Robert Rodriguez ist ein Name, der immer im Schatten eines anderen Namens steht. Wann immer über Rodriguez gesprochen wird, kommt auch der Name Tarantino ins Spiel. Die Verbindung dieser beiden Regisseure ist naheliegend. Die beiden sind seit der Schulzeit Freunde und haben einige Filmprojekte gemeinsam realisiert. Sie haben die Firma „Troublemaker Studios“ gegründet, die seither die Homebase der sogenannten Tarantino-Connection ist. Diese Gruppe von Filmemachern hat einen ganz bestimmten Stil im Film etabliert und gepflegt. Filme von Tarantino, Rodriguez, Oliver Stone und Tony Scott haben ganz besondere Figuren, die ganz spezielle Geschichten erleben. Dabei sind sie immer einen Tick neben der Spur. Zu ausgeflippt, zu chaotisch, zu sadistisch oder manchmal sogar zu cool. Vor allem aber, sind sie unabhängig vom großen Moloch Hollywood und zelebrieren diese Unabhängigkeit nicht selten mit völlig übertriebenen Gewaltexzessen und skurrilen, wie auch unkonventionellen – vor allem aber oft total unerwareteten – Todesarten.
Rodriguez und Tarantino haben nahezu bei jedem ihrer jeweiligen Projekte zusammen gearbeitet. Neben zahlreichen Cameo-Auftritten in ihren jeweiligen Filmen gab es immer wieder Gastspiele als Regisseur einzelner Segmente. In „Sin City“ führte Tarantino Regie bei der Episode mit Clive Owen und Benicio Del Toro. Für „Kill Bill“ komponierte Rodriguez Teile der Filmmusik. Dann kristallisierte sich eine Wende heraus. Tarantino gelang mit „Inglorious Basterds“ ein absolutes Meisterwerk. Waren seine bisherigen Filme immer ein bisschen roh und alles andere, als perfekt, katapultierte sich Tarantino mit diesem Film auf ein neues Level, des Filmemachens. Rodriguez hingegen hatte andere Pläne und schien sich bewusst in die komplett entgegengesetzte Richtung zu bewegen.
Mit „Grindhouse“ feierten beide Regisseure das Genre des 70er-Jahre-Trashkinos und brachten diesen speziellen Kulturkreis auf die große Leinwand – mit durchwachsenem Erfolg. Im Dunstkreis der beiden Filme „Death Proof“ und „Planet Terror“ entstanden auch einige Fake-Trailer zu fiktiven Filmen. So wurden vor dem Hauptfilm Filme beworben, wie „Thanksgiving“, „Werewolf-Women of The SS“ und natürlich „Machete“
Seinen ersten Auftritt hatte der mexikanische Superagent mit Affinität zu schweinescharfen Hieb- und Stichwaffen an eher unerwarteter Stelle. 2003 erschien „Mission 3D: Game Over“ - ein Spy Kids Spin Off. Mit der Reihe um superkrasse Kinderagenten wollte Rodriguez eigentlich das jüngere Publikum begeistern. Der Erfolg dieser Filme war eher unterdurchschnittlich und der völlig überkanditelte Actioner war stellenweise nur schwer zu ertragen. Zwar kam das Agentenabenteuer mit viel Augenzwinkern daher, trat aber immer auch als Möchtegernblockbuster auf. Der Trashfaktor war hier enorm hoch, aber eben leider eher unfreiwilliger Natur.
Dennoch zeigte dieser Kurzauftritt den Kern der Arbeit Rodriguez'. Alle seine Filme spielen alle im gleichen Kosmos und irgendwie hängt alles miteinander zusammen. Selbst in „Faculty“ tauchen Fuck You Boy und Fuck You Girl auf, die später kurze, aber denkwürdige Auftritte in „Planet Terror“ absolvieren.
Es war also klar, dass Machete früher oder später noch einmal auftauchen würde. Der berühmt-berüchtigte Trailer in „Grindhouse“ verfehlte seine Wirkung nicht und es gab sagenhafte Reaktionen der Fans. In einer beispiellosen Aktion wurden Unterschriften gesammelt und Rodriguez erhielt bergeweise Post mit der Bitte, aus dem Trailer einen Film zu machen.
Und genau so geschah es dann auch.
Im Jahr 2010 kam der erste Machete-Kinofilm in die Kinos. Der ruppige Grindhouse-Stil wurde nur zu Beginn noch benutzt. Bildwackler und Schmutz auf der Linse sind nur während der Introsequenz noch zu sehen. Den Rest des Films kommen die visuellen Eigenarten des Grindhouse-Kinos nur noch sporadisch zum Einsatz. Über die Story braucht man an dieser Stelle kein Wort zu viel verlieren; sie existiert im Grunde nicht. Im Verlauf des Films passieren ein paar denkwürdige Dinge. Zum Beispeil die Gedärm-Abseil-Aktion, von der Rodriguez im Grunde seit „El Mariachi“ schwärmt und immer gehöfft hat, sie irgendwann mal in einen Film mit einbauen zu können. Außerdem bekommt man endlich Lindsay Lohan im Adamskostüm zu sehen – etwas, worauf angeblich viele Fans gewartet haben – nur um sie anschließend als Racheengel im Nonnenkostüm wüten zu sehen.
Egal, welche Story-Kapriolen der Film vom Stapel lässt, das Ende bleibt offen und kündigt noch vor dem Abspann die beiden Fortsetzungen „Machete Kills“ und „Machete Killas Again...In Space“ an. Auch das ist natürlich nur ein Gag gewesen, der ebenfalls zur Hommage und Rekonstruktion des Trashkinos gehört. Dass Rodriguez mit solchen Gags manchmal mehr bewirkt, als er vielleicht beabsichtigt hat, zeigt, dass „Machete Kills“ nun tatsächlich in den Kinos starten wird.
Auch hier ist jedes Wort über die Story verschwendeter Atem. Es ist im Grunde der Aufguss der Story aus dem Vorgänger. Nur krasser. Das gleiche gilt für die Action- und Gewalteinlagen. Die Gedärme-Nummer wird auch noch weiter getrieben und es gibt eine Verfolgungsjagd mit Motorbooten, Autos, Helikoptern und irgendwelchen Space-Autos.
Das Besondere ist hier wieder der Cast des Films. Neben Mel Gibson und Charlie Sheen versammelt Rodriguez erneut zahlreiche Stars und solche, die es vielleicht noch werden wollen. Sie alle schließen sich dem Nonsens-Spaß an und feiern eine deftige Trash-Party.
Gegen Ende wird der Film so absurd und bescheuert, dass man sämtliche Twists unmöglich ernst nehmen kann. Es wird jedenfalls schwer dramatisch und episch und man weiß zumindest eins: Machete will return in „Machete Kills Again...In Space“
Jeder, der die „Machete“-Filme ernsthaft und gewissenhaft rezensieren will, ist Rodriguez bereits auf dem Leim gegangen. Wer ernsthaft über die schauspielerischen Qualitäten von Lady Gaga referiert, oder feststellt, dass die Spezialeffekte an manchen Stellen nicht so gelungen sind, hat schon verloren. Man muss seinen Kopf hundertprozentig ausschalten, dann kann man nur Spaß haben und dann durch die vielen unzähligen Metaebenen erkennen, welche Botschaft „Machete“ vielleicht wirklich in sich trägt. Wir sehen hier keinen Film, der wirklich spannend oder spektakulär sein will, sondern einen Film, der zeigt, wir Rodriguez derartige Filme als Kind betrachtet und gesehen hat. Es ist kein Film im eigentlichen Sinne, sondern ein Spielplatz, der beinahe keine Grenzen aufzeigt. Rodriguez kann alles und nichts machen – es spielt keine Rolle. Machete ist das sozusagen die Versinnbildlichung eines ganz bestimmten Verständnis für die Kunst des Filmemachens. Angesichts seines offensichtlich zu trashigen Ansatzes, weigert sich das Gehirn vehement, „Machete“ als Kunstwerk zu sehen. Aber wahrscheinlich ist es genau das.
Völlig egal, was da im Weltall auf uns wartet, ich werde es mir ansehen und mich auch ein drittes Mal wegblasen lassen, angesichts dieser schieren Masse an völlig bekloppten Ideen und Bildern. Angeblich soll Leonardo Di Caprio diesmal die Rolle des Bösewichts übernehmen. Der trägt mittlerweile eine eisenere Maske. Alles klar, soweit?
Machete Kills (USA, 2013): R.: Robert Rodriguez; D.: Danny Trejo, Michelle Rodriguez, Mel Gibson, Lady Gaga, u.v.a.; Offizielle Homepage
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