Vor beinahe einem Jahr habe ich an dieser Stelle bereits das Bild des Arabers in Hollywoodfilmen thematisiert. Der von Medienwissenschaftler Jack Shaheen produzierte Dokumentarfilm „Reel Bad Arabs“ bot viel Stoff zum nachdenken und -haken. Seit ein paar Tagen läuft nun ein Film, dem seine Kritiker vorwerfen, er zeichne eine verhöhnende Karikatur von arabischen Terroristen, verharmlose den Terrorismus an sich und verunglimpfe obendrein noch die Opfer. Andere sehen in dem Film eine bitterböse Satire, die unserem Zeitgeist entspricht und unbedingt gesehen werden muss. Muss sie wirklich? Hier ist „Four Lions“
Omar reicht es. Er kann die Unterdrückung und die Diskreminierung der Moslems weltweit nicht mehr länger mit ansehen. Er will sich dem heiligen Krieg anschließen, um der Gesellschaft zu zeigen. Zusammen mit seinen Freunden, Waj und Faisal, will er nach Pakistan in ein Ausbildungslager der Mujahedin fahren. Barry, der zum Islam konvertiert wurde, soll so lange zu Hause bleiben und die Stellung halten, sowie ein Ziel aussuchen. Im Ausbildungscamp geht einiges schief und sie werden mit Schimpf und Schande davon gejagt. Um seine Freunde nicht zu enttäuschen, tut Omar so, als hätte er vom Emir einen Auftrag erhalten. Nach langem Hin und Her einigt man sich schließlich auf ein Anschlagsziel. Nun muss nur noch der Spregstoff besorgt werden.
Das Thema ist schwierig. Egal, wie man es anpackt, es besteht immer die Gefahr, dass es jemanden nicht gefällt und ihn im schlimmsten Fall auch noch beleidigt. Ist es geschmacklos, über Selbstmordattentäter zu lachen? Ist es politisch korrekt, über tölpelhafte Möchtegern-Dschihadisten zu lachen? Diese Fragen werden in der öffentlichen Diskussion über diesen Film gestellt, seit er vor einem Jahr zum Fantasy Filmfest lief. Dass dieser Film allerdings gar keinen Zweifel bei diesen Fragen aufkommen lässt, vergisst man bei dieser Diskussion. Wirklich lachen kann man nämlich nicht, und die Protagonisten sind nicht tölpelhaft, allenfalls sind sie verwirrt. Der Film ist erschreckend realistisch und es werden genau die Dinge angesprochen, über die wir - gerade heute – nach denken müssen. Über Diskriminierung und Fremdenhass. Über Vorurteile und, wie unsere Gesellschaft allgemein mit Terrorismus umgeht. Die Figuren im Film wissen gar nicht so richtig, warum sie sich in die Luft jagen wollen, sind aber durch ihren Glauben vollkommen davon überzeugt, dass es richtig ist. Ihnen kommt auch nicht der Gedanke, dass es falsch sein könnte, Unschuldige Menschen zu töten. Trotzdem sind es ganz normale Typen, die dem Zuschauer auch noch sympathisch sind. Es gibt Szenen im Film, die lustig gemeint sind, es aber eigentlich nicht sind. Viel mehr ist alles an dieser Geschichte tragisch und verwirrend. Trotzdem lacht man. Auf dem Plakat steht, es sei eine Komödie, also lache ich! Basta!
„Four Lions“ bietet einen einzigartigen Blick auf die Problematik des Terrorismus. Fragen, die man hat, werden nicht beantwortet und man hat oft das Gefühl, man versteht vieles nicht. Ich aber hatte nie den Eindruck, der Film macht sich über Araber oder Terroristen lustig. Ich hatte eher das Gefühl, dass ich über diese Menschen so gut wie nichts weiß und das ist vielleicht das größte Problem von allen.
Four Lions (GB, 2010): R.: Christopher Morris; D.: Riz Ahmed, Kayvan Novak, Nigel Lindsay, u.a.; Offizielle Homepage
In Weimar: lichthaus
Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.
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