Sonntag, 20. Mai 2012

Hollywood trifft Weimar - Ein Tatsachenbericht


Das Atrium in Weimar hat eine dermaßen bewegte Geschichte hinter sich, dass man daraus locker einen spannenden Polit-Thriller drehen könnte. Als Teil des von Hitler teilweise errichteten Gau-Forums in Weimar, ist das Gebäude historisch nicht unbelastet. Es ist ein riesiger Kasten aus Beton und dermaßen stabil gebaut, dass man es nicht einfach abreißen kann. Mit massiven Sprengungen könnte man diese markante architektonische Scheußlichkeit wohl dem Erdboden gleich machen, würde dabei aber auch das historische Jakobsviertel mit weg pusten. Also hat man es zu DDR-Zeiten stehen gelassen und zu einem sogenannten „Mehrzweckgebäude“ umfunktioniert. Viele Legenden rankten sich um den Bau. Eine davon (gefällt mir fast am besten) sagt. das Bernsteinzimmer befände sich in einem verborgenen Kellerraum unter dem Gebäude und sei nie gefunden worden. Auch nicht während der Sanierungsarbeiten vor ein paar Jahren. Da hat sich nämlich ein Investor gemeldet, der in Thüringen nicht unbekannt ist. Der hat nämlich bereits den Uni-Turm in Jena saniert und ein Einkaufszentrum eingebaut. Das gleiche Konzept sollte nun auch in Weimar zum Einsatz kommen. Ein Atrium sollte hier entstehen. Mit zahlreichen Geschäften und einem „Welcome Center“ für Touristen sollte hier das neue Zentrum der Weimarer Geschäftswelt entstehen. Zahlreiche Proteste von Händlern aus der Innenstadt brachten nichts und auch ein durchaus nachvollziehbares, aber extrem unglücklich geratenes Infoheft einer Gruppe von Studenten, die auf die historischen Hintergründe des Gebäudes aufmerksam machen wollten, konnten nichts mehr ändern. Das Weimar Atrium eröffnete mit Pompösität und Krach. Und dann? Es war eben immer noch das, was es war. Ein Einkaufszentrum mit allerlei Schnick-Schnack, überflüssigen, wie auch nützlichen Läden und nach all der Aufregung ging es sehr schnell, dass sich die Weimarer, wie auch Gäste an das Ding gewöhnt haben.

Hin und Wieder versucht das Atrium mehr zu sein. Es werden Lesungen mit berühmten Synchronsprechern veranstaltet, Scooter war schon hier für eine Autogrammstunde und besonders liebt das Atrium seine Ausstellungen. Einkaufszentrums-Ausstellungen haben nicht ohne Grund einen bestimmten Ruf. Einzig „World Press Photo“ kann tatsächlich den Kriterien einer interessanten Ausstellung entsprechen.
Nun kann man sich im Atrium derzeit die Ausstellung „Hollywood trifft Weimar“ ansehen. Es werden interessante Einblicke in die Welt des Films versprochen, sowie einmalige Exponate und Originalrequisiten.
Als erstes sieht man E.T. In gar jämmerlichen Zustand. Eine billig nachgemachte Replik aus Gummi und Plastik. Okay, von mir aus. Als Eröffnung einer Hollywoodaustellung passt das schon. Interessanter sind ja die Originalexponate. Doch die gibt es auch in den nächsten Schaukästen nicht. Hier liegt eine Kette aus Plastik und daneben steht ein Foto von Kate Winslet und wenn man vergleicht, sieht man sofort, dass es sich bei dem ausgestellten Stück ganz sicher nicht um das Originalstück handelt. Weiter geht es mit einer Schaufensterpuppe, die aussehen soll, wie Indiana Jones. Diese Puppe scheint Klamotten aus dem gegenüberliegendem „New Yorker“ zu tragen. In einer Vitrine hat man eine Ork-Maske, die sogar halbwegs echt aussieht. Daneben eine Gollum-Figur, an der man sogar noch die Gussnähte sehen kann. Gleiches gilt für Schwert und Helm aus „300“, dem Phaser von Captain Kirk und der Golden Gun von Christopher Lee; alles vollkommen wertloser Plunder.


Zusätzlich sind noch ein paar Figuren aufgebaut, die vage an R2-D2 und C-3PO erinnern. „Terminator“, ein Film, der für seine spektakulären Special-Effects zum Beispiel mit einem Oscar honoriert wurde, sieht hier so dermaßen albern aus, dass es mir vor Lachen den Atem verschlägt. Die Star-Trek-Uniformen sehen nicht aus, wie Star-Trek-Uniformen und die rote Lederjacke von Brad Pitt aus „Fight Club“ könnte auch aus jedem anderen Film stammen. Aus „Star Trek“ zum Beispiel. Der Gipfel ist das „Alien“. Wäre H.R. Giger schon tot, würde er im Grab rotieren. Seit wann, bitte schön, haben die Viecher einen Totenschädel im Gesicht?

Es geht noch fröhlich weiter und jedes der 250 Exponate ist eine eigene kleine Katastrophe. Der Sinn dieser Ausstellung wird nicht ersichtlich. Ich will gar nicht wissen, wie viel das Atrium bezahlt hat, um diesen Schrott ausstellen zu dürfen. Es ist ein Witz und allein deshalb schon einen Besuch wert. Ich habe vielleicht noch nie den echten goldenen Colt gesehen, aber ich habe sofort erkannt, dass das nicht der echte war, den ich da in einer Vitrine aus Pressholz und Plastikpanelen gesehen habe.

Hollywood trifft Weimar – und zwar genau zwischen die Beine – Mit Anlauf...

Fotos: Franziska Ruhl

P.S.: Aus Gründen, die kein Mensch versteht, hat Bloggers die gesamte Software für das Erstellen von Posts "neu" gemacht. Das Resultat: Nichts funktioniert mehr. Deshalb kleben die Bilder ein bisschen zu sehr am Text, der wahrscheinlich auch noch eine andere Größe und Farbe hat, als gewohnt. Bravo!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen