Bei
diesem Film fühlt man sich versucht, ihn mit Dingen zu vergleichen,
die man schon aus anderen Werken kennt. Eindringlich, wie „Drive“.
Spannend und intensiv, wie „Vertigo“ vielleicht. Aufregend und
erotisch, wie „Black Swan“. Aber diese Vergleiche halten nicht
lange stand, denn „Enemy“ nutzt diese bekannten Elemente
allenfalls als Sprungbrett für seinen ganz eigenen und –
ironischer Weise – unverwechselbaren Stil.
Adam
ist Professor für Geschichte an einer Universität. Auch, wenn er
einen gut bezahlten Job hat, wäre er sehr unzufrieden mit seinem
Leben, würde es ihn nicht so furchtbar langweilen. Seine Vorlesungen
sind uninspiriert und verlaufen immer nach dem selben Strickmuster,
seine Freundin bringt ihm mehr Ärger, als Glück und überhaupt
fehlt seinem Leben das Besondere. Im Rahmen seines Lebensstils und
seiner eigenen Motivation ist es Adam allerdings unmöglich, dieses
besondere Etwas zu finden. Adam weiß genau, was er tun könnte, um
diesen Zustand zu ändern, doch will er es im Grunde nicht, was
seinen Frust noch verstärkt. Ein Kollege macht ihn eines Tages
darauf aufmerksam, dass er ihn an einen Schauspieler erinnere. Adam
schaut sich einige Filme mit besagtem Schauspieler an und stellt
fest, der andere Mann sieht ihm zum Verwechseln ähnlich. Aus Neugier
beginnt Adam, dem Schauspieler nach zu stellen und arrangiert sogar
ein Treffen. Bei diesem Treffen kommt allerdings etwas zu Tage, was
Adam nicht erwartet hätte.
Regisseur
Denis Villeneuve nutzt diese Story, die im Grunde ganz klaren Linien
und Rahmen folgt, um einen regelrechten Trip zu entfesseln. Von
Beginn an versetzt er den Film mit abgedrehten Traumsequenzen. Immer
wieder taucht hier das Motiv einer riesenhaften Spinne auf, die sich
durch die Häuserschluchten der Großstadt hangelt. Außerdem ist der
ganze Film in blassen Gelbtönen gehalten. Dadurch wirkt alles etwas
fiebrig. Ein Großteil der dichten und oft auch bedrohlichen
Atmosphäre entsteht durch die fast schon gewaltige Musik. Mächtige
Hörner und quälende Streicher entfesseln ein ständiges Gefühl der
Aufregung.
Außerdem
kostet Villeneuve immer wieder ganz bestimmte Momente besonders aus.
Die Treffen der beiden Doppelgänger zum Beispiel. Oder, wenn die
Frau des Schauspielers die Bedeutung der ganzen Situation zu erkennen
glaubt. Dieser Moment der Erkenntnis ist unglaublich eindrucksvoll
und verliert seine Wirksamkeit auch nicht dadurch, dass dem Publikum
diese Erkenntnis bis zum Ende des Films verwehrt bleibt. Ist dies die
Geschichte getrennter Zwillinge? Ist es Zufall? Ist es Schicksal? Der
Film liefert keine Erklärung, sondern packt lieber noch ein
skurriles Abschlussbild auf das Ende.
„Enemy“
ist großartige Unterhaltung. Schauspieler, Musik und Inszenierung
ergeben einen stilvollen, spannenden und eigenwilligen Thriller, der
im Gedächtnis bleibt. Hitchcock wäre vielleicht stolz darauf
gewesen.
Enemy
(Can, Esp, 2013): R.: Denis Villeneuve; D.: Jake Gyllenhaal, Melanie
Laurent, Isabella Rosselini, u.a.; M.: Danny Bensi
Bundesstart:
15. Mai 2014
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