Donnerstag, 9. Dezember 2010

Ich sehe den Mann deiner Träume

Same Procedure as every Year, Woody!
Verdammt! Jetzt habe ich den letzten Satz am Anfang geschrieben und damit im Grunde alles vorweg genommen, worum es auf den nächsten 5 Seiten gehen sollte.
Woody Allen hat entsprechend aller Erwartungen auch in diesem Jahr einen neuen Film gemacht. Mit einer absoluten Traumbesetzung schildert er mal wieder die vewirrenden Komplikationen zwischen Pärchen jeden Alters.
In diesem Jahr nennt er es "Ich sehe den Mann deiner Träume"

Natürlich gibt es wieder massenhaft Figuren, die irgendwie in irgendeiner Beziehung zueinander stehen. Ich versuche mal, dass Ganze auseinander zu klamüsern:
Alfie ist so ungefähr 70 Jahre alt und hat gerade seine Frau nach jahrelanger Ehe verlassen. Er will nochmal von vorne anfangen, hat sich ein schmuckes Appartement gekauft, isst nur noch Gemüse und joggt. Seine Ex-Frau Helena ist dem nervlichen Ende nahe und besucht die Wahrsagerin Cristal. Die erzählt ihr lauter tolle positive Sachen über Helenas Familie. Ihre Tochter Sally ist mit dem gescheiterten Schriftsteller Roy verheiratet. Roy hat einen halbwegs erfolgreichen Roman geschrieben und dümpelt seitdem herum, ist desillusioniert und bringt vor allem kein Geld nach Hause. Sally muss also nebenbei arbeiten, um die Rechnungen halbwegs bezahlen zu können. Sie fängt in einer neuen Galerie als Asistentin an und verliebt sich prompt in ihren Boss Greg. Roy zuliebe geht sie diesen Neigungen allerdings nicht nach, vor allem, nachdem sie erfährt, dass Greg mit ihrer besten Freundin Kelly eine Affäre hat.
Roy hat sich mittlerweile allerdings in die hübsche Nachbarin Dia verliebt, die aber eigentlich verlobt ist und demnächst heiraten will. Während sich also dieses Drama anbahnt, verkündet Alfie, dass er eine neue Frau kennen gelernt hat, und sie zu heiraten beabsichtigt. Charmaine ist halb so alt, wie Alfie und kommt aus einer Branche, die einem gesetzten Mann in seinem Alter eigentlich eher unangemessen ist.
Auch dieses Drama nimmt seinen Lauf und kann eigentlich nicht gut enden.

Ach je, ach je...Was soll ich bloß sagen. Angesichts dieser eineinhalb Stunden voller Langeweile und Belanglosikeiten fehlen mir schlicht die Worte. Es ist eine überflüssige Geschichte ohne jede Botschaft und Essenz. Diesmal können auch diese ganzen tollen Schauspieler, wie Anthony Hopkins, Antonio Banderas, Josh Brolin, Naomi Watts und vielen anderen, darüber nicht hinweg täuschen. Im Grunde ein völlig bedutungsloser Film, wäre da nicht dieser alte Mann mit der Brille.
Woody Allen ist ein absolutes Original, der in seiner Kariere nicht weniger als 40 Filme gemacht hat. Im Laufe der Jahre sind seine Filme zum Kult avanciert und es gilt als die größte Ehre, als Schauspieler mitspielen zu dürfen.
Woody Allen hat sich eine riesige Menge von Fans und Bewunderern um sich gescharrt, die übrigens grade mit Heugabeln und Fackeln unterwegs sind, um mich direkt zu lynchen.
Und das ist im Grunde der Punkt. Woody Allen - Eintweder man liebt ihn, oder man hasst ihn. Entweder man sieht in ihm einen guten Regisseur im klassischen Sinne, der herrlich verstrickte und charmante Dialoge und Geschichten mit Charakteren, aus dem Leben gegriffen schreibt, oder man sieht einen alten Sack, auf einem riesen Haufen Geld thronend und schallend lachend nur einer Frage nach geht: "Wie oft kann ich den selben Film noch verkaufen?"

"Ich sehe den Mann deiner Träume" ist meiner Meinung nach der alljährliche Aufguss eines altmodischen und längst ausgeschöpften Filmkonzepts. Für sehr viele Menschen gibt es bei Woody Allen allerdings keine Diskussion und nichts läge mir ferner, als ihnen den Spaß an Allens neuestem Werk zu nehmen. Also hin und anschauen.

You Will Meet A Tall Dark Stranger (USA, GB, 2010): R.: Woody Allen; D.: Anthony Hopkins, Naomi Watts, Josh Brolin, Freida Pinto, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

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Freitag, 3. Dezember 2010

Banksy - Exit Through The Giftshop


Mein Nachbar weiß viel über mich. Er weiß, wie ich heiße und wenn er nicht blind ist, weiß er sogar, wie ich aussehe und wo ich wohne. Wenn er ein bisschen googelt findet er heraus, dass ich gerne beim Radio rum hänge und ich mich sehr für Filme interessiere. Er könnte auch herausfinden, wer meine Freunde sind, was für Musik ich höre, dass ich kein Vegetarier bin, wann ich Geburtstag habe, dass ich ohne Kaffee unausstehlich sein kann. Das alles sind Dinge, die man ohne Probleme über mich erfahren kann, weil ich diese Informationen selbst in Umlauf setze. Der gläserne Mensch ist nur so gläsern, wie er das selbst will. Wäre ich ein Street-Art-Künstler, der Nacht für Nacht weltweit unterwegs ist, um Wände zu bemalen, würdest Du es wissen?

Kunst ist alt. Kunst ist in Statuen, altehrwürdigen Gemälden und in Musik. Kunst haftet irgendwie immer etwas staubiges an und etwas, das an die Vergangenheit denken lässt. Wir blicken heute zurück und können sagen: „Ja, das war die Klassik und hier...Die Renaissance. Wie schön!“ Wenn man in hundert Jahren zurück blickt, wird man auch irgendeinen spannenden Begriff finden, der die Kunst im Jetzt anders bezeichnet, als Sachbeschädigung oder Vandalismus. Wie auch immer er lauten wird, Street-Art wird sicher eine große Rolle spielen. Das Spannende daran ist nicht nur die Kunst an sich, sondern die das Abenteuer und der Reiz des Illegalen, der da hinter steckt. Wer sind die ominösen Künstler, die unglaublich viele und große Kunstwerke mitten an öffentlichen Straßen und Plätzen verwirklichen. Thierry Guetta ist einer der vielen Menschen, die das gerne wissen wollen. Also macht er sich auf, um einen Film über Street-Art zu drehen. In einer dumm-dreisten aber irgendwie liebenswerten Manier knüpft er Kontakte zu den bekanntesten Künstlern, bis er eines Tages feststellt, dass ihm einer fehlt. Er beschließt, einen Film über Banksy zu machen, interessiert sich immer mehr für die Kunst an sich, beschließt dann, selbst Street-Artist zu werden, eine eigene Ausstellung zu machen, weswegen er keine Zeit mehr für den Film hat. Da Banksy ein netter Kerl ist, übernimmt er den Filmjob und macht stattdessen einen Film über Thierry, der sich nun Mr Brainwash nennt.

Worum geht’s denn nun eigentlich? Banksy ist eine Person, über die man nur weiß, was er will, dass man es weiß. Man kennt seinen richtigen Namen nicht. Man weiß nicht, wie er aussieht, wo er wohnt und was er gerne isst. Das ist auch notwendig, denn seine Kunst gilt allgemein als Vandalismus und Sachbeschädigung, weshalb er mächtig Ärger bekommen würde, würde man ihn erwischen. Banksy ist außerdem selbst eine Kunstfigur. Diese Figur gehört zu seinem Konzept dazu und diese Kunst lebt von dem unbekannten Faktor. Seine Werke werden als echte Kunstgegenstände gehandelt und erzielen bei Auktionen stets Höchstpreise. Hier ist oft auch die Besitzfrage ungeklärt, denn schließlich befinden sich seine Kunstwerke an fremden Häuserwänden. Der Besitzer könnte es entfernen lassen. Oftmals übersteigt der Wert eines Banksy allerdings den Wert der Wand, oder des Hauses selbst.

„Exit Through The Giftshop“ ist ebenfalls ein Kunstwerk. Durchsetzt mit viel Ironie und wenig fundierten oder echten Informationen. Man darf nicht denken, man erfährt tatsächlich mehr über diese ominöse Person. Man erfährt nur etwas über Thierry, der wahrscheinlich auch nicht echt ist. Was man allerdings erfahren kann, ist, wie Street-Art an sich funktioniert. Das Gefühl, welches dahinter steht, wird wahrscheinlich sehr gut vermittelt und steigert die Faszination am Thema. Außerdem lässt sich herrlich über all die pikierten und spießigen Kunstkenner lachen, die sich ein Stück Wand in ihre private Galerie stellen, nur weil darauf eine Cartoon-Ratte mit Tomaten jongliert.

Exit Through The Giftshop (GB, 2010): R.: Banksy; D.: Banksy, Thierry Guetta, Jay Leno, u.a.; M.: Roni Size, u.a.; Offizielle Homepage

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Freitag, 26. November 2010

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 1

Darauf hat die Welt über sieben Jahre gewartet. Das großartige und grandiose Finale einer mitreißenden Geschichte. Millionen Kinder und Jugendliche haben ihn während seiner Abenteuer begleitet. Mit ihm gefiebert, gelacht und zu Letzt auch viel gelitten. Viele kennen das hochdramatische Ende der Geschichte bereits, weil sie die Buchvorlage gelesen haben. Für alle anderen gibt es jetzt endlich die Verfilmung des selbigen. Getreu dem Motto, die Torte müsse den Motor am Laufen halten, wird dieses Finale auch noch in zwei Teile verhackstückt. Worum geht’s überhaupt? Ach ja! „Harry Potter und die Heililgtümer des Todes“ Teil 1, oder auch in der flippigen Abkürzung „HP7“

Ohne, den Spoiler auszupacken, kann man eigentlich kaum was über den Inhalt des Filmes sagen, denn, wie ich das beim letzten Mal schon festgestellt habe, gibt es auch heute noch Menschen, die von Harry Potter vollkommen unberührt sind. Nach dem hochdramatischen Ende des vorigen Teils geht es düster weiter. Harry und seine Freunde leben verdeckt und sind mehr oder weniger ununterbrochen auf der Flucht vor den Totessern, jenen finsteren Gehilfen des Dunklen Lords Voldemort. Während Voldemort also das ganze Land nach seinem Erzfeind durchsucht, macht sich Harry weiter auf die Suche nach den verbliebenden Horkruxen, jenen Artefakten, in die Voldemort Teile seiner Seele gelegt hat. Wenn alle Horkruxe zerstört sind, kann auch Voldemort nicht mehr leben. Einfach wird das nicht, denn das Böse ist beinahe überall und man kann sich kaum noch bewegen, ohne entdeckt zu werden.

Für den letzten Teil hatte ich mir erhofft, dass es noch einmal so richtig kracht. Drama, Action, Awesome Soundtrack, Fantastic Images! Stattdessen lässt Regisseur David Yates nichts anbrennen. Zu groß ist der Druck, der durch die millionenschwere Buchvorlage und durch die Erwartungen von Millionen von Fans auf ihm lastet. „HP7“ fährt den gleichen Stil, wie die beiden Vorgänger. Dunkel, farblos, relativ hart und mit der unvermeidbaren Verfolgungsjagd – bei Dunkelheit – durch einen Wald im Youtube-Style. Auch, dass alles auf eine längere Laufzeit gezogen wurde, korrigiert den merkwürdigen Eindruck nicht, den man beim Schauen gewinnt. Klar ist es schön, dass sich der Film mehr Zeit nimmt, aber irgendwie packt er es komisch an. Es gibt Szenen, in denen Minuten lang gar nichts gesagt wird und dann gibt es Dialoge, die sich immer wiederholen. Es gibt viele nette Ideen, die ich durchaus auch zu würdigen weiß. Das ständige Wechseln von Orten und die ganze Flucht bringt viel Dynamik rein. Der Verzicht auf sämtliche Potter-Elemente, wie Qudditch, die Fahrt mit dem Hogwartsexpress und nicht zu Letzt der Unterricht, bringt Abwechslung und Spannung. Es gibt eine toll animierte Szene, in der ein altes Märchen erzählt wird. Das alles ist gut aber insgesamt ist der Film irgendwie kraftlos. Wie ich mich schon habe belehren lassen, kann man Harry Potter nicht nur von der rein filmischen Seite betrachten. Harry Potter bedeutet für viele sehr viel mehr, als bloß ein weiterer Fantasy-Film. Viele wissen alles über den jungen Zauberer und haben alle Bücher bis auf die letzte Seite gelesen. Ich habe das nicht getan und kann vielleicht nur bedingt nachvollziehen, was besonders die letzten drei Bücher vermitteln sollen. Aber wie viel ist denn ein Film wert, der nicht in der Lage ist, für sich alleine zu stehen, ohne nicht ständig die Fans als Schützenhilfe zu bekommen? Wie ergeht es Leuten, die ins Kino gehen, ohne vorher auch nur irgendwas von Harry Potter gehört zu haben? Die stehen ziemlich blöd da und fragen sich den ganzen Film über „Hä?“

Ich will nicht zu viel fetzen. Der vorletzte Harry Potter-Film ist vollkommen solide und entspricht dem Stil und der Machart der vorigen Teile. Fans werden es natürlich lieben, Filmgeeks werden sich über die ganzen Kleinigkeiten aufregen und alle anderen stehen mit leuchtenden Augen vor den Schaukästen und sagen sich: „Der nächste Teil wird richtig klasse!“

Harry Potter and the Deathly Hollows Part 1 (GB, 2010): R.: David Yates; D.: Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, u.a.; M.: Alexandre Desplat; Offizielle Homepage

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Montag, 22. November 2010

South

Es gibt Filme, die beim Zuschauer ein unangenehmes Gefühl verursachen. Das kann passieren, weil besonders unangenehme Dinge gezeigt werden, oder weil die Story gruselig, tragisch, oder anders beängstigend ist. Einige Filme schaffen es, Dinge zu zeigen, ohne sie zu zeigen und wirken dadurch unangenehm, dass man in jeder Hinsicht im Unklaren gelassen wird. Heute geht es um einen Film, den die Regisseure selbst als "keine leichte Kost" bezeichnen.

Soweit habe ich die Story verstanden: Bruce hat gerade eine Bank überfallen und wird von der Polizei regelrecht gejagt. Seine Auftraggeber beordern ihn nach New York, von wo aus er zu einem sicheren Versteck gebracht werden soll. Bruce ist allerdings in einer grüblerischen Phase und denkt über sein Leben nach. Außerdem hat er das Tagebuch einer jungen Frau geschickt bekommen. Dieses Buch ruft Erinnerungen in ihm wach, von denen er vorher nichts wusste. Ihm fällt auf, dass er sich an sein früheres Leben nicht erinnern kann und beginnt zu forschen. Bald beschließt Bruce, auszusteigen und in den Süden zu gehen. Seine Auftraggeber haben allerdings andere Pläne mit ihm. Außerdem trifft Bruce auf Dana, eine junge Frau, die irgendwie etwas mit seinen Erinnerungsblitzen zu tun zu haben scheint. Bruce wird also von der Polizei, seinen Bossen und seiner Vergangenheit verfolgt.

Es passiert oft, dass ich Filme sehe, die ich vielleicht anders verstehe, als andere Menschen. Aber ich finde für mich immer irgendeinen Sinn oder eine Botschaft. Ich kann hinterher immer sagen, was mir dieser Film gegeben hat. Bei "South" tue ich mich da irgendwie sehr schwer. Das liegt vielleicht daran, dass der Film sehr voll gepackt ist. Man wird mit Einflüssen regelrecht bombardiert, so dass man gar nicht weiß, wie einem geschieht. Da wäre zum einen der schnelle Schnitt, die Kamera, die nie still steht und fiebrige Unschärfeeffekte, die noch mehr Unruhe rein bringen. Außerdem fehlt dem Film buchstäblich die Farbe. Zu Beginn sind noch einige ganz blasse Farben zu erahnen; später merkt man verblüfft, dass es stufenlos zu einem körnigem Schwarzweiß geworden ist. Auch auf anderer Ebene kommt man nicht zur Ruhe. Die eigentlich simple Story schweift ständig ab und bietet immer mehr Handlungsstränge, so dass man bald den Überblick verlieren könnte. Man sieht anstrengende Bilder und hört sphärische Musik dazu. Außerdem arbeitet das Gehirn auf Hochtouren, weil man ständig versucht, die einzelnen Elemente des Films sinnvoll zu verbinden. Bevor hier Missverständnisse aufkommen und der Eindruck entsteht, ich fände "South" nicht gut, ein Wort der Klarheit: "South" war eine neue und intensive Erfahrung. Es ist beeindruckend, mit welchen doch recht einfachen Mitteln der Film diese beklemmende Atmosphäre schaffen kann. Man fiebert mit, man fühlt sich unwohl, man verspürt beinahe physischen Schmerz. Mit einem Wort: Man fühlt sich genau so, wie der Protagonist des Films. Und so etwas habe ich noch nicht auf derart verblüffende Art und Weise erlebt.

"South" ist sehr intensiv und lebt von seinem schnellen und fiebrigen Stil. Was uns der Film vermitteln will, kann ich an dieser Stelle nicht beantworten, denn ich denke, jeder nimmt das auf seine Art für sich anders wahr. Man fühlt sich hinterher vielleicht nicht gut, man neigt dazu, die Welt schlecht zu finden, aber man sollte diesen Film sehen. Er bietet neue Perspektiven, welche auch immer das sind.

South (USA, A, 2009): R.: Gerhard Fillei & Joachim Krenn; D.: Matthew Mark Meyer, Claudia Vick, Sal Giormi, u.a.; M.: Sascha Selke; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

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Machete & Fish Tank

Im Winter gibt es mehr Filme als im Sommer! Das ist ein Fakt. So, wie Nachts ist es Dunkler als draußen! Und Bioprodukte sind gesund! Saßen wir also im Sommer in brütender Hitze und hatten wenig Ablenkung von besagter Hitze, weil es eben so wenig neue Filme gab, brechen sie jetzt mit brachialer Gewalt über uns und der geneigte Kritiker weiß gar nicht, wo er anfangen soll. Doch das Thema Gewalt ist ein guter Aufhänger! Schauen wir doch mal, was das so her gibt.

Woohoo! Der mexikanische, Messer schwingende, Sprüche klopfende EX-FBI Agent ist da. Sein Name! Machete! Er kennt sein Geschäft, bekommt alle Frauen und tötet die bösen Jungs. Und wenn du ihn an heuerst, solltest du sicher sein, dass du nicht selbst einer der bösen Jungs bist.
Aus dem Fake-Trailer-Joke ist ein kompletter Film geworden und die Befürchtungen, er könnte zu einer kommerziellen Blockbusterbombe ohne Charme und Witz werden, waren Gott sei dank unbegründet. „Machete“ ist genau das, was der Trailer seit drei Jahren verspricht. Unterhaltsamer Nonsens für gewaltgeile Dinosaurier. Es fliegen die Körperteile nur so durch die Gegend, es gibt literweise Blut an Wänden und Gegenständen und ein skandalträchtiger Nakedei-Auftritt von Lindsay Lohan. Was will man mehr? Ach ja; dass der Film auch in Weimar läuft. Wieder mal ist keine Spur in den großartigen ansässigen Kinos von diesem Machwerk. Möglicherweise leiden die lokalen Kinos auch unter dem Kinofilmoverkill, der gerade den Herbst heimsucht.

Kommen wir von purer körperlicher Gewalt zu verbaler Gewalt. Mia ist 15 Jahre alt. Geht nicht zur Schule, zieht den ganzen Tag durch die Stadt, prügelt sich mit anderen Mädels, hat eine dermaßen kaputte Familie, dass man heulen könnte und interessiert sich eigentlich nur für das Tanzen. Auf alles andere - pardon - scheißt sie buchstäblich. Ihre Mutter feiert am laufenden Band Orgien zu Hause, ihre kleine Schwester ist auf dem besten Wege, genau so zu werden, wie ihre große Schwester. Da lernt Mia eines Tages den neuen Freund ihrer Mutter Connor kennen. Der übernimmt ein wenig die Vaterrolle für die beiden Mädchen und bestärkt Mia in ihren Ambitionen, das Tanzen zu erlernen. Außerdem nimmt er die Familie zu Ausflügen mit und es entsteht tatsächlich so etwas ähnliches, wie Familienleben. Lange geht das nicht gut, denn Mia entwickelt natürlich Gefühle für Connor, die weniger der väterlichen Rolle entsprechen.

"Fish Tank" reitet auf der Welle des sogenannten "New British Film" zu uns herüber. So werden Filme bezeichnet, die das Leben in sozialen Brennpunkten möglichst realistisch, also hart darstellen. Mir drängt sich da ein kleines Problem auf, denn diese Welle hat sich nicht selbst etabliert, sondern wird buchstäblich verkauft. "Und wieder ein new british film". So kommt es, dass die Erwartungen an diese Filme enorm hoch geschraubt werden und auch "Fish Tank" wurde mit zahlreichen Vorschusslorbeeren überhäuft. Diesem Hype wird der Film nun leider nicht gerecht. In schonungsloser Dogma-Manier wackelt die digitale Handkamera durch 100 Minuten Laufzeit. Man muss immer mal den Blick abschweifen lassen, sonst erleidet man den Glubschaugenschock, oder man bekommt Kopfschmerzen. Die Story wirkt auch etwas verkrampft, denn man gewinnt eher den Eindruck, Mia sei eigentlich ganz cool und kann mit der problematischen Familiensituation ganz gut umgehen. So wirkt vor allem das Ende unlogisch. Die Charaktere sind mir auch zu schablonenhaft, also entgegen der Genre Definition ganz und gar nicht realistisch geraten.

"Fish Tank" ist trotz der sehr guten Darsteller irgendwie seelenlos und leer. Ein Film, der mir absolut nichts vermittelt hat und der mich leider zu dem Schluss führt, dass er eindeutig überbewertet ist. Man kann sich „Fish Tank“ dennoch ansehen, aber man sollte seine Erwartungen nicht überstrapazieren, sonst ist die Enttäuschung zu groß. Augen zu! Und durch.

Machete (USA, 2010): R.: Robert Rodriguez; D.: Danny Trejo, Robert De Niro, Michelle Rodriguez, u.a.; M.: John Debney u. Cark Thiel; Offizielle Homepage

Fish Tank (GB, 2009): R.: Andrea Arnold; D.: Katie Jarvis, Michael Fassbender, Charlotte Collins; Offizielle Homepage

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Freitag, 5. November 2010

RED

Jeder Mensch wird älter. Bei manchen fällt das nicht immer sofort auf, weil sie gesund leben, eine strenge Diät führen und ihren Körper fit halten. Anderen gelingt das nicht so gut, aber was soll's? Jeder wird älter. Es gibt Menschen mit ganz besonderer Veranlagung, die einfach nicht alt werden wollen und die Dinge tun, die kein 60 Jähriger mehr tun würde. Zum Beispiel aus einem fahrenden Auto springen, Pistolen im Anschlag, wild um sich ballernd, einen coolen Spruch auf den Lippen und nicht eine Schweißperle auf der Glatze. Genau! Jan redet von Actionschauspielern. Falsch! Heute geht es ausnahmsweise um CIA-Agenten im Ruhestand.

Frank hat ein aufregendes Leben hinter sich. Nach all den Jahren in Krisengebieten als Killerinstrument der Regierung hat er sich einen geruhsamen Lebensabend im kleinen Haus mit Rasen und Bilderbuchnachbarschaft redlich verdient. Allerdings kann er nicht viel damit anfangen. Zu lange hat er mit der Pistole unter dem Kopfkissen gelebt. Zu oft hat er bitter lernen müssen, dass man keinem Menschen trauen darf. Allerdings knüpft Frank Kontakte zu einer jungen Frau, die als Operator in der Telefonzentrale seiner Rentenkasse arbeitet. Eines Tages beschließt er, sie zu besuchen. Kaum ist die Idee zu einem Entschluss gereift, klopft auch schon ein bewaffnetes Angriffsteam an seine Tür. Trotz der vielen Jahre im Ruhestand, sind Franks Reflexe noch immer messerscharf und er prügelt sich souverän aus der Misere, nicht ohne die halbe Nachbarschaft in Schutt und Asche zu legen. Dabei hat er unglaublichen Spaß und stürzt sich voller Inbrunst auf die neue Mission. Irgendwer will ihn töten. Er nimmt Kontakt zu seinen ehemaligen Teamkollegen auf, denen es im Grunde nicht anders geht als Frank. Zusammen finden sie heraus, dass es jemand von ganz oben auf die Teilzeitsenioren abgesehen hat.

So abgedroschen die ganze Sache klingt, und so oft und unkreativ umgesetzt diese Idee schon verfilmt wurde; RED macht Spaß. Schuld daran ist, dass sich Regisseur Robert Schwentke nicht zu viel vorgenommen hat. Wir haben glaubwürdige und ulkige Charaktere, einige sehr coole Actionsequenzen und unvermeidlich komisch wirkende Dialoge über Rückenleiden und Probleme mit den Dritten. Bruce Willis hat den stählernen Blick drauf, wie kein Zweiter, auch wenn der manchmal nicht hilft. John Malkovich ist nach jahrelangem LSD-Konsum völlig paranoid, Helen Mirren liebt das Arrangieren von Blumen und das Ausknipsen von Menschen. All das vermittelt, CIA Agenten im Ruhestand seien die nettesten und lustigsten Menschen der Welt. Abgesehen davon wird natürlich das Thema Alter abgehandelt. Auch hier sorgt das Augenzwinkern für Heiterkeitsausbrüche, wenn der altersschwache Frank den wesentlich jüngeren Agenten mitten in einer wilden Verfolgungsjagd an die Polizei verpetzt. Lustig ist auch, wenn der ehemalige KGB Agent mit Frank Klatsch und Tratsch austauscht, wer im kalten Krieg wirklich übergelaufen sei.

RED ist nicht superspektakulär, aber nichts desto trotz unterhaltsam. Hauptsächlich ist das den grandiosen Schauspielern und deren Spaß an ihren Rollen zu verdanken. Es ist einfach schön, sie zu sehen. Hätte man für den Film irgendwelche Schauspieler genommen, hätte er wahrscheinlich den vernichtenden Daumen nach unten bekommen. Ebenso, wenn der Film zum übertriebenen Slapstick-Klamauk verkommen wäre. So aber ist an dieser Stelle eindeutig eine Empfehlung auszusprechen. Musiker nehmen nachdenkliche Best-Of Alben auf. Schrifsteller schreiben toternste Autobiographien und Schauspieler drehen eben ulkige nichtssagende Actionfilme, um sich mit dem Älterwerden auseinander zu setzen. Warum auch nicht?

R.E.D.(USA, 2010): R.: Robert Schwentke; D.: Bruce Willis, John Malkovich, Helen Mirren, u.a.; M.: Christophe Beck; Offizielle Homepage

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Freitag, 29. Oktober 2010

Wall Street - Geld schläft nicht

Eben gab es an dieser Stelle die Rezension zu Oliver Stones "Wall Street" aus dem Jahre 1987. Um den neuen Wall- Street-Film sehen zu können, der seit vergangenem Donnerstag in den deutschen Kinos läuft, hätte man meiner Meinung nach erst den Vorgänger sehen sollen. Nachdem ich das erledigt hatte ging ich bestens gewappnet ins Kino.

Zur Erinnerung: Am Ende vom ersten Teil stand Gordon Gecko vor Gericht, wegen illegaler Insider Geschäfte und dem Tätigen nicht gedeckter Leerverkäufe. Er wurde dafür sehr hart bestraft und wanderte 8 Jahre ins Gefängnis. Nun kommt er wieder raus und stellt fest, die Welt hat sich nicht nur weiter gedreht, sondern sich auch ordentlich verändert. Die Dinge, für die er bestraft worden ist, scheinen längst zur Normalität des Aktiengeschäfts zu gehören. Gecko fristet nun das Dasein einer alt gewordenen Legende. Er veröffentlicht ein Buch über die Gier des Menschen und ist ein gern gesehener Gast in Talkshows, hat aber seine einstige Größe und das Leben, dass er so geliebt hat eingebüßt. An der Börse geht es derweil drunter und drüber. Der junge und hoffnungsvolle Broker Jake arbeitet für eine Agentur, die das gleiche macht, wie seinerseits die Agentur von Bud Fox. Aktien beobachten, Investoren finden und sie bei der Stange halten. Jake lebt mit Geckos Tochter Winnie zusammen. Bei einer Lesung seines Buches lernt Gordon seinen künftigen Schwiegersohn kennen. Er durchschaut ihn sofort und wittert eine Chance, seine kaputte Beziehung zur Tochter durch den jungen Jake wieder zu reparieren. Jake hält das für eine gute Idee und hofft, zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. Einerseits hilft er seiner Liebsten, ihre Familiengeschichte aufzuarbeiten, andererseits hofft er durch Gecko auf ein paar heiße Tipps im Aktiengeschäft. Doch Gordon Gecko wäre nicht er selbst, wenn er nicht längst einen ausgeklügelten Plan auf Lager hätte.

Wenn früher eine Ankündigung für einen neuen Film von Oliver Stone lief, bekam man immer Bauchschmerzen, denn er schaffte es stets, hoch sensiblie Themen schonungslos und schockierend darzustellen. Ganz klar war hier die Provokation das Hauptmotiv. Heute hat Stone viel von seinem Biss verloren und arbeitet Themen mit durchaus hohem Provokationspotential sehr brav und leise auf. Sei das George W. Bush, oder das World Trade Center. Man könnte jetzt fragen, warum Stone sich einen 20 Jahre alten Film schnappt, um ihn nun fortzusetzen. Die Finanzkrise mag der Auslöser gewesen sein, doch kommt der Film ein bisschen zu spät. Die Wogen sind bereits geglättet und das Thema wurde tausendfach auch im Kino abgehandelt. Und da liegt der Hund begraben. Anstatt neue und schockierende Einzelheiten über Machenschaften am Aktienmarkt zu präsentieren, konzentriert sich der Film auf die Lebensgeschichte Gordon Geckos, der vor allem eines gelernt hat, nämlich, dass sich die Welt so verändert hat, dass er in ihr nur noch zum alten Eisen gehört. Zusätzlich wird die Geschichte des ersten Filmes noch einmal erzählt, nur dass es neue Menschen gibt, die im Grunde genau so aussehen und die selben dämlichen Fehler machen, wie damals. Die Message könnte also sein, dass es trotz aller Änderungen immer noch genau so läuft, wie seit eh und je. Ich habe aber viel mehr gesehen, dass die alte Schule heutzutage nicht mehr das ist, was sie mal war. Oliver Stone mag sich handwerklich weiter entwickelt haben, hat aber das Potential dieses Reboots eines absoluten Filmklassikers nicht nur ungenügend ausgeschöpft, sondern sogar nicht einmal erkannt.

"Wall Street - Geld schläft nicht" ist nett an zu schauen, fesselt aber bei weiten nicht so, wie seinerzeit das Original. Der Film avanciert zum Lückenbüßer bis zum nächsten echten Blockbuster und im Nachhinein hat man eher das Gefühl, dass er überflüßig war. Da helfen auch nicht solide Darstellungen von Michael Douglas und Shia LaBeouf und ein Gastauftritt von Charlie Sheen. Schade eigentlich.

Wall Street – Money never sleeps (USA, 2010): R.: Oliver Stone; D.: Michael Douglas, Shia LaBeouf, Carey Mulligan; M: Craig Armstroung; Offizielle Homepage

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Mal wieder gesehen - Wall Street

Michael Douglas. Cool. Ein Schauspieler, dessen größte Stärke immer seine intensive Ausstrahlung war. Ein Blick von Michael Douglas macht alle schauspielerischen Unzulänglichkeiten wett. Shia LaBeouf. Hmm. Den können ganz viele nicht leiden. Milchbubi. Vorzeigerebell mit goldenem Löffel unterm Kissen. Nervbacke. Aber ich mag ihn irgendwie. Klar ist er jung, aber ich halte ihn für einen fähigen Schauspieler. Irgendwas muss ja dran sein, sonst würde er nicht ständig Rollen in großen Produktionen spielen. Der Trailer zu „Wall Street - Geld schläft nicht“ ist dermaßen nichtssagend, dass man Angst bekommt, nicht zu verstehen, worum es überhaupt geht. So geht es mir jedenfalls. Um „Wall Street“ von 2010 sehen zu können, muss man vorher „Wall Street“ aus dem Jahre 1987 gesehen haben.

Und darum geht's: Bud Fox ist ein junger Aktienbroker, der für eine Agentur Charts analysiert und diverse Aktien den Kunden der Agentur schmackhaft macht. Das läuft ungefähr so: Bud beobachtet einen Kurs. Bud denkt sich, das könnte toll werden und ruft seinen Klienten an. Läuft alles gut, ist der Kunde zufrieden, der Chef ist noch zufriedener und Bud ist ungefähr zwanzig Jahre älter geworden, bevor das Ganze wieder von vorne los geht. Wie viele andere an der Wall Street, hat auch Bud ein Vorbild. Gordon Gecko ist eine absolute Legende. Keiner versteht die Aktien so gut wie er, und Verluste sind ihm fremd. Bud versucht nun, an Gecko heran zu kommen, um für ihn zu arbeiten und von ihm zu lernen. Da er sehr hartnäckig ist, schafft er es tatsächlich eines Tages in Geckos Büro und verschafft ihm durch einen Tipp einen stattlichen Gewinn. Gecko stellt Bud nun an und nimmt ihm gleichzeitig unter seine Fitiche. Bei einem Empfang lernt Bud die atemberaubende Carolyn kennen und verliebt sich in sie. Das Leben beginnt nun, schön zu werden. Er arbeitet für Gecko und lebt mit der Frau seiner Träume zusammen. Doch die Aufträge für seinen Mentor bringen Bud regelmäßig an die Grenzen der Legalität und er beginnt, sich zu verstricken. Außerdem hat Carolyn eine Affäre mit Gecko selbst. Es lässt sich unschwer erahnen, dass dies nicht lange gut gehen kann.

1987 warb 20th Century Fox wie folgt für "Wall Street": "Nach Platoon führt uns Regisseur Oliver Stone in den nächsten Krieg in einem Dschungel, härter als alle anderen der Welt." Aus heutiger Sicht hinkt dieser Vergleich mächtig, aber für Stone war es beinahe die selbe Liga. Als provokanter Regisseur suchte sich Stone stets Themen heraus, die besonders den Amerikanern weh taten. Später änderte er seinen Stil und provozierte durch Bilder. "Wall Street" schildert nun den ganz normalen Alltag an der Börse. Mit sämtlichen Abgründen und Intrigen, die nun mal dazu gehören. Heute bereitet es keine großen Schwierigkeiten mehr, sich vorzustellen, dass es wirklich so läuft, aber 1987 schlug der Film ein, wie eine Bombe und löste weltweite Diskussionen über die Vorgehensweise und Reglementierungen an Börsen aus. Wie im Film, wird über Millionenbeträge beim Frühstück entschieden und ist man zunächst noch fasziniert von der Art und Weise, mit welcher Sicherheit und Beiläufigkeit mit Zahlen jongliert wird, bekommt man bald mit, dass hinter jedem Geldbetrag auch eine Existenz steht, die gleichzeitig mit den sinkenden Aktienkursen baden geht. Michael Douglas ist als großmächtiger Gordon Gecko ohne Gewissen absolut großartig und man merkt ihm den Spaß und die Freude an dieser Rolle förmlich an. Charlie Sheen ist cool und spielt hervorragend den etwas grünen Neuling, der beginnt zu lernen. Noch cooler allerdings ist, dass Martin Sheen den Vater von Bud spielt und dieser das absolute Gegenteil von Gordon Gecko darstellt. Während Gecko eindeutig zu den oberen Zehntausend gehört, ist Buds Vater ein hart arbeitender Flughafentechniker, der allerdings keinerlei Perspektiven hat und für immer der kleine Mann bleiben muss.

"Wall Street" ist ein interessanter aufregender und nicht zu letzt provokanter Film, den man gesehen haben sollte, nicht zuletzt eben, um den neuen Film zu verstehen. Und was ich von dem halte, kommt im nächsten Post.

Wall Street (USA, 1987): R.: Oliver Stone; D.: Charlie Sheen, Michael Douglas, Martin Sheen, u.a.; M.: Stewart Copeland.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Vorschau - Weihnachten 2010

Eine Gute Nachricht: Seit dem 7. Oktober läuft endlich "The Road" in deutschen Kinos. Die schlechte Nachricht: Alle, die nicht zufällig im Großraum Frankfurt wohnen, werden nicht in den Genuss kommen, diesen Film zu sehen. Nach beinahe dreijähriger Wartezeit stehe ich fassungslos vor den Schaukästen der Weimarer Kinos. Kein "The Road". Geschichte vorbei.
Nun kann man sich einbuddeln, die Schlechtheit und Ungerechtigkeit der Welt verfluchen, sämtliche Kinobetreiber auf den schnellsten Weg zur Hölle wünschen und letztlich einen einsamen Hungertot sterben, oder nicht. Ich entschied mich für "oder nicht" und blicke stattdessen nach Vorne. Was gibt es in diesem Jahr noch an sehenswerten Kinofilmen?

Unglaublich, aber sowas kann nur in Kalifornien passieren. Als Filmquerulanten Rodrigez und Tarantino 2007 ihr Trashfilmrevival "Grindhouse" feierten, tauchte im Vorprogramm von "Planet Terror" der Faketrailer zu einem weiteren Grindhousefilm auf. "Machete" war witzig, so lange es dauerte, und hatte in seinen 2 Minuten alles, was ein trashiger Actionfilm brauchte. Daraufhin bildete sich eine große Fancommunity, die Rodrigez bekniete, den Film zu produzieren. Zunächst glänzte der mit Konsequenz und sagte, "Machete" wird für immer das bleiben, was es ist: Ein Trailer.
Pustekuchen. Jetzt ist es soweit und der Film wurde tatsächlich gedreht. Nicht nur mit Danny Trejo, dem mexikanischsten Mexikaner, der je nicht in Mexiko geboren wurde, sondern auch mit Jessica Alba, Michelle Rodrigez, Steven Segal und Robert DeNiro.
Das Machwerk feierte im September Weltpremiere in LA und wird im November nun auch endlich bei uns laufen. All zu große Spannung ist nicht angebracht, denn es wird albern, trashig und brutal. Aber irgendwie ist das ja auch genau das, was wir von Robert Rodrigez erwarten.

Augen geradeaus: Die kleinen Kinder, die keine kleinen Kinder mehr sind, nehmen ihr letztes Schuljahr in der Zauberschule Hogwarts in Angriff. Zum lernen werden sie kaum Zeit haben, denn es wird sich der große finale Kampf um das Geschick der Welt entfesseln. Die Bücher und FIlme wurden zunehmend tragischer und Teil 6 endete schlimmer, als man es haben wollte. Dieser Trend wird im letzten Film, der uns in zwei Teilen kredenzt wird natürlich auf die Spitze getrieben. Uns erwarten epische Kämpfe, tragische Ereignisse und jede Menge Spaß, bei dem nicht nur Hardcore-Fans der Vorlage auf ihre Kosten kommen werden. Nach langem Hin und Her kommt "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" nun übrigens doch nicht im 3D-Modus in die Kinos. Offensichtlich würde diese Version nicht zum Kinostart fertig werden, Warner will aber dringend das Weihnachtsgeschäfft mitnehmen. Aber nicht traurig sein: Die Glubscher dürfen sich auf die DVD freuen, die sogar ausschließlich als 3D Version erscheinen soll - ebenso wie alle bisherigen Harry-Potter-Filme.

Apropos. Dreamworks schickt sein nächstes 3D Franchise ins Rennen. "Megamind" erzählt im Grunde die klassische Supermanstory, eben nur mit zwei Supermännern. Metro-Man und Megamind werfen sämtliche Klischees von Superhelden und -schurken in die Waagschale und wählen natürlich die Erde als Schauplatz ihres erbitterten Kampfes. Viel Tragik ist nciht zu erwarten. Es wird wohl eher ein sportlicher Ulkfilm, bei dem man merkt, wie sich die Macher in ihren Erinnerungen an ihre alte Comicsammlung austoben. Spaßig kann es aber trotzdem werden. Brad Pitt und Will Farell liehen den Beiden im Original ihre Stimmen und wir dürfen uns zumindest an den erstklassigen Synchronsprechern dieser Schauspieler erfreuen und müssen uns diesmal ausnahmsweise nicht mit semi-prominenten Comedians aus dem Fernsehen begnügen. Man will hoffen und wird sehen, beziehungsweise hören.

Pünktlich zu Weihnachten startet der dritte Teil der angeschlagenen Narnia Reihe. "Die Reise auf der Morgenröte" soll er heißen und bietet uns wieder einmal schöne Bilder, in denen schöne Menschen rumhüpfen und allerlei faszinierendes, computeranimiertes Viehzeugs. Natürlich in 3D! Man hat zusätzlich die Epicness-Schraube noch einmal enorm angezogen, nach dem der zahnlose zweite Teil um Prinz Kaspian hoffnungslos floppte. Diesmal dürfen wir aber auch nicht die Neuerfindung des Rades erwarten. Fans der Bücher werden es lieben, alle anderen werden sprechende Löwen und Ziegenböcke immer noch befremdlich finden. Ich persönlich freue mich auf die Musik von David Arnold, der auch schon den Soundtrack für Tarantinos "Death Proof" beisteuerte, womit wir wieder beim Thema wären...


Mittwoch, 13. Oktober 2010

Goethe!


Goethe! Die marmorne Allmacht der Weimarer Kultur. Man kann keinen Meter durch die Stadt gehen, ohne nicht sein Gesicht zu erblicken. Zahlreiche Besucher aus aller Herren Länder strömen in die Stadt und leiden unter Schnappatmigkeit, wenn sie vor dem Denkmal am Theaterplatz stehen, oder gar die heiligen Hallen des Theaters selbst betreten dürfen. "Goethe" seufzt es aus allen Ecken und niemand, aber auch niemand wagt es, seine Bedeutung und Position in Frage zu stellen. Wäre Goethe noch am Leben, er würde sich wie ein Gott fühlen, wenn er durch die Weimarer Innenstadt liefe. Dass Goethe kein Gott war, sondern ein ganz normaler, verträumter und etwas tollpatschiger junger Kerl gewesen sein könnte, kann man bald im Kino beobachten. Am 14. Oktober startet "Goethe" in den deutschen Kinos. Vergangenen Mittwoch fand die Weimarpremiere statt und ich habe den Film schon mal sehen dürfen.

Lustig geht's los. Der völlig übernächtigte Goethe stolpert ungeschickt in die Doktorenprüfung hinein. Ist die Prüfungskommission zunächst gar nicht begeistert und äußerst pikiert, wird Goethes Auftritt mit schallendem Gelächter belohnt. Unter Freudentränen und Prusten teilt man ihm das Nichtbestehen der Prüfung mit.
"Scheißich!" sprichts und verlässt fliegenden Fußes die Universität.
Der alte Herr Goethe ist davon gar nicht begeistert und verdonnert seinen Sohn, ins idyllische Wetzlar zu fahren und dort Jura zu studieren.
Goethe, der sich viel lieber mit Poesie beschäftigt, muss sich fügen und widmet sich zähneknirschend aber mit einiger Gewissenhaftigkeit dem unbequemen Studium.
Unter den strengen Augen des Oberrichtiers Kästner bleibt ihm aber auch nichts anderes übrig.
Dennoch schafft es Goethe hin und wieder vor die Tür. Bei einem feuchtfröhlichen Tanzabend trifft er auf die junge und hübsche Charlotte Buff. Natürlich ist es sofort um beide geschehen. Doch, wenn nur immer alles so einfach wäre...Charlotte ist natürlich schon jemand anderem versprochen und ihre familiären Verpflichtungen zwingen sie dazu, sich für die Hochzeit zu entscheiden, die ihren zahlreichen Geschwistern das Dach über den Kopf und das Essen im Mund sichert.
Klar, dass das dem sensiblen und impulsiven Johann Goethe gar nicht gut bekommt.

Die bereits angesprochene steinerne, oder eben marmorne Allgegenwärtigkeit Goethes im Weimarer Alltag sorgt mitunter dafür, dass man als Einheimischer irgendwann nur noch mit den Augen rollen kann, hört man diesen Namen. Das wiederum sorgt dafür, dass ich mir gesagt habe, "Wen interessiert denn bitte schön die x-te Verfilmung Goethes Lebens?" Aber aller Skepsis zum Trotz ist ein schöner Film entstanden, der zwar bestimmt nicht der große Überflieger im deutschen Kino werden wird, aber durchaus zu unterhalten weiß. Abgesehen von solider und bekannter Handwerkskunst bietet der Film vor allem eine große Stärke. Der Quasi-Halbgott und die unantastbare unglaublich weit entfernte historische Figur Goethe wird hier auf einen ganz normalen Menschen reduziert. Der Film bietet zwar zahlreiche Ungenauigkeiten und sehr freie Interpretationen der wahren Begebenheiten, was aber den Unterhaltungswert enorm steigert.
Insgesamt hält sich "Goethe!" nahezu perfekt die Waage zwischen Ulk und Spaß, einer deftigen Prise Dramatik und einer nicht unpassend wirkenden Ernsthaftigkeit beim Thema Selbstmord.
Die Darsteller bieten eine souveräne Performance. Besonders hervor zu heben sind Miriam Stein, die hier ihren ersten Kinoauftritt absolviert hat und Moritz Bleibtreu, der auf herrlich schlichte Art und Weise den pikierten und spießigen Richter Albert Kästner darstellt. Selten hat es so viel Spaß gemacht, jemanden beim Teetrinken zu beobachten.

"Goethe!" ist ein schöner, kleiner Kostümfilm, der ein relativ frisches und angenehmes Bild auf den Goethe wirft. Es gibt schöne Bilder, schöne Menschen, schöne Musik und obendrein noch eine schöne Geschichte. Und selbst als Einheimischer der tagtäglich dem Goethe-Overkill ausgesetzt ist, fühlt man sich genötigt, hinterher zu sagen: "Goethe fetzt vielleicht doch!"

Goethe! (D, 2010): R.: Philipp Stölzl; D.: Alexander Fehling, Miriam Stein, Moritz Bleibtreu, u.a.; M.: Ingo Frenzel; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar, lichthaus

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Montag, 4. Oktober 2010

Mary & Max

Wir leben in einem über und über technisierten Alltag. Das schlägt sich auf alle möglichen Bereiche unseres Lebens nieder. Um mal zwei Beispiele zu nennen: Wir schreiben heutzutage kaum noch Briefe, sondern nur noch eMails und es kommen immer mehr computeranimierte Filme in die Kinos. Jetzt gibt es einen Film, der nicht nur die althergebrachte Puppenanimation wieder belebt, sondern auch das Phänomen der Brieffreundschaft. Bühne frei für "Mary & Max"

Mary ist ein kleines 8-jähriges Mädchen und lebt in Australien. Max ist ein alter Mann, der in einer kleinen Miniwohnung in New York lebt. Beide sind auf ihre ganz eigene Art Außernseiter in ihrer Gesellschaft und könnten trotzdem nicht unterschiedlicher sein. Durch Zufall findet Mary Max' Adresse in einem Telefonbuch und schreibt ihm einen Brief. Max muss nicht lange überlegen und schreibt ihr sofort zurück. Er beantwortet nicht nur ihre Fragen, sondern erzählt auch von sich und seinem Leben. Daraus entwickelt sich eine Brieffreundschaft über viele Jahre lang. Auch wenn sich Mary und Max nie persönlich getroffen haben, durchlaufen sie alle Hochs und Tiefs, die einer normalen Freundschaft auch eigen sind. So erleben wir die Lebensgeschichten zweier Menschen, die sogar teils epische Ausmaße annehmen.

Regiewunderling Adam Elliot hat es endlich geschafft, sein Außenseiter-Projekt fertig zu stellen. Nach zahlreichen Kurzfilmen und sonstigen Ankündigungen war es Ende 2009 soweit und der Film hatte Premiere. Dass es noch fast ein Jahr dauern sollte, bis "Mary & Max" auch in deutschen Kinos laufen würden, hätte wohl niemand gedacht. Aber nach der ganzen Warterei will man nun nicht weiter meckern, sondern endlich den viel gepriesenen Film sehen. Was einem als erstes auffällt: Mary und Max werden von ganz arg niedlichen und coolen Puppen dargestellt, die liebevoll animiert durch eine überzeugende Miniaturwelt wandeln. Voll gepackt mit lauter schrägen Nebenfiguren und skurrilen Situationen, könnte der Film eine Komödie mit Puppen sein, ist es aber nicht. Ganz im Gegenteil. Der Film ist insgesamt überaus dramatisch und trotz all der kleinen lustigen Szenen, schwingt ununterbrochen eine nicht zu übersehende Melancholie mit und am Ende des Filmes kämpft man mit einem dicken Kloß im Hals. Trotz, oder gerade wegen der niedlichen Puppen wirkt diese Dramatik und Melancholie total überzeugend Es heißt ja auch nicht umsonst, dass der Film auf einer wahren Geschichte basiere.

"Mary & Max" ist ein wunderschöner kleiner Film, der allerdings ganz anders ist, als man denkt, wenn man die Vorschau oder das Plakat gesehen hat. Vor allem ist er nicht geeignet für kleine Kinder, denn auch das könnte man beim Anblick der beiden Hauptfiguren denken.

Mary and Max (USA, 2009): R.: Adam Elliot; OVA: Toni Collette, Philip Seymour Hoffman, Eric Bana, u.a.; M.: Dale Cornelius; Offizielle Homepage

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Freitag, 24. September 2010

The American

Normalerweise lasse ich mich nicht von Oberflächlichkeiten verleiten. Als ich das Plakat von "The American" gesehen habe, war das allerdings völlig anders. Cooles Motiv. Hat so'n bisschen was von Steve McQueen. Klarer, eindeutiger Titel, der dennoch nichts verrät. George Clooney. Gehetzter Blick, aber trotzdem den schicken Anzug an. Das muss cool sein.

Jack ist ein eiskalter Profikiller. Während seines Exils im eisigen Norden wird er allerdings von schwedischen Attentätern aufgespürt. Spontan und radikal bricht er seinen Aufenthalt ab und wird von seinem Auftraggeber nach Italien geschickt. Hier bekommt er den Auftrag, für ein bestimmtes Attentat eine spezielle Waffe zu bauen. Als Fotograf getarnt, genießt er die Idylle der Abruzzen, lebt aber dennoch in ständiger Angst, aufgespürt zu werden.

So viel zur Story. Die vom Plakat und vom Trailer geweckten Erwartungen werden in jeder Hinsicht enttäuscht. So viel gleich vorweg. Das Problem des Filmes ist, dass Regisseur Anton Corbin eigentlich Fotograf ist. Einer, der sich mit der Ästhetik des Bildes auskennt. Er ist verantwortlich für zahlreiche Konzertfilme, hat für U2 preisgekrönte Videoclips gemacht, hat uns vor zwei Jahren einen Film über Joy Division beschert, kennt sich also mit Musik aus. Welche ästhetischen Qualitäten dieser Regisseur auch immer in das neue Filmprojekt eingebracht haben mag, vom Erzählen einer Geschichte, oder dem Entwickeln eines überzeugenden Charakters hat er keine Ahnung. Über große Strecken des Filmes wird kein Wort gesagt und Corbin lässt die Bilder sprechen, die aber irgendwie nichts zu erzählen haben. George Clooney sollte eben den gewissenlosen Killer mit Gewissensbissen spielen. Daraus ergibt sich ein großes Dilemma für ihn, denn George Clooney ist eigentlich ein sehr intensiver Schauspieler, der Emotionen und Charakterzüge sehr präzise darzustellen weiß. Er kann cool und charmant sein. Er kann fröhlich und witzig sein. Er kann den Unberechenbaren und den Verunsicherten spielen. Aber nicht den Profikiller, der aussteigen will und dabei nichts fühlt. Das Resultat; er zeigt im Endeffekt keinerlei Regung. Es ist immer der gleiche Gesichtsausdruck, den wir sehen und die einzige emotionale Reaktion, die er zeigt, sieht man eine Minute vor Ende des Filmes. Profikiller haut lustlos auf das Lenkrad seines Autos. Weil all das noch nicht reicht, kredenzt der Film völlig überflüssige, pseudophilosophische Gespräche mit einem Pfarrer und für eine Liebschaft mit der Dorfprostituierten ist auch noch Platz. Ein Film, der vor Klischees nur so trieft, aber trotzdem so oberflächlich ist, dass keinerlei Spannung oder Dramatik aufkommt.

"The American" ist ein Film, der nichts bietet, außer ein paar schöne Bilder eines italienischen Bergdorfes. Wer so etwas noch nie in Natura bestaunen durfte, kann sich auch einen Bildband über die Abruzzen angucken. Man hat etwas, das man sich ins Regal stellen kann und man kann es sich viele Male ansehen, und immer wieder neue Dinge entdecken.

The American (USA, 2010): R.: Anton Corbin; D.: George Clooney, Irina Björklund, Paolo Bonacelli; M.: Herbert Grönemeyer; Offizielle Homepage

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Dienstag, 14. September 2010

oO - Ein Prophet

Eine neue Rubrik auf Kineast. Manchmal gibt es Filme, die auf eine besondere Art und Weise dafür sorgen, dass mir die Kinnlade schlagartig nach unten fällt, und ich eigentlich erstmal sprachlos bin. Nach einer Weile finde ich die Sprache wieder und werde diese besonderen Filme nun also in einer besonderen Kategorie hier besprechen. Der Name dieser Rubrik ist schlicht und eindeutig „oO“.

Kein Kinojahr vergeht, ohne dass nicht mindestens einer jenen Filme kommt, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt, nachdem man sie gesehen hat. Ich persönlich nenne sie gerne „böse Filme“. Sie handeln stets von den Abgründen im Menschen, von moralisch fragwürdigen Entscheidungen und enden hoch dramatisch. War es vor zwei Jahren Sidney Lumets „Tödliche Entscheidung“ und im letzten Jahr „Das weiße Band“, so ist es in diesem Jahr der neue Film von Jacques Audiard gewesen, „Ein Prophet“.

Malik ist 19 Jahre alt, hat keine abgeschlossene Schulausbildung, lebt auf der Straße und soll nun 6 Jahre ins Gefängnis. Hier ist das Leben natürlich auch nicht viel leichter, als vorher. Es herrschen strenge Regeln seitens der Wärter und noch strengere Regeln seitens der Insassen. Hier ist alles streng hierarchisch organisiert und Malik merkt schnell, dass er sich niemals alleine durchschlagen könnte. Die beiden größten Gruppen – Kurden und die Männer um den Paten des Gefängnisses, Cesar – wollen ihn beide für sich haben. Malik entscheidet sich, für Cesar zu arbeiten und beginnt seine Karriere mit einem Auftragsmord. Cesar gewährt ihm dafür einige Annehmlichkeiten und vor allem Schutz. Bald erledigt Malik die Geschäfte außerhalb des Gefängnisses, denn er bekommt befristeten Freigang. Nach einer Weile hat Malik nicht nur Lesen und Schreiben gelernt, sondern auch zahlreiche Sprachen – unter anderem Kurdisch. Setzt ihn Cesar zunächst noch als Spitzel ein, ersinnt Malik bald einen Plan, beide Gruppen gegeneinander auszuspielen.

Die Geschichte des kleinen Gauners, der durch seine soziale Herkunft unweigerlich in den Sumpf des Verbrechens gesogen wird, und allen Anstrengungen zum Trotz nichts dagegen unternehmen kann, ist nicht neu. Doch selten wurde sie dermaßen intensiv und authentisch zugleich in einem Film umgesetzt, wie das in „Ein Prophet“ geschehen ist. Regisseur Audiard entscheidet sich für einen sehr schlichten Stil und fängt alles mit einfacher Handkamera ein. Außerdem finden viele der Schlüsselszenen in sehr kleinen Räumen statt, so dass die Kamera den Zuschauer ganz nah an das Geschehen heran lässt. Die dominanten Farben des Filmes werden durch das Knastsetting diktiert. Wir haben Grau, Braun, Weiß und sehr oft eben leuchtendes Rot. Die beklemmende Atmossphäre der ganzen Geschichte wird stets durchbrochen von explizieten Gewaltszenen, die durch ihre schlichte Darstellung noch intensiver wirken, als man es eigentlich aushalten will. Die meisten Schauspieler liefern eine souveräne, aber reduzierte Performance ab. Das geschieht mit Absicht, denn im Vergleich zu den abgestumpften Knastbrüdern, denen nichts eine Regung entlocken kann, spielt Shooting-Star Tahar Rahim unglaublich intensiv und füllt die Figur des Malik sehr sensibel mit Leben. So avanciert diese Figur zu einem regelrechten Leuchtfeuer, in Mitten all der Tragik und Tristesse.
„Ein Prophet“ ist eindeutig ein harter, brutaler und böser Film, der aber auf ganz schlichte Art und Weise die Wahrheit erzählt. Es ist eine Wahrheit, bei der man sehr schnell weiß, dass man sie gar nicht so genau erfahren will, wie sie der Film schildert. Die Spannung entsteht von innen heraus und lässt einen nicht los. Mit Sicherheit einer der interessantesten, aber auch fragwürdigsten Filme diesen Jahres. Um so unverständlicher, dass er in Deutschland in nahezu keinem Kino lief. Dafür ist der Film nun auf DVD erschienen.

Un prophète (F, 2009): R.: Jacques Audiard; D.: Tahar Rahim, Niels Arestrup, Adel Bancherif, u.a.; M.: Alexandre Desplat; Offizielle Homepage.

Sonntag, 12. September 2010

Kleine Wunder In Athen

Was weiß ich denn über Griechenland? Sie haben eine ziemlich abgefahrene Mythologie mit super Geschichten und Charakteren, die ständig von Hollywoodproduzenten fulminant in pures Geld verwandelt werden. In Griechenland gibt es leckeren Schafskäse, Gyros und Krautsalat. Außerdem konnten sie in diesem Jahr nicht besonders gut Fußball spielen. Das war es eigentlich auch schon. Ach ja: Die Schulden. Naja, da will ich mal nicht mit dem Finger auf die Griechen zeigen, bei uns sieht's in ein paar Jahren wahrscheinlich genau so aus. Wer all das auch schon wusste, nun aber gern noch erfahren möchte, wie die ganz normalen Griechen selbst so drauf sind, könnte sich für „Kleine Wunder in Athen“ interessieren, den neuen Film von Filipos Tsitos.

Stafros ist Grieche und hat ein Problem. Denn richtige Rocker und Griechen haben immer ein Problem. Mit Regeln zum Beispiel. Oder mit Sicherheitskräften, die sie daran hindern wollen, ganze Stadien auseinander zu nehmen. Sie haben ein Problem mit denen da Oben und mit Albanern. Abgesehen davon geht’s ihm ganz gut. Er hat einen kleinen Kiosk, ein kleines Haus und drei Kumpels, die auch jeder einen kleinen Kiosk und ein kleines Haus haben. Stafros muss sich außerdem um seine Mutter kümmern, die nach einem Schlaganfall nicht nur stark pflegebedürftig ist, sondern auch noch arge Gedächtnisprobleme hat. Außerdem hat Stafros noch eine geschiedene Frau, die mit irgendeinem Kerl zusammen wohnt, den er natürlich nicht ausstehen kann. Außerdem kommen immer mehr Chinesen in sein Viertel, die gegenüber ein großes Restaurant eröffnen wollen und jeden Laden in der Nähe aufkaufen wollen. Außerdem will die Stadt ein interkulturelles Denkmal errichten. Genau vor seiner Nase, verflucht nochmal. Wo soll er denn jetzt Fußball spielen? Und diese Albaner. Ständig laufen sie durch die Gegend und bringen den Hund, den armen Patriotos zur Verzweiflung. Außerdem taucht Nikos plötzlich auf – natürlich ein Albaner – und Stafros' Mutter fängt plötzlich an, nur noch albanisch zu sprechen, seine Freunde wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben und Mama verbietet ihm immer noch, seine Rockplatten zu hören. Verdammt! Sein Leben ist eigentlich total beschissen.

„Kleine Wunder in Athen“ ist auch ein kleiner Film, der auf ganz schlichte Art ein authentisches Bild des heutigen Griechenland und des Lebens in Athen zeichnet. Dabei schafft es Regisseur Filipos Tsitos auf verblüffende Art und Weise, Witz und Alltagstragik zu vermischen, ohne, dass es aufgesetzt oder gezwungen wirkt. Er lässt die Skurilität mancher Bilder und Situationen einfach wirken, ohne, sie mit einem übertriebenen Gagfeuerwerk zu feiern, oder einen unpassenden Spannungsbogen ein zu flechten. Es ist eben, wie gesagt, ein ganz schlichter Film. Er behandelt nicht die Großen Probleme, wie Euroschulden, oder gewalttätige Demonstrationen, sondern eben die Dinge, die im Grunde jeder nachvollziehen kann, egal, ob er nun aus Griechenland kommt, oder nicht. Zunächst ist man beispielsweise noch schockiert, wegen des ungezügelten Rassismus, den Stafros und seine Freunde an den Tag legen, denkt sich dann aber bald, dass das ja bei uns im Grunde nicht anders ist. Die Musik verdient auch noch eine Erwähnung. Die ist nämlich alles andere als griechisch. Wir hören ganz kleine, unbekannte, aber wirkungsvolle Rocksongs, die auch das Gesamtbild des Filmes wiedergeben. Schlichtheit, in Perfektion zelebriert. So hochtrabend über diesen Film zu schwadronieren, kommt mir jetzt irgendwie seltsam vor, macht aber deutlich, je weniger ein Film zeigt, desto mehr kann man in ihm sehen.

„Kleine Wunder in Athen“ zelebriert diesen Stil ohne die Schwermütigkeit eines trägen Dramas und auch ohne die visuelle Härte der Dogma-Filme. Damit meine ich: Ein schöner kleiner Film über kleine Dinge, die in Athen passieren. Wenn man genau hin sieht, erkennt man vielleicht auch das ein oder andere Wunder.

Akadimia Platonos (GRE, 2009): R.: Filipos Tsitos; D.: Antonis Kafetzopoulos, Anastasis Kozdine, Yorgos Souxes, u.a.; M.: Nikos Kypourgos, Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

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Donnerstag, 2. September 2010

Eine Karte der Klänge von Tokio

Ich probiere es mal wieder mit einem japanischen Film. Beim letzten Mal gab es eine Überraschung, was nicht überraschte. Denn irgendwie haben wir brav und nichtsahnend, wie wir sind ja spätestens bei Kill Bill gemerkt, dass die Filme, die mit Japan zu tun haben, irgendwie anders sind. Es ist erstaunlich, dass sich dieses Land mit all seiner hochmodernen Industrie und Technik einen prägenden Teil seiner Exotik ausgerechnet im Film erhalten hat. „Jan und japanische Filme“ ist ein ziemlich kleines Kapitel und jedes Mal habe ich gemerkt, dass ich ganz viel nicht verstehe und mit noch mehr nichts anfangen kann. Nennt es Blockade, oder Ignoranz, ich kann es nicht erklären. Was nun passiert, wenn all diese Dinge, mit denen ich nichts anfangen kann auf eine spanische Regisseurin treffen, sieht man jetzt im neuen Film von Isabel Coixet, „Eine Karte der Klänge von Tokio“

Nagara ist ein großer Geschäftsmann. Seine berühmte Geduld und Fassung wird schwer erschüttert, nachdem seine Tochter Selbstmord begangen hat. Die Schuld daran gibt er David, dem Verlobten seiner Tochter. Er glaubt, weil David sie nicht richtig geliebt hätte, sei sie depressiv gewesen und hätte sich deshalb umgebracht. Nagara weiß, dass er mit dem Gedanken, dass David weiter leben, lachen, essen und trinken kann, während seine Tochter tot ist, nicht leben kann. Also beauftragt er die Profikillerin Ryu. Sie soll David töten. Ryu geht also ganz nach Plan vor und späht ihr Opfer aus. David ist Spanier und hat in Tokio einen Weinladen aufgemacht. Hier treffen die beiden auf einander und bevor Ryu ihren Auftrag erfüllen kann, verliebt sie sich in David. Nagaras Sekretär, der stündlich mit Ryus Erfolgsnachricht rechnet, wird zunehmend nervöser und beginnt, sie zu beschatten. Schnell stellt er fest, dass die Killerin, ihren Pflichten nicht nach gekommen ist und sieht sich gezwungen, den Auftrag selbst zu erledigen.

Isabel Coixet hat vor zwei Jahren einen wunderschönen Film gemacht. „Elegy“ war dramatisch, mit großartigen Charakteren und so tragisch, wie kaum ein anderer Film in den letzten Jahren. Wahrscheinlich ist das zu großen Teilen der berühmten Romanvorlage von Philip Roth geschuldet gewesen, denn in Coixets neuem Film merkt man von diesem Tiefgang und der Intensivität nicht mehr viel. Die Figuren wirken irgendwie profillos. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass Ryu kaum etwas sagt, und wenn sie spricht, dann haucht sie schwülstige Phrasen über den Sinn des Lebens von sich. Prinzipiell hinterfragt Ryu auch immer alles. „Magst du Musik, Ryu?“ - „Warum fragst du das?“ Himmel! Man kann es irgendwann nicht mehr hören und nur noch mit den Augen rollen, wenn sie ihre vollen Lippen öffnet, tief Luft holt, und dann letztendlich doch nichts entweichen lässt. Ryu ist auch eine Figur, mit der man sich nicht identifizieren kann, weil man all ihre Motive hinterfragt. Diesen Fragen kann diese unausgereifte und im Grunde oberflächliche Figur nicht stand halten und man verliert das Interesse an ihr. Der Spanier David entspricht dem stereotypen Bild des gutmenschlichen, romantisch veranlagten Europäers, dessen Faszination für ein fremdes Land, die gefestigten Japaner doch aus der Fassung bringt. Entweder man hasst ihn, oder man verliebt sich in ihn. Das Motiv des skrupellosen Killers, der von Gewissensbissen und einer Sinneswandlung geplagt wird, wurde schon tausendmal in allen möglichen Filmen behandelt. In den meisten dieser Filme, ist es auch gelungen. Hier wirkt es aufgesetzt und irgendwie als Alibi, um eben wenigstens irgendwas erzählen zu können. Viele gute Haare kann ich nicht finden. Es gibt ein paar schöne Bilder, der nächtlichen Großstadt und der Menschen, die hier leben. Die schöne Stimmung dieser Bilder wird aber durch völlig deplatzierte sogenannte komische Einlagen zerstört. Die Langsamkeit des Filmes lässt einen nervös werden und man fragt sich bald, was uns der Film eigentlich sagen will. Andere Genrevertreter können diese Frage bestimmt auch nicht beantworten, sind aber wenigstens in der Lage, diesen Mangel zu kaschieren.

„Eine Karte der Klänge von Tokio“ ist der Versuch, eine fremdartige Kultur, auf europäische Art und Weise darzustellen. Erstaunlicherweise destilliert aus dieser Mischung die reine Langeweile. Die Erfahrungen, die Coixet bei „Elegy“ gesammelt haben könnte, reichen offensichtlich nicht aus, dieses Vorhaben überzeugend umzusetzen. Daran ändert leider auch der überaus schick gemachte Vorspann nichts. Schade!

Map Of The Sounds Of Tokyo (J, ESP, 2009): R.: Isabel Coixet; D.: Rinku Kikuchi, Sergi Lopez, Min Tanaka, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

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Freitag, 27. August 2010

A-Team - Der Film

Wer kennt ihn nicht? Den Zigarren kauenden Grauhaarigen, der immer einen Plan hat und so guckt, als hätte er ein ernsthaftes Problem mit Botox – allerdings nicht im Gesicht. Wer kennt nicht seine verrückten Kumpane, die so illustre Namen haben, wie Face, oder Murdock, als entsprängen sie irgendeiner trashigen Actionserie aus den 80er Jahren. Wer kennt nicht das A-Team?

Tja. Ich zum Beispiel. In Unkenntnis der Kontinuität der Serie, oder sonstiger Handlungsstränge und Geschichten, schildere ich nun ganz dilettantisch die Story des Films. Irgendwo in Mexico sitzt Hannibal auf einen Stuhl gefesselt und wird böse gefoltert. Durch stoisches Grinsen bringt er die Folterer dazu, ihn nicht einfach zu erschießen, sondern zu verschwinden und Zähne fletschende Hunde auf ihn los zu lassen. Doch die Gangster haben nicht mit dem Tierfreund Hannibal gerechnet. Irgendwie befreit er sich und flieht. In der Wüste trifft er auf B.A. in seinem schwarzen Van. Spontan verstehen sie sich total dufte und brettern los, um Face zu befreien, der von den gleichen mexikanischen Folterknechten gefangen wurde. Wie es der Zufall will fährt man anschließend in ein Krankenhaus. Hier schnappen sie sich den verrückten Murdock und einen ollen Hubschrauber und los geht’s gen Heimat. Unterwegs noch schnell die üblen Burschen abgeschossen und: Tadaa! Das A-Team ist vereint. Bestehend aus ehemaligen Elite-Soldaten bilden sie nun die ultimative Undercovertruppe des Militärs. Sie sind sozusagen das As im Ärmel des Präsidenten. Sie sind die letzte Verteidigungslinie zwischen dem Abschaum der Welt und Menschen, wie Dir und mir. Sie sind, verflucht nochmal, die Besten der Besten. Sie sind ergebene Diener Amerikas. Sie sind...und so weiter... Eines Tages flattert ein besonders heikler Auftrag ins Haus. Irgendwie sind irakische Terroristen in Besitz irgendwelcher Druckplatten gekommen, mit denen hübsche neue Dollarnoten gedruckt werden können. Klarer Fall, dass Hannibal und sein Team diesen Auftrag annehmen. In locker leichter Manier werden die Druckplatten auf dezent gekonnte Weise geklaut. Doch sie wurden rein gelegt. Irgendwer schnappt sich das wertvolle Gut und tötet auch noch den besten Freund Hannibals. Nun steht das A-Team vor Gericht und soll ins Gefängnis. Doch sie haben nicht mit dem Pilatesmeister Hannibal gerechnet...

Was soll ich sagen? Ich habe die Serie nie wirklich gesehen. Weder damals noch heute. Ich weiß noch, dass in der Grundschule immer heimlich über das A-Team geredet wurde, denn eigentlich sollten die lieben Kleinen das nicht gucken. Meine Eltern waren offensichtlich die einzigen, bei denen das auch durchgesetzt wurde, denn ich hatte keine Ahnung, warum immer jeder Hannibal sein wollte, und sich beim spielen immer einen kleinen Stock zwischen die Zähne klemmen wollte. Der Film nun bietet - für mich zumindest - beinahe keinerlei Zugang. Er fängt einfach an und die bekannten Figuren werden ohne große Einführungen in die Handlung katapultiert. Trotz meiner Unkenntnis habe ich alle Hauptcharaktere erkannt und sogar die meisten Witzchen verstanden; glaube ich. Das ist auch nicht der Punkt. Die ganze Dramaturgie des Filmes ist viel zu hektisch geraten. Bevor man überhaupt weiß was los ist, kommt schon wieder der nächste Auftrag. Der Film macht keine Pausen und es wird atemlos durch knapp zwei Stunden Laufzeit gehetzt. Der Spaß blieb zumindest bei mir auf der Strecke. Bombastische Action, die auf markige Actionsprüche trifft, war vielleicht in den 80er Jahren cool, kann mich aber im modernen Kino nicht sonderlich unterhalten. Doch das muss man den Film zu Gute halten, denn genau das sollte er auch erreichen. Das Gefühl und das Flair der alten Trashfilme in einem zeitgemäßen Gewand. Dazu die üblichen Plattitüden ala Turban tragende, wild gestikulierende Terroristen, die vergeblich den Rückwärtsgang in ihrem russischen Panzer suchen, die vielleicht nicht politisch korrekt sind, aber eben irgendwie dazu gehören. Über Liam Neeson, der ein Schauspieler ist, den ich bis jetzt immer verteidigt habe, auch wenn er die blödesten Rollen gespielt hat, möchte ich an dieser Stelle nichts sagen. Aber verflucht: Schlimmer kann es fast nicht mehr werden.

„A-Team“ ist , glaube ich genau das geworden, was sich viele Fans erhofft haben. Laut, schnell und mit Nachtelfirokesen. Alles wie früher, nur ordentlich aufgepeppt. Wem diese Serie noch nie zugesagt hat, wird auch durch diesen Film nicht geläutert werden. Allen anderen ist es erlaubt, ihren Spaß zu haben. Es ist eben ein Film, den man in keiner Weise überbewerten sollte, deswegen behalte ich den Puls heute unten und denke an Blümchen und Schmetterlinge, die mich die zwei Stunden meines Lebens, die mir dieser Film gestohlen hat vielleicht vergessen lassen.

The A-Team (USA, 2010): R.: Joe Cannahan; D.: Liam Neeson, Bradley Cooper, Jessica Biel, u.a.; M.: Alan Silverstri; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

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Freitag, 20. August 2010

Toy Story 3

Es nimmt kein Ende. Wieder eine Fortsetzung eines bekannten und etablierten Trickfilms. Wieder putzige Plakate, die auf Running-Gags der Vorgänger anspielen. Wieder irgendwelche B-Prommis als Synchronsprecher. Und – Oh mein Gott! - schon wieder 3D! Wird es auch wieder eine völlig unsinnige Umkrempelung eines funktionierenden Konzepts, nur um mit der Konkurrenz gleichziehen zu können? Mal sehen. Wir gucken uns „Toy Story 3“ an.

Fassen wir die ersten beiden Teil kurz zusammen: Cowboy Woody ist das Lieblingsspielzeug von Andy. Zusammen erleben sie die tollsten Spielzeugabenteuer und Woody ist sozusagen Chef im Kinderzimmer. Hier ist alles streng organisiert, damit auch kein Spielzeug ungerecht behandelt wird. Woody ist sowohl bei den Spielzeugen, als auch bei den menschlichen Bewohnern des Hauses beliebt. Eines Tages hat Andy Geburtstag und bekommt tatsächlich eine Buzz Lighyear Actionfigur geschenkt. Der Space Ranger ist natürlich viel cooler als Woody und durch Eifersucht geblendet ersinnt der Cowboy einen fiesen Plan, um sich selbst wieder auf den Thron zu befördern. Im zweiten Teil wird Woody versehentlich auf dem Flohmarkt an einen manischen Spielzeugsammler verkauft. Er ist nämlich mal weltberühmt gewesen und macht nun Bekanntschaft mit dem Pferd Bully und der kessen Lady Jesse. Zusammen mit dem stinkenden Pete sind sie eine komplette Sammlung und sollen an ein Museum verkauft werden. Buzz und die übrigen Spielzeuge machen sich nun auf den Weg, Woody wieder nach Hause zu holen.
In Teil 3 stehen die Spielzeuge um Woody und Buzz vor einem knackigen Problem. Andy ist nämlich kein kleiner Junge mehr, sondern schon groß geworden. Er sitzt lieber am Computer, als mit den alten Spielsachen zu spielen. Außerdem soll er demnächst aufs College gehen und dazu gehört, dass er sein altes Zimmer ausmistet. Die meisten Spielzeuge sollen auf den Speicher und ein paar sollen einer Kita gespendet werden. Woody soll als einziges Spielzeug mit ins College. Durch Zufälle und Versehen landen letztlich alle Spielzeuge in der Kita. Hier hat der Knuddelbär Lotso das Sagen und alles sieht paradiesisch aus. Doch bald stellt sich heraus, dass die Kita doch kein Paradies und Lotso auch nicht ganz so knuddelig zu sein scheint.

Toy Story ist ein echter Klassiker. 1995 löste er regelrechte Begeisterungsstürme aus . Noch nie waren derart detaillierte Computeranimationen zu sehen und gleichzeitig wurde eine schöne Geschichte mit lebendigen Charakteren erzählt. Der zweite Teil musste dann schon gegen harte Kunkurrenz im CGI-Business anstinken. Es drohte, zu kippen, denn die neuen Figuren waren oberflächlich geraten und es gab zu viele Szenen und Elemente, auf die man gerne verzichtet hätte. Ein Sakrileg stand zu befürchten, nämlich, dass ein überdurchschnittlich guter Film durch übereilte Fortsetzungen versaut werden würde. Bestes und jüngstes Beispiel für so eine Situation liefert zweifelsfrei „Shrek 4“. Höchste Skepsis also bei „Toy Story 3“
Und da ist er nun. Natürlich ist alles ein bisschen größer geworden, und auch wenn das Spielzeugsetting einen schlichten und klaren Stil vorgibt, wurden die Animationen stark verbessert. Die pompöse Eröffnungsszene zeigt auf clevere Art und Weise, was die Pixar-Leute drauf haben, ohne den urpsünglichen Stil zu sehr zu verändern. Das gleiche gilt auch für die Charaktere. Die neuen Figuren sind sehr cool und trotz ihrer verhältnismäßg kurzen Auftritte sind sie überzeugend und gestalten sinnvoll die neue Geschichte. Der Film ist voller Wendungen und frecher Zitate auf Filmklassiker, so dass auch die älteren Zuschauer hin und wieder schmunzeln können. Überhaupt scheint der Film vor allem für diejenigen gemacht worden zu sein, die damals beim ersten Teil noch Kinder waren und nun, ebenso, wie Andy erwachsen geworden sind. Nach dem spannenden Finale des Abenteuers gibt es übrigens eine derart intensive und rührende Abschlussszene, bei der man schwer schlucken muss. Zuschauer, die nah am Wasser gebaut sind aufgepasst. So etwas hätte ich wegen all der Skepsis hier wirklich nicht erwartet.
Ein Wort zu den Synchronsprechern muss ich am Ende doch noch loswerden. Woody wurde in den beiden Vorgängerteilen von Peer Augustinski gesprochen und so unverständlich der Schritt war, ihn nun von Bully Herbig synchronisieren zu lassen, so unspektakulär ist es auch. Bei all der Aufregung um die Neubesetzung muss ich sagen, dass man den Unterschied kaum merkt und Bully ist nicht zu erkennen. Viel Lärm um nichts.

Toy Story 3 ist entgegen aller Befürchtungen meinerseits sehr schön geworden. Nichts scheint zu viel oder zu wenig geraten zu sein und Pixar hat sich wirklich Gedanken gemacht, wie man die Geschichte nicht nur sinnvoll fortsetzen kann, sondern sie auch noch zu einem befriedigenden Ende bringen kann. Also, alles gut. Gott sei Dank.

Toy Story 3 (USA 2010): R.: Lee Unkrich; OVA: Tom Hanks, Tim Allen, Joan Cussack, u.a.; M.: Randy Newman; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Mittwoch, 11. August 2010

Das Konzert

Der französische Film war für mich immer ein bisschen, wie ein dickes Buch, von dem alle sagen, es wäre ganz toll und ich müsse es unbedingt lesen. Und immer wenn ich anfange, zu lesen, finde ich keinen richtigen Zugang. Es gibt zwar tolle und spannende Passagen, aber insgesamt quäle ich mich nur durch und lege es irgendwann frustriert weg. Nun gab es in den letzten Jahren immer mal wieder Filme aus Frankreich, die einer großen Anzahl Zuschauern sehr gut gefallen hat. Zu nennen wäre hier ganz klar „Die fabelhafte Welt der Amelie“ und jüngst „Willkommen bei den Sch'tis“. Tolle, lustige und bunte Filme. Seitdem hat sich das Bild des französischen Films für uns gewandelt. Der Begriff ist regelrecht zu einem Label geworden und garantiert stets großen Zuspruch. Kein Wunder also, dass auf dem Plakat zu Radu Mihaileanus neuen Film „Das Konzert“ der Satz prangt: „Der Sommerhit aus Frankreich“

Andrei Filipov ist Hausmeister am berühmten Moskauer Bolschoitheater. Dem Putzen kann er nicht besonders viel abgewinnen, denn er war früher ein berühmter Dirigent. In den 80er Jahren gab es keinen besseren, als „Maestro“ Filipov, der das Bolschoiorchester dirigierte. Weil er sich aber weigerte, jüdische Musiker aus dem Ensemble zu werfen, wurde er umgehend von der kommunistischen Partei degradiert und das Orchester aufgelöst. Beim Aufräumen des Chefbüros fängt er ein Fax aus Paris ab. Das Chatelet will, dass Bolschoi zu einem Gastkonzert auftritt. Andrei wittert die Chance, seinen Traum zu erfüllen und mit der Vergangenheit endgültig abzuschließen. Er trommelt alle ehemaligen Musiker des Orchesters zusammen, anstelle des echten Bolschois nach Paris zu fahren und überredet sogar den Parteifunktionär, der ihn damals während der Aufführung von Tschaikowskis Violinenkonzert von der Bühne holte, ihm zu helfen. Nach einigen skurrilen Zwischenfällen kommt man in Paris an und hier wartet bereits die bekannteste Nachwuchsgeigerin Frankreichs, Anne-Marie Jacquet, mit der Andrei noch eine persönliche Angelegenheit zu klären zu haben scheint.

„Das Konzert“, der große Sommerhit aus Frankreich, begeistert hierzulande tausende von Zuschauern und Kritikern. Noch vor dem Bundesstart am 29. Juli schwelgte die Presse in Begeisterung und der Film wurde von allen Seiten mit üppigen Vorschusslorbeeren bedacht. Ich tue mich nun allerdings ein wenig schwer damit, diese Begeisterung ohne Vorbehalte zu teilen. Die Story entbehrt nicht einer gewissen Dramatik, hält aber auch die Waage zu komischen, geradezu skurrilen Passagen. Der Spannungsbogen ist ebenfalls ausgewogen und man wird ohne unnötige Umwege zum fulminanten Finale geführt. Auf dem Weg dorthin hat man allerdings immer wieder den Eindruck, dass die Figuren zu oberflächlich geraten sind, und der fehlende Tiefgang der Story mit geschickt eingebauten Rückblenden in körnigem Schwarzweiß kaschiert wird. So merkt man relativ schnell, dass die eigentliche Story nur als Aufhänger genutzt wird, um eine, in Filmen, so gut, wie noch nie aufgetretene Szene zu zelebrieren: Das Konzert.
Bemerkenswert ist hier, dass man im Film tatsächlich das komplette Violinenkonzert hört. Die Wirkung der wunderbaren Musik wird voll ausgenutzt. Durch sehr sorgfältig ausgesuchte Perspektiven und Schnitte ist diese letzte Szene so intensiv, dass man den Kloß im Hals und feuchte Augen kaum unterdrücken kann. Man geht also entsprechend aufgewühlt aus dem Kino und ist natürlich total begeistert. Und von dieser letzten Szene lebt der Film und untermauert die durchweg positiven Bewertungen.

„Das Konzert“ ist ein schöner Film, zweifelsohne. Die eigentliche Story ist für meinen Geschmack allerdings zu oberflächlich ausgearbeitet und wirkt manchmal eher wie ein Alibi, das einer einzigartigen Szene ihre Daseinsberechtigung geben soll. Trotzdem hat es der Film verdient, eine Empfehlung ausgesprochen zu bekommen, nicht zuletzt wegen der tollen Musik.

Le Concert (F, RU 2009): R.: Radu Mihaileanu; D.: Aleksei Guskov, Dmitri Nazarov, Mélanie Laurent, u.a.; M.: Armand Amar; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus, CineStar

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Freitag, 6. August 2010

Bilderrausch

Tja, wo sind sie hin, die schönen Bilder? Sie sind entfernt worden von mir, da Kineast nun zu weiteren Ufern aufbrechen will und demnächst via paperblog aboniert werden kann. Durch die ungeklärte Lage der Bilderrechte, habe ich die Plakate erstmal entfernt, bis das alles geklärt ist. Bis dahin kommt Ihr bestimmt auch ohne sie einigermaßen aus.

Vielleicht kann man sich ja auch ein völlig neues Konzept zur Visualisierung überlegen. Ich denk mir was aus.

-J-

Donnerstag, 5. August 2010

Inception

Träumen Sie? Sind Sie sicher, dass das, was Sie in diesem Moment wahrnehmen die Realität ist? Und was macht Sie so sicher, dass Sie nicht mehr träumen, wenn Sie aufgewacht sind? Stimmt es , dass unser Unterbewusstsein die aufgenommenen Einflüsse verarbeitet und sich dieser Prozess eben als Traum manifestiert? Wie kommt es dann, dass man von Menschen träumt, die man noch nie in seinem Leben gesehen hat? Sind wir allein in unseren Träumen? Kommt die Idee und die Story zu Chirstopher Nolans neuen Film „Inception“ vielleicht auch aus einem Traum?

Wer ist Cobb? Womit verdient er sein Geld? Warum reist er ununterbrochen von einem Ort zum nächsten, kreuz und quer über den gesamten Globus? Ist er ein Geheimagent? Ist er ein Spion? Was für einen Auftrag hat ihm der Großindustrielle Sato erteilt? Warum darf er seine beiden Kinder nicht besuchen und was ist mit seiner Frau geschehen? Wieso wirbt er die junge Studentin Ariadne an? Wozu brauchen sie und ein ganzes Team, obskurer Gestalten all diese Gerätschaften? Ein Chemiker, ein Waffenexperte, eine Architektin? Was hat das alles mit dem Erbe eines großen Konzerns, Robert Fisher zu tun? Ist es Zufall, dass all diese Menschen in das gleiche Flugzeug steigen? Ist vielleicht wesentlich mehr auf diesem 10-Stunden-Flug geschehen, als wir es uns in unseren Träumen auch nur entfernt vorstellen können? Sehen Sie auch genau zu?

Christopher Nolan liebt Fragen, die er nur beantwortet, um gleich wieder zehn neue Fragen in den Raum zu stellen. Das soll einen aber nur ablenken und man stellt am Ende des Films fest, dass die ursprüngliche Frage immer noch unbeantwortet ist. Dadurch bilden sich immer überaus komplexe Storys, bei denen man immer angst hat, man verliert den Faden. „Gleich weiß ich nicht mehr, worum es überhaupt geht. Jetzt muss ich ganz doll aufpassen“ Natürlich kommt dieser Punkt nie, denn Nolan hat die Geschichte bis ins kleinste Detail perfekt durchdacht. In seinen bisherigen Filmen hat er mit diesen dramaturgischen Kniffen gespielt und experimentiert. „Memento“ wirkt wegen des Konzepts des rückwärts Erzählens sehr roh und das Ende zu gezwungen. In „Batman Begins“ kommt diese Struktur nur sehr oberflächlich zum Tragen, bricht aber dafür um so mehr in „Dark Knight“ hervor. In „Inception“ nun hat Nolan alles auf ein unglaublich nahezu perfektes Level getrieben. Es ist schwer zu glauben, wie sich ein Mensch all das ausdenken kann, was sich in der fantastischen Story, den starken Charakteren und wunderschönen, beinahe beängstigenden Bildern manifestiert. Über allem steht die Frage nach der eigenen Wahrnehmung der Realität. Und diese Frage bleibt natürlich unbeantwortet, so dass man einigermaßen verwirrt aus dem Kinosaal gehen wird. Dinge, wie schauspielerische Leistung der Darsteller, technische Umsetzung oder Filmmusik, werden völlig banal, angesichts dieser Inszenierung. Sie ergeben ein großes Ganzes, welches man einfach nicht auseinander nehmen kann. Vielleicht gibt es Dinge, die man bemängeln könnte, sie fallen einem aber schlicht und einfach nicht auf.

Viele Menschen neigen gerne und schnell dazu, mit Superlativen um sich zu werfen, wenn es um großes Kino geht. Ich weiß nicht, ob es der großartigste Film aller Zeiten ist und ob die Mehrheit der Zuschauer wirklich noch nichts vergleichbares gesehen hat. Auf jeden Fall ist es Erzählkunst auf ganz großem Niveau mit einer neuen und nahezu perfekten Performance. Auf jeden Fall ist es ein Film, den man gesehen haben muss und mich zumindest hat er in meine Träume verfolgt.

Inception (USA 2010): R.: Christopher Nolan; D.: Leonardo DiCaprio, Joseph Gordon-Levitt, Ellen Page, u.a.; M.: Hans Zimmer; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar, lichthaus (demnächst)

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Donnerstag, 29. Juli 2010

Knight and Day

Mal ein Abenteuer erleben. Mal was riskieren. Mal alle Bedenken über Bord werfen und sich einfach hinein stürzen. Mal ins Kino gehen und sich einen Film ansehen, von dem man ganz genau weiß, es ist ein kleines nichts sagendes Filmchen. Lockere und oberflächliche Unterhaltung für den Sommer. James Mangold, Tom Cruise und Cameron Diaz in einem Film, der „Knight & Day“ heißt? Ach was soll's? Mal ganz offen sein und sich sagen: „Vielleicht ist er ja doch gar nicht so schlecht.“

June ist unterwegs mit einer Tasche voller Ersatzteile für alte Autos. Sie restauriert nämlich mit voller Leidenschaft Oldtimer. Abgesehen davon entspricht sie voll und ganz dem Hollywoodklischee einer Frau. Blond, ein bisschen tolpatschig und eben das liebenswerte Dummchen. Roy ist unterwegs mit einer Tasche, in der ein supergeheimes Objekt steckt. Er ist Geheimagent und wird von allen möglichen bösen Jungs verfolgt, denn er hat besagtes Objekt aus einem Forschungslabor gestohlen. Roy entspricht voll und ganz dem Hollywoodklischee eines Mannes. Supercool, immer einen lockeren Spruch parat und unbesiegbar gegen Unmengen schießwütiger Gegner. Wie es der Zufall will, begegnen sich Roy und June auf dem Flughafen und natürlich steigen sie in das selbe Flugzeug. In der Luft stellt sich heraus, dass alle Menschen an Bord, außer June, böse Jungs und Mädels sind, die Roy an den Kragen wollen. Kurzerhand bringt er alle um und landet das Flugzeug. Mit June zusammen muss er nun fliehen, denn die bösen Jungs glauben natürlich, sie gehöre zu ihm und wisse etwas über das geheimnisvolle Objekt. Zusammen rennen sie von einer Verfolgungsjagt zur nächsten Schießerei und schaffen es sogar noch, sich zu verlieben.

James Mangold hat bis jetzt immer solide Arbeit abgeliefert. Manchmal hat er sogar richtig gute Filme hingekriegt. Zu nennen wären hier „Walk The Line“ und „Todeszug nach Yuma“. Der Mann kennt sich also mit Hits aus und mit Hollywoodgrößen. Er ist ein Regisseur, der sein Handwerk versteht, ist aber nicht in der Lage, einen guten Film zu machen, dem von vornherein jegliche Substanz fehlt. Abgesehen von der sehr gut gemachten Action, bietet „Knight & Day“ nur oberflächliche und überflüssige Dinge. Eine Hintergrundstory, die dermaßen kompliziert aufgedröselt wird, dass man gar nicht richtig zu hört, was aber auch nicht wirklich schlimm ist. Die Wendungen in der Story sind vorhersehbar und werden deshalb auch gar nicht richtig ausgekostet. Bevor man sagen kann: „Das find ich aber jetzt irgendwie blöd“, kommt die nächste Actionszene und man hat schon wieder vergessen, worüber die beiden gerade geredet haben. Das mag bei solchen Filmen durchaus legitim sein, man wünscht sich aber, dass die Figuren wenigstens ein bisschen Charakter geschenkt bekommen. Sowas braucht man, um sich mit ihnen identifizieren zu können, damit man mit ihnen fiebern kann und damit es ein bisschen spannend wird. So aber haben wir nur Tom Cruise, den Mann mit den zwei Gesichtsausdrücken und Cameron Diaz, die Frau mit den zwei Brüsten.

„Knight & Day“ ruht sich zu sehr auf den beiden Namen der Hauptdarsteller aus. Wenn diese Hauptdarsteller gut spielen würden, wäre das auch gar kein Problem. Die Action überzeugt und die Story bietet, trotz ihrer Oberflächlichkeit sogar den ein oder anderen Lacher. Insgesamt verlässt man das Kino aber eher unbefriedigt. Mal wieder nen doofen Film gesehen. Mal wieder auf große Namen herein gefallen. Mal wieder sagen: „Ich habs doch gleich gewusst.“

Knight and Day (USA 2010): R.: James Mangold; D.: Tom Cruise, Cameron Diaz, Peter Sarsgaard, u.a.; M.: John Powell; Offizielle Homepage

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Samstag, 24. Juli 2010

Moon

Fast pünktlich zum einundvierzigsten Jahrestag der ersten Mondlandung am 21. Juli 1969 und des historischen Satzes Neil Armstrongs über große und kleine Schritte, hat es ein Film nach beinahe zweijähriger Wartezeit geschafft, zumindest in einigen deutschen Kinos zu starten. Dieser Film belebt einen fast tot geglaubten Mythos wieder und bringt den guten alten Mond auf erfrischend altmodische Weise wieder ganz groß auf die Leinwand zurück. Regie führte Duncan Jones, der Sohn von David Bowie, der ja schon immer irgendwie ein Kind des Kosmos war und die Hauptrolle spielt unnachahmlich und meisterhaft Sam Rockwell

Auf der Erde ist alles schön. Dank eines Durchbruchs in der Energieforschung ist es tatsächlich gelungen, Energie durch kalte Fusion zu gewinnen. Dazu braucht man Helium 3, ein Element, welches es in unerschöpflichen Mengen auf dem Mond gibt. Die Firma Lunar-Industries unterhält eine Förderanlage auf dem Mond, die zu größten Teilen voll automatisch läuft. Für wenige wichtige Aufgaben braucht man allerdings einen Menschen, der alles überwacht und wartet. Dieser Mensch heißt Sam Bell und ist nun beinahe 3 Jahre auf dem Mond. In zwei Wochen soll es endlich heim gehen und Sam kann seine Freude darüber kaum verbergen, wartet doch eine schöne Frau samt Kind auf der Erde auf ihn. Obwohl er die Gesellschaft seines Supercomputerkumpels Gerty sehr zu schätzen weiß, ist Sam dennoch ein bisschen seltsam geworden. Er baut Modellstädte und redet mit Pflanzen. Neben zahlreichen kleinen Ticks beginnt Sam aber nun, kurz vor der Heimreise, seltsame Dinge zu sehen. Offensichtlich handelt es sich um Einbildungen, wie ihm Gerty glaubhaft versichert. Doch dann findet Sam etwas, was er auf keinen Fall als Halluzination abtun kann. Hinzu wächst der dringende Verdacht, dass sowohl die Konzernleitung auf der Erde, als auch Gerty etwas verheimlichen.

Der Mond übte schon immer eine ganz starke Faszination auf die Menschen aus. Kein Wunder, dass sie also ganz dringend da hin wollten. Der Mond stand immer für den Fortschritt und für das technische Können und den Wagemut der Menschheit. Das Armstrongzitat - ob er es nun wirklich gesagt hat, oder nicht - trifft es auf den Punkt. Man hatte keinen wirklichen Grund, zum Mond zu fliegen. Der Weg war sozusagen das Ziel. Kaum waren die Menschen dort und haben gesehen, dass es da wirklich nichts gibt, ist das Interesse am Mond erloschen. Zumindest, was seine astronautische Erschließung angeht. In heutigen Zeiten von Ölkrise und Ölkriegen nimmt die Science Fiction plötzlich wieder ihren ursprünglichen Sinn wahr und der Mond avanciert einmal mehr zum Symbol der Zukunft. Helium 3 soll die Erlösung bringen und so taucht der Trabant neuerdings immer wieder in aktuellen Science Fiction Büchern auf. In den Büchern ist die eigentliche Reise zum Mond natürlich längst Routine und auf dem Mond selbst befinden sich meist gigantische Bauten und Komplexe. Im Film "Moon" ist das nicht der Fall. Hier ist alles ganz schlicht. Es gibt eine halb unterirdische Bunkeranlage mit tristen weißen Koridoren und ein- und ausklappbaren Funktionsmöbeln. Über die Oberfläche schleichen die gigantischen Förderfahrzeuge und mittendrin ein kleiner Mensch. Dieses Bild und die ganze Ästhetik des Films erinnern ganz stark an große Genre Klassiker, wie "2001" und "Lautlos im Weltraum". In einer Szene sieht Sam Rockwell sogar fast aus, wie Roy Scheider in "2010". Die kleinen liebevollen Zitate gepaart mit einer sehr einfachen, aber sehr spannend erzählten Story schaffen eine dichte und total überzeugende Atmosphäre. Der Film ist aber kein Thriller, sondern ist ganz leise und plätschert langsam und gemächlich dem überraschenden Ende entgegen. Sam Rockwell liefert hier eine sehr intensive Performance ab, die seinem Ruf als kleiner Nebendarsteller in großen Filmen spottet und zeigt, dass dieser Schauspieler sehr viel mehr kann, als man ihm zugetraut hätte. Abgerundet wird die Besetzung durch Kevin Spacey, der Gerty, den „HAL-esken“ Supercomputer in der Originalversion spricht.

"Moon" ist ein kleiner Film, der vor zwei Jahren unter anderem zum Fantasy Filmfest begeisterte und nun endlich auch für Normalgeeks und Teilzeitnerds zu sehen ist. Natürlich spricht der Film eine gewisse Zielgruppe an, ist aber auch enorm zugänglich für die herkömmlichen Kinogänger. Abgesehen davon erzählt er eine Geschichte, die wahr ist, egal ob sie nun auf dem Mond, oder auf der Erde spielt.

Moon (USA 2008 / 09): R.: Duncan Jones; D.: Sam Rockwell, Kevin Spacey (OVA), u.a.; M.: Clint Mansell; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus (demnächst)

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