Hört man den Namen Peter Jackson,
denken die meisten wohl als erstes an „Der Herr der Ringe“.
Manche denken vielleicht auch an sein filmisches Frühwerk – den
Splatterbomben „Bad Taste“ und „Braindead“. Die wenigsten
dürften an „The Frighteners“ denken, oder das missglückte „In
meinem Himmel“. Anderen – eher realistisch verankerten – fällt
möglicherweise als erstes Neuseeland ein. Welche Assoziationen man
beim Klang dieses Namens auch haben mag: Ich denke als erstes „Noch
ein Jahr warten!“
Bilbo Beutlin und seine neuen
Zwergenfreunde haben es mit Mühe und Not geschafft und sind den
Wargreitern am Fuße des Nebelgebirges entkommen. Mit Hilfe der
Riesenadler, die Gandalf rufen konnte, wurden sie weit in die Ebene
hinaus geragen und sind ihrem Ziel, dem einsamen Berg ein wenig näher
gekommen. Hier nun geht es weiter gen Norden und das nächste große
Hindernis ist Düsterwald. Dieser Wald ist nicht unendlich groß, es
lauern auch zahlreiche Gefahren im Dickicht. Ohne die Hilfe des
Hautwandlers Beorn, würde die Gruppe nicht weit kommen. Zu allem
Überfluss wird Gandalf noch in den Westen gerufen. Hier rührt sich
ein unbekanntes Grauen, welches es zu erkunden gilt. Ganz hilflos ist
die Gruppe aber nicht. Bilbo hat schließlich den geheimnisvollen
Ring in den Stollen des Gebirges gefunden. Von diesem Ring wissen die
Zwerge allerdings noch gar nichts.
Trotz all der Gefahren, die sie
durchlaufen müssen, wartet die größte Herausforderungen am Ende
des langen Weges. Der Drache Smaug, der seinerzeit die Zwerge aus
ihren Hallen unter dem Berg verjagt hat und seitdem den
sagenumwobenen Schatz hütet. Zwar hat man das Ungetüm seit vielen
Jahren weder gesehen noch gehört, doch kann man sicher sein, dass
sein Schlaf nicht tief sein wird.
Weiter geht das große Abenteuer um den
kleinen Hobbit. Peter Jackson hat sich nicht nur Begeisterung
zugezogen, als er seine Absicht verkündete, auch aus dieser
Tolkienvorlage eine großangelegte Trilogie zu machen. Auch nach
„Eine unerwartete Reise“ waren nicht alle Zweifel beseitigt. Zu
langatmig und zu detailliert waren für viele die Szenen aus dem
eigentlichen Roman; zu losgelöst und gezwungen wirkten die
zusätzlichen Erzählstränge. Nicht wenige hatten das Gefühl, dass
Jackson nur auf Zeit spielte und nichts an seiner Adaption einen
derartigen Umfang rechtfertigen wprde. Wie schon vor zehn Jahren in
der ursprünglichen Herr-der-Ringe-Trilogie, nimmt auch hier im
zweiten Teil, alles konkrete Formen an und lässt erahnen, dass
Jacksons Erzählkonzept auch ein zweites Mal aufgehen wird, wenn die
Trilogie erst einmal komplett ist.
Entgegen den Erwartungen steigert
Jackson zunächst das Tempo. Innerhalb der ersten dreiviertel Stunde
sind zwei prägende Elemente der Haupthandlung abgefrühstückt. Der
Düsterwald fällt angenehm kurz aus, war diese Passage im Buch
besonders zäh, um zu symbolisieren, wie groß dieser Wald wirklich
ist. Die Konfrontation mit den Spinnen ist ebenso dynamisch gelöst.
Der Umstand, dass die Monster sprechen, wurde sehr elegant mit den
Fähigkeiten und Eigenschaften des Ringes verknüpft. Die Begegnung
mit den strengen und manchmal unberechenbaren Waldelben bricht
ebenfalls nicht den Rahmen und überhaupt galoppiert der Film gut die
erste Hälfte regelrecht durch die Story. Parallel erfährt man, was
Gandalf eigentlich treibt, nachdem er die Gruppe am Waldrand sich
selbst überlässt. Dadurch sind die zusätzlichen Handlungsstränge
sinnvoll in die Haupthandlung eingeflochten. Auch die neuen
Charaktere Tanriel und Legolas wirken – trotz ihrer etwas zu
bemühten aufkeimenden Liebesbeziehung – sehr überzeugend.
Und dann ändert sich der Stil des
Filmes und den großen Rest der Laufzeit widmet Jackson voll und ganz
Smaug, dem Großen. Smaug ist ein Ungeheuer unglaublichen Ausmaßes.
Aber er ist kein stumpfes Monster. Smaug ist hochintelligent und
bösartig und Smaug spricht. Im Original vernimmt man die tiefe und
donnernde Stimme Benedict Cumberbatchs; hierzulande lauscht man der
nicht minder donnernden Stimme seines Synchronsprechers Sascha
Rotermund. Der vielschichtige Dialog zwischen Bilbo und Smaug, in dem
beide jeweils den anderen auszuspielen versuchen und Schritt für
Schritt ihre Trümpfe legen und bis zum Ende nicht sicher sein
können, ob der andere nicht schön längst gewonnen hat, war im Buch
immer meine Lieblingsszene. Ähnlich, wie im Rätselspiel mit Gollum
im ersten Teil, geht es hier um Worte, die benutzt werden können,
mit denen aber ungleich mehr gesagt werden kann. Dabei spielen
körperliche Unterschiede der Kontrhenten für eine gewisse Zeit
keine Rolle. Jackson kann in dieser Szene allerdings nicht ganz an
sich halten. Zu stolz scheint er auf die Leistung der Tricktechniker
zu sein, die einen wahrlich beeindruckenden Drachen auf die Leinwand
zaubern. Zu kurz kommt der psychologische Aspekt und zu schnell geht
die brachiale Action los. Dafür gelingt es Jackson einmal mehr, die
Dynamik des Buches zu ändern und einen stimmigen und
nachvollziehbaren Punkt für das Ende des zweiten Teils zu finden.
So, wie Jackson es verwebt, kann man die Geschichte nur so erzählen
und nicht anders und nun ist auch völlig klar, warum es drei Filme
braucht.
Wie schon in der ersten Trilogie, bin
ich auch diesmal vom zweiten Teil nahezu restlos begeistert. Der Flow
stimmt, die Charaktere entwickeln sich sinnvoll weiter, die Bilder
und das ganze kleine und detailverliebte Zeugs sind einmal mehr
atemberaubend und der Drache sieht wirklich unfassbar gut aus. Peter
Jackson hat die Kurve gekriegt und einen durchweg spannenden
Abenteuerfilm geschaffen, selbst für jene, die das Buch in und
auswendig kennen.
„Smaugs Einöde“ ist obendrein
düsterer und lässt seelische Abgründe im Geist all unserer
strahlenden Helden erahnen, die sich im finalen Teil „Hin und
wieder zurück“ wohl vollends zu ihren dramatischen und auch
tragischen Ausmaßen entfalten werden. Alles gut, also in Mittelerde.
Wäre da nicht schon wieder diese elende Wartezeit . Noch einmal ein
Jahr warten.
The Hobbit – The Desolation of Smaug
(USA, NZL, 2013): R.: Peter Jackson; D.: Martin Freeman, Ian
McKellen, Benedict Cumberbatch, u.a.; M.: Howard Shore; Offizielle
Homepage
Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr
auf Radio Lotte Weimar.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen