Mittwoch, 8. Oktober 2014

Flmmer-CAT-en # 20 - Unsere Empfehlungen für den Herbst

In unserer Jubiläumsausgabe quatschen Antonia und ich über die Filme, auf die wir uns im restlichen Kinojahr 2014 freuen!



Welche Filme wollt Ihr noch unbedingt sehen, dieses Jahr? Was haben wir vergessen? Der Kommentarbereich ist eröffnet!

Donnerstag, 25. September 2014

Wish I Was Here

Zach Braff ist schon ganz schön cool. Da steht er nun und lächelt verschmitzt, spielt verlegen an seinem Bart herum, auf den er ziemlich stolz ist. Alles an diesem Typen stimmt. Zach Braff ist genau so, wie man sich das immer gewünscht hat, wenn man ihn in „Scrubs“ oder „Garden State“ gesehen hat. Irgendwie hat er nicht so richtig damit gerechnet, dass er in Deutschland so warm empfangen wird. Sein neuer Film ist nun tatsächlich fertig gestellt und hat in Deutschland einen Verleih gefunden, so dass „Wish I Was Here“ nun endlich im Kino laufen kann. Es war ein weiter Weg bis da hin. Kein Studio wollte den Film produzieren. So griff Zach Braff auf Kickstarter zurück und schaffte es, den Film zu finanzieren. Nach Fertigstellung wollte kein Verleih den Film in die Kinos bringen. So tourte Braff durch die Welt, um den Unterstützern den Film zu zeigen und gleichzeitig ein bisschen Werbung zu machen. Letzte Station war die Leipziger Filmkunstmesse und hier konnte das Fachpublikum direkt bewerten, ob „Wish I Was Here“ nach beinahe zehn Jahren Arbeit und der ganzen aufregenden Produktionsgeschichte obendrein auch noch ein sehenswerter Film geworden ist.

Aiden ist Familienvater und Schauspieler. Er lebt mit seinen zwei Kindern und seiner Frau in einem kleinen Haus. Die Kinder gehen auf ein jüdisches Internat. Seine Frau Sarah arbeitet in einer Bürfirma und schafft das Geld heran. Aiden hat schon lange keine Rolle mehr bekommen. Durch den Job seiner Frau und der finanziellen Unterstützung seines Vaters kann Aiden seinen Traum als Schauspieler leben und sich voll und ganz auf Castings und Bewerbungen konzentrieren. Eines Tages erfährt Aiden von seinem Vater, dass dieser schwer krank ist und nun den Rest seines Geldes für eine experimentelle Behandlungsmethode ausgeben will. Durch das fehlende Geld kann die Ausbildung der Kinder in dieser Form nicht mehr bezahlt werden. Aiden sieht nun zwei Möglichkeiten. Entweder er gibt seinen Traum auf, und nimmt sich einen Aushilfsjob, oder er übernimmt die Ausbildung seiner Kinder selbst. Eine dieser beiden Möglichkeiten hat eine Zukunft. Die andere nicht.

Zach Braff hat mit „Garden State“ vor zehn Jahren einen wundervollen, unfassbar rührenden und einprägsamen Film gemacht. Er lebte von einer echten Geschichte, skurrilen Figuren, absurden Situationen und einem ganz besonderen charmanten Humor. Vor allem aber gibt es unfassbar rührende Momente, ohne dass es in den Kitsch rutscht.
Genau diese Formel hat Zach Braff in der Serie „Scrubs“ schon etabliert. Gepaart mit einer sehr sorgfältigen und bewussten Soundtrackauswahl, ist hier ein sehr zugänglicher und typischer Stil entstanden, den man sofort mit Zach Braff in Verbindung bringt. Genau diesen Stil hat er nun konsequent weiter geführt und in seinem neuen Film gesteckt. Im Grunde ist es die gleiche Figur, nur eben zehn Jahre weiter. Diesmal muss er sich eben mit Problemen beschäftigen, die in diesem Alter auftauchen können. Wie erziehe ich meine Kinder? Wie gehe ich mit dem Tod um? Wie bekomme ich Zugang zu meinem Bruder? Wie kann ich meine Familie ernähren und gleichzeitig meinen Traum leben?
„Wish I Was Here“ thematisiert alltägliche Situationen und Probleme und schafft es dennoch, diese Themen zu etwas Besonderem werden zu lassen und durch gezielten Einsatz ganz bestimmter Bilder, einen entrückten, fast schon magischen Eindruck zu erwecken.
Dadurch entsteht obendrein eine unglaubliche Immersion, der man sich nicht entziehen kann. Man sitzt also im Kino, ist ab der ersten Minute regelrecht im Film, wird regelmäßig zum Lachen und Weinen gebracht und am Ende schnieft das ganze Kino vor lauter Rührung.
In solchen Momenten frage ich mich: Wie macht er das nur?

„Wish I Was Here“ ist die konsequente Weiterführung des Garden-State-Konzepts! Zach Braff gelingt in jeder Hinsicht der perfekte Mittelweg. Ja, es ist irgendwie ein zweiter „Garden State“, ohne aber ein Abklatsch oder Aufguss zu sein. Ja, es ist alles irgendwie rührend und wunderschön, ohne aber in den Kitsch ab zu rutschen. Am aller schönste ist aber der Gedanke, dass Zach Braff selbst glücklich ist, diese Geschichte erzählen zu dürfen. Ein durch und durch lieber Mensch, der nur an das Gute glaubt. Dieser Menschenschlag ist doch dieser Tag enorm selten geworden.

Wish I Was Here (USA, 2014): R.: Zach Braff; D.: Zach Braff, Kate Hudson, Josh Gad, u.a.; M.: Rob Simonsen; Offizielle Homepage

Kineast im Radio: Jeden Sonntag, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

FlimmerCASTen # 19 - Video On Demand

Netflic gibt's jetzt auch in Deutschland! Grund genug für uns, mal den Markt zu betrachten und uns ausführlich über das "Fernsehen" im Internet zu unterhalten.



Wie sieht's bei Euch aus? Seid Ihr schon voll im VOD-Wahn, oder wartet Ihr lieber noch ein bisschen ab, um die Kinderkrankheiten zu überspringen?

Donnerstag, 7. August 2014

No Turning Back

Kammerspiele in Filmform sind immer eine Herausforderung für alle. Für Regisseur, für Hauptdarsteller und – wenn es schief geht – für das Publikum. So faszinierend der Gedanke auch ist, mit wenigsten Mitteln und Menschen, eine spannende und eindrückliche Geschichte zu erzählen, so schwierig ist es, diese Aufgabe zu erfüllen. Es gibt ein paar Vertreter der Regie-Zunft, die die Inszenierung von Kammerspielen perfektioniert haben. Roman Polanski ist so ein Regisseur. Sein „Der Tod und das Mädchen“ gehört mit zu den intensivsten Filmerfahreungen, die ich gemacht habe, und das, obwohl nur drei Schauspieler beteiligt sind.  Nicht weniger intensiv war „Der Gott des Gemetzels“. Doch nicht nur Polanski beherrscht dieses Genre. Rodrigo Cortes inszenierte 2010 „Buried“, der eineinhalb Stunden nur in einem vergrabenen Sarg spielt. Joel Schumacher gelang 2002 eine passable Fassung von Hitchcock's nie realisierten Traumprojekt „Nicht Auflegen“ über einen Mann, der von einem skrupellosen Erpresser in einer Telefonzelle fest gehalten wird. Zu guter Letzt spielte sich Robert Redford vor Kurzem in „All is Lost“ förmlich die Seele aus dem Leib. Hier gab es nur einen Mann und das Meer.
Regisseur Steven Knight hat nun ein weiteres Experiment gewagt, das vor allem durch absolute Reduktion zu einem wahren Hingucker wird.

Ein Mann steigt ins Auto und fährt los. Der Mann sieht müde aus und so, als gingen einige Dinge in seinem Kopf vor. Nach wenigen Minuten wählt er eine Nummer und man erfährt, dass er ganz unverhofft und dringend nach London fahren muss. Einige Telefonate später wissen wir schon mehr. Ivan ist offensichtlich Bauleiter eines Millionenprojekts und gerade in dieser Nacht ist das Projekt an einem wichtigen und heiklen Punkt angelangt, welches eigentlich seiner uneingeschränkte Aufmerksamkeit bedarf. Doch Ivan sitzt im Auto und fährt nach London. Gleichzeitig findet ein wichtiges Fußballspiel statt und eigentlich wollte Ivan mit seinen Söhnen und seiner Frau einen gemütlichen Fernsehabend verbringen. Aber Ivan sitzt im Auto und fährt nach London. Aus einem ganz bestimmten Grund lässt er sein ganzes stabiles und perfekt funktionierendes Leben hinter sich. Während der Fahrt bemüht er sich nun fieberhaft um Schadensbegrenzung.

Der Grund für Ivans nächtliche Fahrt wird an dieser Stelle übrigens bewusst nicht erwähnt. Überhaupt sollte man über diesen Film im Vorfeld so wenig, wie möglich sehen, oder lesen. Nur dann vermag „No Turning Back“ seine komplette Wirkung zu entfalten. Steven Knight reduziert tatsächlich alles aus dem Film heraus, was man nicht braucht. Auf visueller Ebene passiert nahezu nichts. Tom Hardy sitzt hinter dem Steuer seines Autos und stiert auf die Straße. Man sieht nicht einmal, wie er lenkt, oder schaltet. Selbst diese nebensächlichen Handlungen spart der Film aus. Die Umgebung wird stets unscharf gezeigt. Im Fokus ist immer nur Ivan. Die eigentliche Geschichte wird nur durch die Telefonate transportiert, die man als Zuschauer dank modernster Freisprechanlage mithören kann. Und auf dieser Ebene entfaltet sich das gesamte Drama um Ivan Lockes Person. Durch die reduzierte Darstellung wird man nicht abgelenkt und kann sich voll und ganz auf die Gespräche konzentrieren. Durch diese Gespräche entwickelt der Film die gesamte tragische Figur und nach und nach erschließt sich die Tragweite der Ereignisse.
Dabei funktioniert „No Turning Back“ nicht als Thriller, obwohl dies natürlich der einfachste Weg gewesen wäre, aus so wenigen Mitteln einen packenden Film zu machen. Immer, wenn man denkt, jetzt passiert gleich etwas Aufregendes, Unvorhersehbares, wie ein Unfall, oder eine Polizeikontrolle, klingelt wieder das Telefon und konsequent wird die Struktur des Films aufrecht erhalten, ohne, dass es langweilig wird. Tom Hardy ist ein Schauspieler, den man bisher stets in sehr extremen Rollen sehen durfte. Man erinnere sich an seine Darstellung des charismatischen Bösewichts in „Star Trek Nemesis“, oder sein unvergleichlicher Auftritt in „Bronson“. Nicht zu vergessen seine überzeichnete, aber sehr überzeugende Darstellung in „The Dark Knight Rises“. Als Ivan Locke reduziert er seine Darstellung mindestens genau so stark, wie Steven Knight es mit seiner Inszenierung tut. Tom Hardy tut tatsächlich nicht viel, aber was er macht, ist prägend für seine Figur. Tatsächlich ist Ivan Locke eine Figur, die wesentlich mehr Charakter aufbringen kann, als es in vielen anderen Filmen, die weitaus mehr zeigen und aufwendiger inszeniert sind, gelingen kann.

„No Turning Back“ ist ein echtes Erlebnis. Wenn man sich darauf einlässt, kann der Film mit geringsten Mitteln innerhalb von 90 Minuten das Leben eines Mannes rekapitulieren, über den Haufen werfen und anschließend neu aufbauen. Ob das auch so überzeugend gelungen wäre, wenn man die Geschichte in einem umfangreicheren Rahmen verpackt hätte, ist die große Frage, die wohl nur sehr schwer beantwortet werden kann. Hier vollzieht sich auf jeden Fall der Vorsatz „Weniger ist mehr“ auf eine Art und Weise, wie ich es vorher noch nicht gesehen habe.

Locke (GB, 2014): R.: Stephen Knight; D.: Tom Hardy; M.: Dickon Hinchliffe ; Offizielle Homepage

Kineast im Radio: Immer Sonntags, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Donnerstag, 31. Juli 2014

Wir sind die Neuen

Heißt es nicht, dass man in der Vergangenheit immer glücklicher gewesen zu sein scheint, als in der Gegenwart? Wem passiert es nicht, dass er wehmütig an Früher denkt und nicht selten den Sinn für den Augenblick verliert? Älter wird jeder und jeder durchläuft Phasen seines Lebens, in denen es ihm nicht so gut geht. So ist es vollkommen normal, sich an Zeiten zurück zu erinnern, in denen es einem besser ging. Genau davon handelt der neue Film von Regisseur Ralf Westhoff, „Wir sind die Neuen“. Zu schwermütig wird es jedoch nicht, denn wer den Regisseur und seine früheren Arbeiten kennt, weiß, dass er sich auf eine gehörige Portion, bitter bösen Sarkasmus und unverhohlene Gesellschaftskritik freuen kann.

Anne ist eine Biologin, die in ihrer Studienzeit in den 60er Jahren voll und ganz dem Geist von Liebe, Freiheit und...Ja, Liebe pflegte. Nach Ende ihres Studiums bekam sie schlecht bezahlte, aber hoch motivierende Jobs und sitzt nun in einer wundershönen Wohnung in der Münchner Innenstadt. Aus dieser Wohnung muss sie nun raus, denn die Tochter der Vermieterin erhebt Anspruch und bezahlbarer Wohnraum ist knapp. In ihrer Not kommt Anne eine grandiose Idee. Sie kontaktiert die ehemaligen Mitbewohner aus ihrer alten WG und schlägt vor, wieder zusammen zu ziehen. Zwei der alten Spezies – Eddie und Johannes – lassen sich tatsächlich darauf ein und die Wohnungssuche beginnt. Nach einigen Schwierigkeiten gelingt es den Dreien, eine Wohnung zu bekommen und der Umzug kann los gehen. Die Wohnung befindet sich in einem schönen Viertel und die anderen Wohnungen sind überwiegend von jungen Studenten-WG's belegt. Tolle Voraussetzungen für ein lockeres Zusammenleben. Zumindest denken das die drei Alt-68er, die während des Umzugs vollkommen auf zu blühen scheinen. Die Vorstellungsrunde im Haus läuft dann aber doch anders, als erwartet. Der Nachbar gegenüber, ist nahezu nur unterwegs, kann aber immerhin versprechen, sich für Juli mal einen Abend für n Weinchen frei zu halten. Besonders überrascht wird die frisch gebackene WG aber von Nachbarn über ihnen. Hier leben Katharina, Barbara und Thorsten, zwei Jura-Studenten und eine Kulturstudentin, die den neuen Nachbarn ziemlich unmissverständlich kommunizieren, dass sie unmöglich Kapazitäten aufbringen können, den alten Leuten zu helfen. Abgesehen davon machen sie deutlich, dass es ihnen entschieden zu laut zu gegangen ist, in den letzten Tagen. Schnell entwickelt sich nicht nur ein Interessenskonflikt, sondern ein ausgewachsener Generationen-Kampf zwischen den beiden Mietparteien. Und dann wird es lustig.

Ralf Westhoff ist ein exzellenter Beobachter. Schon 2006 gelang ihm in seiner kleinen, charmanten, aber auch bissigen Speed-Dating-Komödie „Shoppen“ ein treffendes Bild des modernen Stadtmenschen, der sich selbst für so etwas intimes, wie den Akt des Sich-Verliebens in strenge und fest gelegte Regeln verpacken lässt. Die Mischung aus perfekt eingefangenen und wieder gegebene Klischees und den messerscharfen Dialogen, machte „Shoppen“ zu einem ganz besonderen Genuss.
Genau diese Mischung gelingt Westhoff nun auch in „Wir sind die Neuen“. Zunächst amüsiert man sich über die jung gebliebenen Alten, die im Geiste irgendwie in der Zeit stehen geblieben sind und das in allen gängigen Klischees im Film zelebriert wird. Dem gegenüber stehen die jungen Studenten, die ehrgeizig und fast schon besessen ihrem Studium nach gehen; die ihre Wohnung in eine detailgetreue Abbildung eines IKEA-Kataloges verwandelt haben; die ihre Schuhe fotografieren und die Fotos auf die passenden Schuhkartons kleben; die selbst beim kleinsten Geräusch aus der unteren Wohnung laut klopfen; denen die Reinigung eines blitzsauberen Treppenhauses scheinbar über alles geht. Hier spielt Westhoff sehr gekonnt mit den Erwartungen des Zuschauers. Er zeichnet ein schlüssiges Bild, bestehend aus Klischees und suggeriert einen wahrscheinlichen Fortgang der Geschichte. An einem bestimmten Punkt der Geschichte dreht er die Situation einfach und vertauscht die Rollen. Dieser Umschwung der Situation funktioniert perfekt und allein daraus entstehen unfassbar lustige Momente. Gepaart mit den messerscharfen und punktierten Dialogen entsteht eine Komödie, über die man sich förmlich schlapp lachen kann, ohne, dass man merkt, dass mein eigentlich über sich selbst lacht.
Die Auswahl der Darsteller ist auch voller Bedacht geschehen. Gisela Schneeberger vereint in ihrer Person so viele Klischees, die sie ohne große Mühe einfach über den Haufen werfen kann. Heiner Lauterbach, der sozusagen die gesammelte Antipathie seiner bisherigen Rollen aufbringt, um sich am Ende doch als ein liebenswerter, echt netter Typ zu entpuppen.

„Wir sind die Neuen“ ist locker, witzig und sprüht vor Sarkasmus. Eine Mischung, die gut funktioniert und nur von wenigen Regisseuren beherrscht wird. Angesichts der überzeugenden Figuren und der tollen Dialoge lassen sich kleinere handwerkliche Fehler und leichte Defizite im Drehbuch sehr leicht verschmerzen. Unterhaltsam und überaus sehenswert.

Wir sind die Neuen (D, 2014): R.: Ralf Westhoff; D.: Gisela Schneeberger, Heiner Lauterbach, Michael Wittenborn, Karoline Schuch, u.a.; Offizielle Homepage.

In Weimar: lichthaus

Kineast im Radio: Immer Sonntags, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Mittwoch, 30. Juli 2014

Die geliebten Schwestern

Auf der diesjährigen Berlinale im Februar war dieser Film der, von den Medien und der Festivalleitung immens gehypte Star. Es ist ein Film, der von einem nahezu unbekannten Regisseur inszeniert wurde, dessen Arbeiten in den letzten Jahren vor allem im Fernsehen zu sehen waren. Hier durchlief Dominik Graf die üblichen Stationen, die für einen deutschen Regisseur, der nicht den standardisierten Leuchtfeuer-Hollywood-Karriere-Weg gehen will, anscheinend unvermeidbar sind. So führten diverse Tatorte und Polizeirufe zu seinem Ruf, ein Krimiexperte zu sein. Dabei scheint das in Deutschland die einzige Möglichkeit zu sein, halbwegs kreative, oder zumindest bezahlte Regiearbeit zu praktizieren. Doch halt! Ein weiteres Genre gibt es, nämlich das der Biografie. Wenn es nicht gerade um Hitlers Helfer oder eben deren Gegner gehen soll, und man leider auch gerade keine zündende Idee für mehr oder weniger packendes Wendedrama in der Tasche hat, müssen eben die klassischen Komponisten / Dichter unseres traditionsreichen Landes her halten. So stand ich also auf der Berlinale und dachte mir „Nicht noch ein Schillerfilm“.
Das ist nun ein halbes Jahr her und jetzt endlich startet „Die geliebten Schwestern“ in den deutschen Kinos.

Sommer in Weimar. Die junge Charlotte von Lengefeld sitzt in einem Zimmer der Parterre der Weimarer Fürstenresidenz und macht, was heiratsfähige Frauen in ihrem Alter so machen. Sie wartet auf einen Günstling. Die ehrenwerte Frau von Stein hat sich nämlich ihrer angenommen, um sie endlich unter die Haube zu bringen. Damals, wie heute, schien die Auswahl in der Dichterstadt nicht all zu berauschend zu sein. Der einzige mögliche Kandidat ist ein schottischer Käpt'n mit schrecklichem Akzent und noch schrecklicherem Humor. Charlotte will ihn aber unbedingt heiraten, um endlich ihre Familie zu entlasten. Während die junge Frau also wartet, hört sie von draußen eine rufende Stimme. Diese Stimme gehört zu einem – im Vergleich zu den restlichen Einwohnern der kleinen Stadt – auffallend gutaussehenden, jungen Mann. Der scheint sich verlaufen zu haben und erkundigt sich nach dem Weg. Eine kokette Schäkerei entsteht, der die Anstandsdame des Hauses direkt ein Ende bereitet.
Über Charlotte erfährt man nun, dass sie eine Schwester, namens Caroline hat, die sie nach Ende der anbandelnden Liaison mit dem Käpt'n in Weimar besucht, um ihr in dieser schweren und aussichtslosen Zeit Beistand zu leisten. Caroline erfährt vom kurzen Besuch des jungen Mannes am Fenster und bringt dessen Namen in Erfahrung. Tags darauf wird ein weiterer Besucher angekündigt und sein Name lautet Friedrich Schiller.

Mehr möchte ich an dieser Stelle über die Story nicht sagen. Zum einen hört an dieser Stelle des Films der vorhersehbare Teil der Geschichte auf und es geht tatsächlich einigermaßen frisch erzählt weiter; zum anderen basiert die gesamte Thematik des Films auf nichts weiter, als Mutmaßungen und Gerüchten – was in diesem Fall überaus positiv zu bewerten ist, beweist es doch die Kreativität der Autoren des Films.
„Die geliebten Schwestern“ schlägt insgesamt eine andere Gangart an, als man es bei derartigen Filmen erwartet hätte. Die Immersion ist, trotz aufwändiger Ausstattung und toller Kostüme, erstaunlich gering. Das liegt an der Form, die Graf wählt, um die Geschichte zu erzählen. Wahrscheinlich, um einen authentischeren Eindruck zu schaffen, hat der Rahmen einen dokumentarischen Stil. Dominik Graf selbst gibt den Erzähler der Geschichte. Einblendungen in klobiger Schrift verstärken den Eindruck. Auch wenn dieser Stil am Anfang etwas befremdlich wirkt, sorgt er doch für ein gutes Tempo, so dass mir die doch recht stolze Laufzeit von zweieinhalb Stunden nicht zu lang wurde. An einigen Stellen läuft dieser Stil allerdings etwas konträr zur eigentlichen Geschichte, die natürlich voller Gefühle und Drama und dem ganzen anderen kitschigen Zeug sein muss. So wirken solch klischeehafte Szenen, wie die Rettung eines ertrinkenden Kindes im Fluss, sowie das anschließende Gruppenkuscheln auf einem Feld irgendwie absurd. All die Nüchternheit verschwindet in diesen Szenen, wird danach aber sofort wieder entfaltet und sorgt so dafür, dass man die Motive der Schwestern und die Schillers nicht ganz nachvollziehen, oder ernst nehmen kann.
Auch an anderer Stelle schlägt dieser Twist zu. Graf hat sich entschieden, seinen Schiller reduziert und knapp zu konstruieren, womit ich persönlich überhaupt kein Problem hätte. Das zieht nach sich, dass Schiller oft sehr reduziert und knapp redet. Nie kommt Leidenschaft durch, die aber nicht schlecht gewesen wäre, zumal es ja bei dieser Dreiecksbeziehung um etwas sehr ungewöhnliches und skandalöses ging. Aber vielleicht kann man so eine Geschichte nicht erzählen, ohne den ganzen Kitsch, auf den Graf offensichtlich verzichten wollte. Mit dem Kitsch wäre es ein zweiter „Goethe“ geworden, eine oberflächliche Kostümromanze. Davon ist „Die geliebten Schwestern“ zum Glück weit entfernt und vermag es, neben den zahlreichen unterhaltsamen Momenten auch ein packendes und ziemlich wirklichkeitsnahes Zeitbild zu schaffen.
Zur schauspielerischen Leistung muss man im Grunde nichts sagen. Alle spielen gut; es gibt keine Totalausfälle; den Oscar wird Hannah Herzsprung auch dafür nicht bekommen (obwohl ihre Unterlippe so schön beben kann, wenn sich aufgeregt werden soll).

Bei all der Aufregung vor einem halben Jahr in Berlin und jetzt hier in Weimar selbst, ist „Die geliebten Schwestern“ ein ganz normaler, gut gemachter, aber nicht über zu bewertender Film, der den großen Dichter Friedrich Schiller auf eine angenehm andere, aber nicht unbedingt neue Art beleuchtet. Unterhaltsam und sehenswert – das muss Kino ja generell leisten. In einem halben Jahr wird wohl keiner mehr darüber sprechen.

Die geliebten Schwestern (D, 2014): R.: Dominik Graf; D.: Henriette Confurius, Florian Stetter, Hannah Herzsprung, u.a.; M.: Sven Rossenbach & Florian van Volxem; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus, CineStar

Kineast im Radio: Immer Sonntags, 14 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 25. Juli 2014

Kineast...Back in Action!

Ihr werdet es mitgekriegt haben: Hier ist lange nichts passiert. Da es für mich vor allem ein Leben außerhalb dieses Blogs gibt, und manchmal Prioritäten gesetzt und Konsequenzen gezogen werden müssen, lag der „Kineast“ eine Weile brach. Doch jetzt habe ich die Zeit gefunden, mich wieder ein wenig darum zu kümmern und möchte zunächst ein paar Dinge nach holen.

Los geht’s mit „Nymphomaniac“. Natürlich habe ich mittlerweile den zweiten, abschließenden Teil des Trierschen Sex-Epos gesehen und muss zugeben, dass sich die Tendenz, die sich bereits zum Ende des ersten Teils angedeutet hat, auch im zweiten Teil vertieft wurde. Storytechnisch geht es natürlich, wie erwartet weiter. Joe liegt im Bett und lässt sich von Seligman gesund pflegen. Als Gegenleistung erzählt sie ihm die Geschichte, wie es dazu kommen konnte, dass sie übel zugerichtet in einer dunklen Gasse lag. All die Dinge, die auf sexueller Ebene im ersten Teil noch fehlten, werden hier noch nach geliefert. Dreier, Auspeitschungen und Masturbation mit einer gebundenen Ausgabe der Bibel. Wie schon im ersten Teil, ist die Darstellung weniger explizit, als erwartet und versteckt sich hinter wenig subtilen Kunstgriffen, wie Weichzeichnern und verdunkelten Einstellungen, so dass es letztendlich gar nicht so viel zu erkennen gibt. Das nimmt dem Film natürlich seine provokante Brisanz, die aber im Vorfeld so ausschweifend beworben wurde. Wenn also der Sex in seiner visuellen Vielfalt fehlt, bleibt nur noch die Story. Und hier schafft es Lars von Treir tatsächlich, für eine Weile zu fesseln. Erzählerisch ist es bestimmt kein Meisterwerk, aber es entsteht ein runder Bogen, der gegen Ende des Films tatsächlich alle losen Enden der Story zu verknüpfen vermag und zu einem sinnvollen, durchaus befriedigenden Abschluss der Geschichte bringt. Tja! Wäre da nicht das wirkliche Ende des Films. Ohne all zu viel spoilern zu wollen, geschehen plötzlich zwanzig Sekunden vor Schluss Dinge, die absolut nicht nachvollziehbar sind und jeglichen gesunden Menschenverstand entbehren. Selten bin ich dermaßen frustriert und verärgert aus einem Film gegangen. Ist Lars von Treir ein Mensch, der es nicht ertragen kann, zumindest ein klitzekleines bisschen Harmonie in der Welt zu wissen? Oder ist das alles Teil der großen Show um seine eigene Person? Ist er wirklich depressiv, oder hat er seine Depression nur zu einem Produkt gemacht, welches er seit vielen Jahren überaus erfolgreich verkauft? Das würde zumindest in Ansätzen dieses völlig sinnentfremdete Ende erklären.

Genug davon! Lassen wir Lars von Trier für eine Weile in Ruhe. In den nächsten Jahren wird sich da sowieso nicht so wahnsinnig viel tun. Widmen wir uns stattdessen den wirklich wichtigen Filmen des letzten viertel Jahres: „X-Men – Days Of Future Past“!
Zu Beginn muss ich voraus schicken, dass ich die X-Men-Filme generell mag. Besonders der erste Teil (2000) galt als richtungsweisend auf dem Gebiet der Comic-Verfilmungen. Durch einfachste Mittel, die aber handwerklich perfekt inszeniert wurden, gelang es Bryan Singer, die schiere Kraft der Mutanten darzustellen. Wenn die aufeinander getroffen sind, flogen nur so die Fetzen durch die Gegend. Obendrein gab es eine Story, die dem Anspruch einer Comicverfilmung perfekt entsprach. Nicht zu ernst, aber auch weit von Over-The-Top! Zusätzlich servierte uns Singer mit Patrick Stewart und Ian McKellen zwei, meiner absoluten Lieblingsschauspieler und es gelang ihm obendrein, ein überzeugender Bezug zu solch historischen Ereignissen, wie dem Holocaust, ohne, dass es unpassend wirkte. „X-Men“ war erfolgreich, aber bei weitem nicht so erfolgreich, wie das heutige Comicverfilmungen schaffen. Dafür gelang dem Film die Vorreiterrolle und Singer diente als Inspiration sämtlicher folgender Comic-Blockbuster, die seine anfänglichen Konzepte einfach weiter führten und perfektionierten. Man denke nur an „Spder-Man“! Hach! Spider-Man! Dann wurde es etwas tragisch. Für den zweiten X-Men-Film zog Singer sämtliche Register. Komplexere Story, geilere Effekte und viel, viel mehr Mutanten. Das funktionierte an der Kinokasse nicht so gut und vielen Comic-Fans kam es so vor, als sähen sie nur eine weitere, spektakuläre, aber austauschbare Comicverfilmung. Für den dritten Teil gab Singer die Regie ab, um sein Herzensprojekt „Superman Returns“ zu realisieren – ein Film dessen unglaubliche Ambitionen nur von seinem kolossalen Scheitern übertroffen wurde. „X-Men 3“ wirkte aber firscher, als sein Vorgänger und brachte die Mutanten-Trilogie gleichermaßen dramatisch, wie auch schlüssig zu einem Abschluss. Damit war noch lange nicht Schluss, den Hugh Jackman glaubte, in Wolverine die Rolle seines Lebens entdeckt zu haben. Leider gab es noch nicht den entsprechend beeindruckenden Film zu dieser Rolle, weshalb er Gavin Hood ins Boot holte, der „X-Men Origins: Wolverine“ inszenierte. Damit sollte eine Spin-Of-Reihe etabliert werden, die der Reihe nach, die einzelnen Mitglieder des Superhelden-Teams vorstellen sollte. Der Film spielt zeitlich einige Jahre vor dem ersten X-Men-Film und erzählt, wie Logan und sein Bruder durch die Zeiten wandeln und letztendlich zu den Mutanten werden, die wir kennen. Einen weiteren Teil der „X-Men-Origins“-Idee gab es nicht, denn der finanzielle Erfolg des Films entsprach nicht den Erwartungen von 20th Century Fox.
War dies das Aus für die X-Men? Schon klingelten die Avengers und es deutete sich an, dass Marvel und Disney die Sache mit der Franchise-Bildung irgendwie besser hinkriegten. Als schon niemand mehr damit rechnete gab Fox grünes Licht für einen neuen X-Men-Film. Der sollte die Vorgeschichte der ursprünglichen X-Men erzählen. Die sehr frühe Vorgeschichte. Von Kindesbeinen an begleiten wir also Professor X, Mystique und Magneto. Erstaunlicherweise funktionierte diese Prequel-Geschichte erstaunlich gut und ich konnte diesen Film richtig genießen. Coole Schauspieler, tolle Effekte, gute Story und eine (fast) nackte Jennifer Lawrence. Auch hier blieb der erhoffte Riesenerfolg aus, der Film spielte aber dennoch eine beachtliche Summe ein und es stand schnell fest, dass das Prequel fortgesetzt werden soll. Vorher geschah noch etwas verwirrendes. Der Wolverine-Film, der einige Jahre zuvor noch als eingestellt galt, weil Daren Aronowsky wohl doch keinen Bock auf Comic-Verfilmungen hatte, tauchte plötzlich wieder auf. Einmal mehr schlüpfte Hugh Jackman in die Rolle des Klingen-schwingenden Mutanten. Dieses Solo-Abenteuer war plötzlich wieder nach den Ereignissen des dritten X-Men-Films angesiedelt und strotzte nur so vor Logik-Fehlern. Wer das Ende von „X-Men 3“ kennt, weiß vielleicht, was ich meine. Die Story führte Logan nach Japan und mehr will ich darüber gar nicht sagen. Der Film war für mich eine Qual und ich habe das meiste vergessen. Gleichzeitig wurde „X-men – Days Of Future Past“ gedreht. Das führte übrigens zu einigen lustigen Verwechslungen. Hugh Jackman tauchte als Wolverine mehrfach am falschen Set auf, weil er wohl selbst den Überblick verloren hatte, in welchem Film er nun grade wie und wo Wolverine spielen sollte. Der neue Film sollte nun die ganzen Verwirrungen auflösen und sozusagen sämtliche Kontinuitäten zusammen führen. Was in Comicform vor einigen Jahren sehr gut funktioniert hatte – die Storyline wurde zwei Jahre lang in 4 durchlaufenden Serien veröffentlicht und gilt als eines der spektakulärsten zusammenhängenden Comic-Abenteuer der Geschichte – konnte in Filmform nur misslingen. Zeitlich befinden wir uns ein paar Jahre in der Zukunft. Alle Mutanten haben plötzlich ihre Mutantenkräfte zurück, obwohl zum Ende des dritten Teils ziemlich unmissverständlich deutlich gemacht wurde, dass das eigentlich nicht sein kann. Außerdem lebt Professor X plötzlich wieder, obwohl auch an dessen Ableben am Ende des dritten Teils kein großer Zweifel bestand. In dieser, also sehr verwirrenden Zeit, werden Mutanten von Sentinels gejagt – übermächtige Terminator-Roboter, die in der Lage sind, die Kräfte ihrer mutierten Gegner zu absorbieren und sie gegen sie selbst einzusetzen. Man ist sogar so verzweifelt, dass alte Feindschaften begraben werden und Magneto plötzlich ein Guter ist. Nun muss jemand in die Vergangenheit geschickt werden, um ein bestimmtes Ereignis zu verhindern, welches zur Herstellung der Killermaschinen führt. Der einzige Mutant der die Strapazen einer Zeitreise überstehen würde, ist Wolverine. In der Vergangenheit muss er also seine Verbündeten finden und sie irgendwie davon überzeugen, dass sie eigentlich keine Feinde sind. Das dadurch die gesamte, bisherige X-Men-Kontinuität mit samt der bekannten Ereignissen obsolet wird, ist eine andere Sache. Fakt ist, der Film macht eine bessere Figur, als gedacht. Die Story wird erstaunlich tiefgründig konstruiert und versucht, allen Figuren die entsprechende Bühne zu verschaffen. Das gelingt tatsächlich ganz gut, auch wenn sich Singer gegen Ende ein bisschen verstrickt, weil es einfach zu viele Dinge gibt, von denen erzählt werden muss. Insgesamt hat der Film ein angenehmes Tempo und bewegt sich etwas abseits der mörderisch schnellen Verfilmungen der Kollegen von Disney. Dennoch versucht „Days Of Future Past“ zu sehr, alles auf einmal zu sein und wieder muss man sagen, der bahnbrechende Supererfolg bleibt aus. Der Film ist okay, aber eben kein Meisterwerk. Aber Singer gibt nicht auf. Niemals! 2016 kommt „X-Men Apocalypse“

Ein weiterer wichtiger – wenn nicht gar einer der wichtigsten Filme des ganzen Jahres – war „12 Years a Slave“, ein Film, den ich zum Kinostart gesehen habe, über den ich einen seitenlangen Text verfasst habe, der wiederum nicht gepostet wurde, weil ich nicht dazu gekommen bin, ihn Korrektur zu lesen. Als ich ihn endlich fertig hatte, war es zu spät und mittlerweile wurde alles wichtige und unwichtige über diesen Film auch an anderer Stelle gesagt und geschrieben. Eine sache fehlt allerdings, weswegen ich den Film an dieser Stelle noch einmal erwähne. Wer „12 Years a Slave“ nicht gesehen hat, möge das unverzüglich nachholen. Steve McQueen hat es geschafft, dieses dunkle Kapitel der amerikanischen Geschichte, packend und absolut ungeschönt auf die Leinwand zu bannen. Es ist erstaunlich, welche Wirkung die einfachsten Bilder auf den Zuschauer haben können. Mir stiegen ständig Vergleiche zum Holocaust in den Kopf und wenn man es nüchtern betrachtet und mal von einigen Details absieht, und man wirklich ein historisches Ereignis suchen will, welches mit den Ausmaßen der Grausamkeit und Menschenverachtung der amerikansichen Sklaverei zu vergleichen ist, kommt man unweigerlich zum Holocaust in Europa. Diese Erkenntnis hat mir dieser Film gebracht. Plötzlich wird einem die Tragweite bewusst und es wird einem klar, dass es nichts schlimmeres gibt, als das, was Menschen anderen Menschen antun können. Der Film hat viele Menschen berührt und letztlich ist er auch mit den prestigeträchtigen Preisen belohnt wurden, die Hollywood ja anscheinend über alles gehen. Ob dieser Film jedoch langfristig etwas in den Köpfen der Menschen verändern konnte, bleibt ab zu warten. Ich jedenfalls, werde „12 Years a Slave“ nie vergessen.

Ich habe noch viele Filme gesehen, über die ich in letzter Konsequenz hier nichts geschrieben habe. Sie alle hier und jetzt ausführlich zu besprechen, würde den Rahmen sprengen. Natürlich müsste ich ausufernd über „Inside Llewyn Davis“ schreiben. Ich belasse es bei zwei Ratschlägen: Seht Euch den Film an! Hört Euch danach den Soundtrack an! Tatsächlich sind diese beiden - nennen wir es mal – Medien in der Lage alles zu transportieren, was man über Film wissen muss.

Mal wieder gesehen habe ich zum Beispiel „Blade Runner“, nachdem nun bekannt wurde, dass Ridley Scott ernsthaft eine Fortsetzung realisieren will. „Blade Runner“ funktioniert immer noch, trotz seiner verstörend Anmutigen Skurrilität. Es ist eben ein Genre-Definierendes Werk, welches auf so viele Arten und Weisen, neue Dinge ausprobiert und teilweise auch etabliert hat. Muss der Film gefallen? Nicht unbedingt, aber gesehen haben sollte man ihn, ohne Frage!

Mal wieder gesehen habe ich „Star Wars“. Bevor jemand die unerhörte Freichheit besitzen kann, zu fragen, welche Star-Wars-Filme ich gesehen habe, beantworte ich sie lieber gleich. Natürlich habe ich die alten, die originalen – ja eigentlich die einzig wahren – Teile gesehen. Ich gehöre zu der Sorte von Menschen, die sich „Star Wars“ niemals in chronologischer Reihenfolge ansehen würden und zu jenen Menschen, für die die Episoden 1 bis 3 eigentlich nicht existieren. Aber auch hier steht uns in den nächsten Jahren eine Fortsetzung an, über die ich persönlich eigentlich gar nichts wissen möchte, bis sie fertig ist und in einem Kino meiner Wahl an zu sehen ist. Jedem Gerücht, welches Hoffnung auf einen gelungenen Film säen könnte, folgt sowieso sehenden Fußes ein Gerücht, welches das Gegenteil bewirkt. Also, warum sollte ich mich verrückt machen. Stattdessen gucke ich mir die Episoden 4-6 noch tausend Mal an und genieße etwas, was mich und meine Faszination für Filme so dermaßen geprägt hat, als das, was es ist: Eine Legende. Und Legenden kann man nicht neu schreiben, egal, was J.J. Abrahms und Disney dazu sagen.

Kurz vor Ende möchte ich noch auf zwei kleinere, weil deutsche Filme aufmerksam machen. Zum einen durfte ich in dieser Woche der Deutschland-Premiere von „Die geliebten Schwestern“ beiwohnen. Ein Film über den großen Dichter Friedrich Schiller und dessen angeblicher Dreier-Beziehung zu den Schwestern Lengefeld aus Rudolstadt. Entgegen sämtlicher Befürchtungen, geht der Film keine oberflächlichen Pfade und hat weitaus mehr zu bieten, als so manche Kostüm-Romanze der letzten Jahre. Mehr dazu gibt es übrigens in der Radio-Sendung am kommenden Sonntag und anschließend auch hier an dieser Stelle. Des weiteren wird es hier demnächst auch um „Wir sind die Neuen“ gehen, den neuen Film von Ralf Westhoff. Dieser Film hat auf zahlreichen Festivals in den letzten Wochen einige Preise eingeheimst und feiert im Moment entsprechende Erfolge an den deutschen Kinokassen. Abseits dieser kalten Fakten hat der Film noch viel mehr zu bieten. Darüber lasse ich mich dann ebenfalls in aller Ausführlichkeit aus.

War's das jetzt wieder für die nächsten sechs Monate? Wo sind die angekündigten Veränderungen? Wo bleibt der nächste „FlimmerCASTen“? Hat Jan wirklich Jennifer Lawrence getroffen? Das sind dringliche Fragen, die ich zumindest teilweise noch beantworten kann. Das war's nicht für das nächste Jahr. Meine berufliche Situation hat sich etwas verändert und gestattet mir, sehr viel zu Hause zu arbeiten. Zeit für's Kino werde ich mir nun auch einfacher frei schaufeln können und so wird es nun auch wieder regelmäßige Beiträge hier geben. Die angedachten Veränderungen für „Kineast“ bleiben noch auf dem Zettel, werden aber momentan nicht praktikabel sein. Irgendwann wird es soweit sein. Der „FlimmerCASTen“ ist ein Gemeinschaftsprojekt mit Antonia, die selbst nicht weniger zu tun hatte, als ich, in den letzten Monaten. Eine Weiterführung des Podcasts wird demnächst mal bei nem Weinchen diskutiert. Aber keine Bange! Wir sind nach wie vor filmaffine, vor verbaler Inkontinenz nur so strotzende Cracks. Eigentlich die besten Voraussetzungen für ein derartiges Projekt!

Nicht vergessen, am Sonntag, das Radio (bzw. den Stream) ein zu schalten! 14 Uhr geht’s los, ich freu mich auf Euch. Demnächst wird es hier an dieser Stelle noch einen packenden Tatsachenbericht über die schlechteste Sci-Fi-Messe der Welt geben und mal sehen, was sich noch ergibt.

-Jan-