Wenn man dieser Tage in den Nachrichten von Piratenüberfällen auf internationale Frachtschiffe hört, hat man automatisch ein bestimmtes Bild im Kopf. Eine Bande chaotischer, aber irgendwie liebenswerter Halunken klettern mit Enterhaken und Messer im Mund die Reeling hinauf. Augeklappe, Papagei auf der Schulter und wildes Geheul. Sie hissen die Piratenflagge, rauben und stehlen, was nicht niet- und nagelfest ist, nur um ihren erfolgreichen Beutezug hinterher in einer ausufernden Orgie mit viel Rum ausgiebig zu feiern. Dass das nicht ganz der Wirklichkeit entspricht, weiß ich natürlich auch, aber irgendwie ist mir die Vorstellung des typischen Piraten viel lieber. Vor allem jetzt, da einer der bekanntesten Piraten der Welt wieder in See sticht und ein weiteres spannendes Abenteuer voller Gefahren zu bestehen. Sein Name: Jack Sparrow. Verzeihung! Captain Jack Sparrow.
Erinnern wir uns kurz: Am Ende seines letzten Abenteuers „Am Ende der Welt“ steht Jack ziemlich alleine da. Obwohl seine Freunde die gefährliche Reise ins Totenreich unternommen hatten, nur um ihn zu retten, zog er sich ihren Unmut durch üble Tricks und Intrigen zu. So war er verlassen und mal wieder wurde sein Schiff, die „Black Pearl“ gestohlen. Doch ist er immer noch im Besitz jeder Menge Rum und einer speziellen Karte, die ihm den Weg zur Quelle der Jugend aufzeigt. Jahre später kommt er nach London, um hier wiederum seinen Freund Gibbs zu helfen, der gerade gehängt werden soll, weil man ihn für Jack hält. In der Stadt geht das Grücht um, Jack hätte ein Schiff und suche nun eine Mannschaft. Jack selbst hat aber noch nichts davon gehört, weshalb er davon ausgeht, ein Betrüger sei in der Stadt. Der König von England hat auch davon gehört und will Jack an heuern für ihn die Quelle der Jugend zu finden, bevor die verhassten Spanier sie erreichen. Hier macht allerdings Kapitän Barbossa seinen Anspruch auf diesen Auftrag geltend, schließlich ist er hoch offiziell Freibeuter im Namen der Krone. Nach wildem Handgemenge landet Jack in einer düsteren Spielunke. Hier trifft er auf seine frühere Angebetete Angelica, die sich tatsächlich als Jack Sparrow verkleidet hat, um Männer anzuheuern. Sie wiederum arbeitet für den berüchtigten Blackbeard, der ebenfalls zur Quelle der Jugend unterwegs ist, um einer Prophezeiung entgegen zu wirken, nach der ein Einbeiniger für seinen Tod verantwortlich sein soll. Alle Parteien sind wild entschlossen und ein gefährliches Rennen beginnt. Mittendrin steht Jack, der wie immer versucht, alle Seiten gegeneinander auszuspielen, damit er letztendlich seine Ziele erreichen kann.
Hört sich nach einem ziemlichen Kuddelmuddel an? Ist es nicht. Die Geschichte erreicht nicht annähernd die Komplexität der beiden Vorgänger und entpuppt sich als ein typisches Piratenabenteuer. Dieser Schritt sozusagen zurück zu den Wurzeln hat der Reihe sehr gut getan. Zum Ende wurden die älteren Filme nämlich viel zu groß und hatten mit der ursprünglichen Geschichte kaum noch etwas zu tun. Im vierten Ableger der Serie nun haben wir alte Figuren, die geschickt in der Handlung weiter geführt werden, ebenso, wie einige neue Figuren, die sich ebenfalls nahtlos zu der bunten Truppe gesellen. Die Story besteht wieder aus der Mischung aus Seefahrermythologie und spaßigen Intrigen. Das grundlegende Motiv, dass prinzipiell niemandem zu trauen ist, der Pirat ist, oder zumindest mal ein Pirat war, sorgt für zahlreiche Wendungen, die der Geschichte den nötigen Drive geben. Angenehm fällt auf, dass die Optik wieder wesentlich „organischer„ geworden ist. Überbordende Spezialeffekte werden nur äußerst selten eingesetzt und man baut stattdessen auf starke Kulissen und Drehorte an Originalschauplätzen. Schauspielerisch bieten alle Darsteller solide Kost. Man stellt sich gerne vor, dass sie alle ihren Spaß hatten, vor allem Johnny Depp. Er hat mehr, als jeder andere in dieser Serie seine Rolle durch seine überzeugende Darstellung geprägt und verinnerlicht, so dass man im Film unterbewusst gar keinen Unterschied mehr zwischen Jack Sparrow und Johnny Depp macht. Soll heißen: Niemand anderes wird jemals diese Rolle spielen können.
„Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten“ ist durchaus gelungen, vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich bereits um den vierten Teil der Serie handelt und man erfahrungsgemäß immer davon ausgehen kann, dass die Filme einer Reihe immer schlechter werden, je höher die Ziffer hinter dem Titel ist. Die Story wurde sinnvoll weiter geführt, die neuen Figuren passen gut zu den alten und das Feeling der alten Filme geht nicht durch zu aggressive neue Elemente unter. Fans der Piratesaga dürften den Film ohnehin schon gesehen haben, allen anderen wird ein kurzweiliger Ausflug in die gute alte Piratenzeit sicherlich auch nicht schaden.
Pirates Of The Caribbean – On Stranger Tides (USA, 2011): R.: Rob Marshall;
D.: Johnny Depp, Penelope Cruz, Ian McShane, u.a.; M.: Hans Zimmer; Offizielle Homepage
In Weimar: CineStar
Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.
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