Einige
Regisseure sind seit vielen Jahren im Geschäft. Sie haben nicht nur
die aufregendsten Entwicklungen im Medium Film mit erlebt und
überlebt, sie haben sie stets mit gestaltet und geprägt. Einige von
diesen Altmeistern sind mit der Zeit mit gegangen, haben neue
Techniken ausprobiert und haben sich angepasst. Andere sind bei dem
geblieben, was sie schon immer gemacht haben und wirken deshalb
heutzutage vielleicht etwas altmodisch. Woody Allen muss zum Beispiel
gar nichts an seinem Stil ändern und kann sich voll und ganz auf
seinen Stil des Geschichtenerzählens konzentrieren. Weil eben ein
Woody Allen schon immer auf die gleiche Art Filme gemacht hat, hat er
sich im Laufe der vielen Jahre einen festen Stamm von Fans
angesammelt. Diese Fans wollen nichts Neues und wären regelrecht
verärgert, wenn Allen jetzt beispielsweise einen rasanten Thriller
machen würde.
Francois
Ozon ist sicherlich genau so bedeutend, wie Woody Allen. Er hat dafür
gesorgt, dass der französische Stil das ist, was er heute ist – im
Guten, wie im Schlechten. Seine Filme waren irgendwie immer eine
Mischung aus bierernster Gesellschaftsstudie und regelrecht grotesken
Musicaleinlagen. So merkwürdig das klingen mag, Ozon ist ein
unverzichtbarer Vertreter des typischen, französischen Films. Und
der Altmeister ist immer noch aktiv und liefert regelmäßig neue
Filme ab. Er wagt allerdings immer mal wieder Experimente und
versucht sich auf Gebieten, die er bisher noch nicht so ausführlich
bewandert hat. Mit „In ihrem Haus“ hat er sich tatsächlich an
einem Thriller versucht – ohne Gesangseinlagen.
Germain
ist Lehrer für Literatur und unterrichtet eine zehnte Klasse. Er hat
sich vorgenommen, den jungen Menschen seine Begeisterung für die
Sprache zu vermitteln. Die Schüler sind allerdings wenig motiviert
und für die meisten bedeutet sein Unterricht nicht viel mehr, als
die Zeit ab zu sitzen. Der zurück gezogene Claude allerdings, zeigt
Talent. In einem Aufsatz über sein Wochenende beschreibt er
wortgewandt, wie er einen Mitschüler zu Hause besucht, um ihm
Nachhilfe zu geben. Etwas am Schreibstil des Jungen erweckt das
Interesse des Lehrers und er ermutigt ihn, weiter zu schreiben. Die
Geschichte des Mitschülers und seiner Familie entwickelt sich
allerdings in eine merkwürdige Richtung. Germain realisiert nicht,
dass die Dinge, die Claude schreibt keineswegs nur ausgedacht sind.
Germain steigert sich immer mehr herein. Erst, als ihn seine eigene
Frau auf die gefährliche Wendung aufmerksam macht, will er das
Schreibexperiment stoppen. Aber dafür ist es bereits zu spät.
Claude hat sich in den Kopf gesetzt, die Geschichte um die Familie
fertig zu schreiben und nimmt dafür auch in Kauf, das Leben der
Familie zu zerstören.
Die
Geschichte wird langsam begonnen und die Figuren werden auf
klassische Weise vorgestellt. Hier sind keine Quantensprünge zu
erwarten. Der biedere Literaturlehrer sieht lustigerweise wirklich
ein bisschen aus, wie Woody Allen und hat in der deutschen Fassung
sogar dessen Synchronstimme.
Auch
der typische Klassenmob, bestehend aus lärmenden Proletenkindern
darf nicht fehlen, ebenso wenig, wie der melancholische Blick in die
tiefen Augen des des besonderen Schülers. Der Film geizt also nicht
mit Klischees und auch die Story ist recht vorhersehbar, wird
zwischendurch allerdings noch aufgelockert mit einer Nebenhandlung,
in der Germains Frau auf recht unterhaltsame Weise nach neuen
Künstlern für ihre angeschlagene Galerie sucht. All das plätschert
aber nur so vor sich hin und bietet einen mäßig dynamischen
Spannungsbogen. Fabrice Luchini wirkt in seinem Spiel irgendwie
festgefahren. Er bewegt sich in einem enorm engen Rahmen und sein
Repertoire an Mimik und Gestik ist selten abwechslungsreich. Ob er
nun den überzeichneten Fabrikbesitzer in den bunten 60ern spielt,
oder eben einen frustrierten Literaturlehrer, scheint für ihn keinen
großen Unterschied zu machen. Da hilft leider auch nicht eine so
charismatische und intensive Schauspielerin, wie Kristin Scott Thomas
an seiner Seite.
Der
Film lässt relativ schnell die Hosen herunter und man gibt ebenso
schnell die Hoffnung auf, dass noch etwas spannendes passiert. Leider
geht auch das Ende des Films gründlich vor den Baum. Erst wird ein
absurder Mindfuck provoziert und dann will Ozon sehr krampfig noch
einmal das Ruder herumreißen und konstruiert ein quasi-Happy-End,
welches gar keinen Sinn mehr ergibt.
So
wenig ich mit früheren Ozon-Filmen anfangen konnte, habe ich es doch
immer irgendwie akzeptiert, weil er über so viele Jahre seinem Stil
treu geblieben ist. Mit aller Gewalt hat er hier versucht, etwas
neues zu schaffen, hat aber lediglich Altbackenes aufgewärmt.
Vielleicht sollte in seinem nächsten Film doch wieder gesungen
werden. Die Groteske – ob nun absichtlich, oder unfreiwillig –
passt besser zu dem Bild, welches ich von Ozon und der filmischen
Epoche, der er angehört, in meinem Kopf gezeichnet und gespeichert
habe.
Dans
La Maison (F, 2012): R.: Francois Ozon; D.: Fabrice Luchini, Ernst
Umhauer, Kristin Scott Thomas, u.a.; M.: Philippe Rombi; OffizielleHomepage
Der
Filmblog zum Hören: Jeden Sonntag, 14:00 bis 15:00 Uhr auf RadioLotte Weimar.
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