Jim
Jarmusch ist mit Sicherheit einer der interessantesten Regisseure der
letzten 30 Jahre. Seine Filme sind stets etwas merkwürdig und sehen
prinzipiell immer anders aus. Die Geschichten, die in seinen Filmen
erzählt werden, gehen oft eher banalere, erste Schritte und
entwickeln sich im weiteren Verlauf zu echten Dramen. „Dead Man“
beispielsweise beginnt als klassischer Western mit eiem grünen
Stadtfrüchtchen, welches in der harten und rauen Umgebung des frisch
besiedelten Landes kaum zurecht zu kommen vermag. Plötzlich gerät
er in eine Mordserie und wird zum meist gesuchten Verbrecher der
Stadt. Tragisch, denn eigentlich will er das alles gar nicht. Alles
ist in rauem schwarz-weiß gehalten und Neill Young steuert einen
düsteren, quälend monotonen, aber überaus passenden Soundtrack
bei. Diese Mischung macht Jim Jarmusch schlicht unvergesslich. Bei
anderen ist es stattdessen „Ghost Dog“, der sich ins Gedächtnis
eingebrannt hat und wieder andere können „Broken Flower“ einfach
nicht vergessen. Sein eigenwilliger Stil lässt Jarmush immer wieder
ganz besondere und einmalige Filmerlebnisse auf die Leinwand zaubern.
Nun ist er wieder da und erzählt ausgeredchnet die Geschichte zweier
Vampire.
Sein
Name ist Adam und er lebt in einer heruntergekommenen Villa in
Detroit. Ihr Name ist Eve und sie lebt am anderen Ende der Welt in
Tanger. Während Adam das exzentrische Leben eines eigenwilligen
Rockstars zelebriert und deshalb den anderen Menschen kaum auffällt,
gerät er zunehmend in depressive Stimmung. Der Grund dafür ist
nicht nur die Tatsache, dass er von seiner geliebten Ehefrau Eve
getrennt leben muss, sondern auch, mit an zu sehen, wie die Menschen
ihre Welt zunehmend und sinnlos zerstören. Eve entschließt sich,
nach Detroit zu reisen und ihrem Geliebten den Lebensmut erneut ein
zu hauchen. Das funktioniert zunächst auch noch ganz gut, bis
plötzlich Eves verhasste Schwester Ava auftaucht. Verhasst ist sie
deshalb, weil sie mit ihrer ungestümen Art stets überall nur Chaos
hinterlässt.
Eins
ist sicher klar: Mit den glitzernden Schönwetter-Vampiren, die
derzeit crossmedial Mädchenherzen höher schlagen lassen, haben
diese Blutsauger nichts zu tun. Allerdings sind sie auch nicht mehr
die gefürchteten Monster, die man von anderen Stellen kennt. Eve und
Adam sind zivilisierte Vampire. Im 21. Jahrhundert werden keine
Menschen mehr gebissen – oder eben getrunken. Man besorgt sich den
roten Lebenssaft aus Krankenhäusern oder anderen Quellen. Die beiden
Vampire hätten aber nicht so lange leben können, wenn sie
tatsächlich nur auf ziviliserte Mittel und Wege angewiesen wären.
Ebenso konsequent, wie sie in Ruhe und Frieden leben wollen, sind sie
sofort bereit, alles aufzugeben, nur um zu überleben. Trotzdem
wirken die Vampire relativ normal. Interessant ist, dass sich ihre
Tarnungen total super in unserer heutiges Gesellschaftsbild einfügen.
Während es heutzutage fast normal ist, dass sich irgendein
verrückter Musiker in einer einsamen Villa verschanzt und nur nachts
vor die Tür geht, hätte Adam damit vor 500 Jahren bestimmt
Schwierigkeiten bekommen. So entsteht ein total überzeugendes Bild,
aus einer völlig absurden Situation. An anderer Stelle wirkt der
Film leider nicht ganz so überzeugend. Die Story ist dermaßen banal
und lohnt kaum der Erzählung. Die Andeutungen, die immer mal wieder
über die Zukunft der Menschheit gemacht werden, wirken zu aufgesetzt
und nicht durchdacht. Während Tom Hiddelstons reduziertes, fast
schon lustloses Spiel noch ganz gut passt, ist Tilda Swintons
schwebendes und pathetisches Schmachten eher nervig. Potential wird
auch mit Mia Wasikowska verschenkt. Das Vampir-Pendant zur nervigen
und aufgedrehten kleinen Schwester, hätte man sicher besser
hinbekommen. Großer Pluspunkt ist die Atmosphäre, die der Film mit
einfachsten Mitteln aufzubauen versteht. Einen Großteil erledigt hier
die Musik, die manchmal getragen von arabisch angehauchten
Instrumenten und manchmal von trägen Post-Rock-Klängen zerstampft,
immer perfekt zu passen scheint. Meinetwegen hätte man im Film auch
nur die düsteren Ruinen eines verlassenen Industriegebietes zeigen
können, wenn dazu diese inentsive Musik zu hören gewesen wäre. So
toll und passend die Atmosphäre sein mag, wird deren Potenatial
ebenfalls nicht vollständig genutzt.
Wer
den nächsten Geniestreich eines eigenwilligen, aber total
interessanten Regisseurs erwartet hat, ist vielleicht enttäuscht.
Der Film ist nicht halb so groß, wie es die Werbekampagne oder der
Trailer erwarten lässt. Die Botschaft kristallisiert sich sher
schnell heraus und eine tiefere Bedeutung fehlt. Dennoch ist es gut,
zu wissen, dass fernab vom Blockbusterzirkus, der jedes Jahr
spektakulärer veranstaltet wird, ein Jim Jarmusch sitzt, auf seinen
seltenen gesammelten Gitarren zupft und einfach das in einen Film
packt, worauf er Lust hat. Gut, dass es Jim Jarmusch gibt.
Only
Lovers left Alive (USA, 2013): R.: Jim Jarmusch; D.: Tom hiddelston,
Tilda Swinton, Mia Wasikowska, John Hurt, u.a.; Offizielle Homepage
In
Weimar: Lichthaus
Kineast
im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.
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