, um die Handlung hier zu verstehen. Das ist wohl auch die größte Stärke von „Iron-Man 3“. Der Film funktioniert auch, ohne sich Schützenhilfe bei anderen Filmen holen zu müssen. Abgesehen davon hat man versucht, Tony Stark mehr Persönlichkeit und Tiefe zu verleihen. Dabei ist aber die Eindimensionalität dieser Figur nicht verschwunden. Zweifel, Angst und Panikattacken koexistieren also neben den lockeren Sprüchen, dem ausgeprägten Narzissmus und den sexistischen Ausrutschern, die Tony Stark eigentlich zu einer überzeugenden Figur werden ließen. Das Menscheln wirkt aufgesetzt und irgendwie krampfig. Gott sei Dank stört es nicht weiter, denn der Hauptteil des Films lässt es ordentlich krachen. Was die Spezialeffekte angeht, ist hier ein guter Mix aus brachialer CGI-Orgie und einigen handgemachten Kampfeinlagen gelungen. Wirklich die Spucke weg bleibt einem zwar nicht mehr – dafür hat man diese Art Action zu oft in anderen Filmen gesehen – aber das ganze Getöse wirkt ausgeglichen und dem Setting angemessen.
Schließlich gibt es noch ein paar nette kleine Witzchen mit Jarvis, dem Supercomputer, der neuerdings unter Wortfindungsstörungen zu leiden scheint. Wirklich lustig ist ein Dialog zwischen Tony Stark und Jon Favreau – dem Regisseur der ersten beiden Teile und Darsteller des Leibwächters Happy. Im Gespräch geht es immer wieder um dessen neuen Job, und wie schmerzlich er vermisst würde. Das zeugt von einem hohen Maß an Selbstironie und nimmt unmittelbar die Sparpolitik von Marvel aufs Korn, nach der nämlich lieber ein unbekannter Regisseur eingesetzt wird, bevor der schon etablierte Chef auf die Idee kommen könnte, mehr Gage zu fordern.

Ich mochte „Iron-Man“ schon immer und auch im eher schwächeren zweiten Teil hatte ich großen Spaß. Ich bin einigermaßen froh, dass der dritte Teil nun wieder etwas nach oben geht und die ganze Sache überaus befriedigend und auch sinnvoll zu einem Ende führt. Oder doch nicht? Verflucht, nochmal! Da fällt mir doch in diesem Moment ein, dass ich die Post-Credit-Szene nicht geguckt habe, sondern dämlicherweise sofort aufgestanden und zum Klo gerannt bin. Jetzt muss ich mir das ganze Ding noch einmal ansehen...

Iron Man 3 (USA, 2013): R.: Shane Black; D.: Robert Downey Junior, Gwyneth Paltrow, Ben Kingsley, u.a.; M.: Brian Tyler; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14:00 bis 15:00 Uhr auf Radio Lotte Weimar.