Montag, 26. November 2012

3 Zimmer/Küche/Bad

Es ist eine Frage universeller Bedeutung und seit unzähligen Generationen wird diese Frage von unzähligen Elternpaaren gestellt. Ab einem gewissen Alter, welches ihre Sprößlinge erreichen, sind sie jedoch außer Stande, diese Frage zu beantworten: Wie ticken meine Kinder? Interessant ist natürlich, dass sich bestimmte Genrationsmerkmale und Klischees erst im Nachhinein heraus kristalisieren. Ich, zum Beispiel, weiß nicht, welcher Generation man mich später dazu rechnet. Vielleicht erkenne ich es irgendwann selbst. In vielen Filmen und anderen Abhandlungsformen wird versucht, ein bestimmtes Bild einer Generation zu zeichnen. Meistens arbeitet man dann mit recht überzeichneten und unrealistischen Bildern, und prügelt sozusagen mit dem Vorschlaghammer auf Eigenschaften ein, die keiner Generation angehören. Ironischerweise werden dadurch manchmal neue Generationseigenschaften etabliert. Dieser Tage gibt es einen kleinen deutschen FIlm, der ein überaus passendes Bild der Generation der Studenten Mitte 20 abbildet, die ständig und ununterbrochen umziehen. Und zwar in Berlin.

In einer liebenswert-chaotischen Studenten-WG ist man früh auf den Beinen. Philips beste Freundin Dina will mal wieder umziehen und ihre Freunde haben ihr versprochen, zu helfen. Bevor es losgeht, muss Philip ihr erst einmal helfen, den zu geparkten Umzugslaster zu befreien. Beim Umzug lernt Philips ältere Schwester Wiebke den gut aussehenden Michael kennen. Der ist total charmant und sie verliebt sich sofort in ihn. Nach einer romantischen Nacht am See sagt er ihr allerdings, dass er eigentlich gar keine Beziehung will. Sie akzeptiert das zähneknirschend, weiß aber noch nicht, dass er in Wirklichkeit schon eine Beziehung will, allerdings mit Dina. Philip hilft unterdess seiner kleinen Schwester Swantje beim Umzug nach Stuttgart und holt seine Freundin Maria nach Berlin. Hier wollen Jessica und Thomas die WG verlassen und endlich mal zusammen ziehen. Das freie Zimmer soll Maria bekommen. Doch da geht was schief und das Zimmer ist doch nicht frei. Außerdem merkt Philip, dass ihm Dina viel wichtiger geworden ist. Es ngibt zahlreiche Trennungen mit Herzschmerz und unvermeidliche Abhandlungen über Diestelmeier und das Scannen.

Dieser Film ist unterhaltsam. Lässt man mal den Eindruck der ersten Minuten bei Seite, dass alle Figuren der aktuellen H&M-Kampagne entsprungen zu sein scheinen und dass ich, als nicht eben glühender Verfechter aktueller deutscher Pop-Liedkunst, von den Sternen begrüßt werde, erkennt man schnell einen enorm hohen Spaßfaktor. Es sind lustige Situationen, die jeder irgendwie aus dem Alltag kennt, die das Ganze so zugänglich machen. Insgeheim amüsiert man sich hier über Dinge, die man oft auch bei sich selbst feststellt. Jeder kann irgendwie sagen: Der eine Typ erinnert mich an jemanden, den ich kenne. Neben diesen kleinen charmanten Witzchen gibt es noch zwei Hauptaspekte, die den Film prägen. Zum einen läuft der Film an manchen Stellen zu regelrechten Gagfeuerwerken und total skurrilen Sequenzen auf, die jeder waschechten Komödie gerecht werden könnten. Dann gibt es plötzlich enorm tragische Passagen, die wohl suggerieren sollen, dass das Leben nun mal so ist, wie es ist und auch traurige Kapitel schreiben kann.
Das alles plättschert in einer enorm lockeren Runde beinahe zwei Stunden dahin. Die größte Stärke des Films ist eindeutig die Performance. Sowohl technisch zeigt der Film nahezu perfektes Handwerk, als auch bei der Leistung der Schauspieler. Die wirken alle, bis auf wenige prägnante und absichtlich überzeichnete Momente total natürlich und eben so, als ob man diesen Menschen jeden Tag an der Uni, oder im Park, oder an Orten, an denen sich die coolen Leute mit ihren Cliquen heutzutage so treffen, begegnen könnte.
Passend zu zahlreichen Klischees ist natürlich auch die schon erwähnte Musik. Schon des Öfteren habe ich unverständlich Leute beobachtet, die mit verklärtem Blick zu den fast schon dadaistischen Versen eines Peter Licht oder eben Jochen Diestelmeier lauschten und anschließend stundenlange Diskussionen über Poseie und Ästhetik führten. Dieses Klischee wird mit großem Augenzwinkern auf die Schippe genommen und es wird eine sehr überzugende Erklärung geboten, wie man den Text eines Sterne-Songs eigentlich zu verstehen hat.

"3 Zimmer/Küche/Bad" möchte sich hinter einer großen Botschaft über das Leben und den Lauf der Dinge und über die große Liebe und überhaupt allem, was die Generation der mittellosen, aber coolen Studenten so bewegt, verstecken. Der Rahmen und die durchaus unterhaltsamen witzigen Einsprengsel lassen diesen gigantischen Messagebrocken aber zurück treten und das eigentlich Thema verkommt etwas zur Oberflächlichkeit. Das macht aber gar nichts, denn man hat viel Spaß und kommt teilweise aus dem Lachen nicht mehr heraus. Ein kleines Stück, netter Film, den man aber keineswegs überbewerten sollte.

3 Zimmer/Küche/Bad (D, 2012): R.: Dietrich Brüggemann; D.: Jacob Matschenz, Anna Brüggemann, Robert Gwisdek, Corinna Harfouch, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Der Filmblog zum Hören: Ab 2. Dezember jeden Sonntag, zwischen 14:00 und 15:00 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

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