Donnerstag, 2. September 2010

Eine Karte der Klänge von Tokio

Ich probiere es mal wieder mit einem japanischen Film. Beim letzten Mal gab es eine Überraschung, was nicht überraschte. Denn irgendwie haben wir brav und nichtsahnend, wie wir sind ja spätestens bei Kill Bill gemerkt, dass die Filme, die mit Japan zu tun haben, irgendwie anders sind. Es ist erstaunlich, dass sich dieses Land mit all seiner hochmodernen Industrie und Technik einen prägenden Teil seiner Exotik ausgerechnet im Film erhalten hat. „Jan und japanische Filme“ ist ein ziemlich kleines Kapitel und jedes Mal habe ich gemerkt, dass ich ganz viel nicht verstehe und mit noch mehr nichts anfangen kann. Nennt es Blockade, oder Ignoranz, ich kann es nicht erklären. Was nun passiert, wenn all diese Dinge, mit denen ich nichts anfangen kann auf eine spanische Regisseurin treffen, sieht man jetzt im neuen Film von Isabel Coixet, „Eine Karte der Klänge von Tokio“

Nagara ist ein großer Geschäftsmann. Seine berühmte Geduld und Fassung wird schwer erschüttert, nachdem seine Tochter Selbstmord begangen hat. Die Schuld daran gibt er David, dem Verlobten seiner Tochter. Er glaubt, weil David sie nicht richtig geliebt hätte, sei sie depressiv gewesen und hätte sich deshalb umgebracht. Nagara weiß, dass er mit dem Gedanken, dass David weiter leben, lachen, essen und trinken kann, während seine Tochter tot ist, nicht leben kann. Also beauftragt er die Profikillerin Ryu. Sie soll David töten. Ryu geht also ganz nach Plan vor und späht ihr Opfer aus. David ist Spanier und hat in Tokio einen Weinladen aufgemacht. Hier treffen die beiden auf einander und bevor Ryu ihren Auftrag erfüllen kann, verliebt sie sich in David. Nagaras Sekretär, der stündlich mit Ryus Erfolgsnachricht rechnet, wird zunehmend nervöser und beginnt, sie zu beschatten. Schnell stellt er fest, dass die Killerin, ihren Pflichten nicht nach gekommen ist und sieht sich gezwungen, den Auftrag selbst zu erledigen.

Isabel Coixet hat vor zwei Jahren einen wunderschönen Film gemacht. „Elegy“ war dramatisch, mit großartigen Charakteren und so tragisch, wie kaum ein anderer Film in den letzten Jahren. Wahrscheinlich ist das zu großen Teilen der berühmten Romanvorlage von Philip Roth geschuldet gewesen, denn in Coixets neuem Film merkt man von diesem Tiefgang und der Intensivität nicht mehr viel. Die Figuren wirken irgendwie profillos. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass Ryu kaum etwas sagt, und wenn sie spricht, dann haucht sie schwülstige Phrasen über den Sinn des Lebens von sich. Prinzipiell hinterfragt Ryu auch immer alles. „Magst du Musik, Ryu?“ - „Warum fragst du das?“ Himmel! Man kann es irgendwann nicht mehr hören und nur noch mit den Augen rollen, wenn sie ihre vollen Lippen öffnet, tief Luft holt, und dann letztendlich doch nichts entweichen lässt. Ryu ist auch eine Figur, mit der man sich nicht identifizieren kann, weil man all ihre Motive hinterfragt. Diesen Fragen kann diese unausgereifte und im Grunde oberflächliche Figur nicht stand halten und man verliert das Interesse an ihr. Der Spanier David entspricht dem stereotypen Bild des gutmenschlichen, romantisch veranlagten Europäers, dessen Faszination für ein fremdes Land, die gefestigten Japaner doch aus der Fassung bringt. Entweder man hasst ihn, oder man verliebt sich in ihn. Das Motiv des skrupellosen Killers, der von Gewissensbissen und einer Sinneswandlung geplagt wird, wurde schon tausendmal in allen möglichen Filmen behandelt. In den meisten dieser Filme, ist es auch gelungen. Hier wirkt es aufgesetzt und irgendwie als Alibi, um eben wenigstens irgendwas erzählen zu können. Viele gute Haare kann ich nicht finden. Es gibt ein paar schöne Bilder, der nächtlichen Großstadt und der Menschen, die hier leben. Die schöne Stimmung dieser Bilder wird aber durch völlig deplatzierte sogenannte komische Einlagen zerstört. Die Langsamkeit des Filmes lässt einen nervös werden und man fragt sich bald, was uns der Film eigentlich sagen will. Andere Genrevertreter können diese Frage bestimmt auch nicht beantworten, sind aber wenigstens in der Lage, diesen Mangel zu kaschieren.

„Eine Karte der Klänge von Tokio“ ist der Versuch, eine fremdartige Kultur, auf europäische Art und Weise darzustellen. Erstaunlicherweise destilliert aus dieser Mischung die reine Langeweile. Die Erfahrungen, die Coixet bei „Elegy“ gesammelt haben könnte, reichen offensichtlich nicht aus, dieses Vorhaben überzeugend umzusetzen. Daran ändert leider auch der überaus schick gemachte Vorspann nichts. Schade!

Map Of The Sounds Of Tokyo (J, ESP, 2009): R.: Isabel Coixet; D.: Rinku Kikuchi, Sergi Lopez, Min Tanaka, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr, live auf Radio Lotte Weimar.

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