Montag, 5. September 2011

Sommer in Orange

Der Sommer ist da! Auch, wenn wir sehr lange darauf warten mussten, werden wir jetzt dafür mit der vollen Ladung belohnt. Doch was ist das? Wieder scheint es Stimmen zu geben, die nicht zufrieden zu stellen sind. Es wäre zu warm? Wann regnet es denn endlich? Früher war alles besser! Früher war alles besser? Ja, auch was das angeht, musste ich mich belehren lassen und erfahren, dass heutige Sommer doch gar nix mehr sind im Vergleich zu den Sommern der wilden 80er. Damals hat man es noch verstanden, einen richtigen Sommer zu zelebrieren und die Farbe des Sommers war damals nicht langweiliges Lavendel, sondern Orange!

Eine Gruppe Bahgwan Sonnenanbeter kommt aus der grauen und tristen Großstadt Berlin ins ländlich idyllische Talbichl mitten in Bayern. In Zeiten der Teilung und des kalten Krieges sollte man sich über jene stets freundlich gesinnte Menschen eigentlich freuen können. Als sie jedoch das Therapiezentrum Talbichl eröffnen wollen und ihren täglichen Ritualen nach gehen, sind die Bewohner des vorwiegend katholisch geprägten Dorfes verunsichert. Nicht nur das vermeintliche Lotterleben dieser Tunichtgute, auch die Freizügigkeit der Sonnenanbeter sorgt für ständige Schocks. „Ja wer kümmert sich überhaupt um die Kinder? Was sind die? Vegetarier? Soll das heißen, die essen kein Würstel zum Kartoffelbrei? Das schmeckt doch gar nicht. Und überhaupt! Diese bunten Klamotten. Sowas haben wir in unserer Jugend nicht getragen und wenn meine Kinder in so einem Aufzug nach Hause kämen, würde ich denen dir Hammelbeine lang ziehen. Und überhaupt! Wie die alle aussehen. Die sehen doch aus wie Terroristen. Ja Ja! Terroristen sind das. Ganz bestimmt. Und, was die für Gesänge ausstoßen. Nicht, dass es am Ende gar Teufelsanbeter sind. Und überhaupt! Die haben doch den ganzen Tag nichts besseres zu tun, als splitterfaser nackt durch den Garten zu hüpfen. Wenn die Kinder das sehen, dann ist doch klar, dass die völlig durchdrehen und nur noch Flausen im Kopf haben...“

Marcus Rosenmüller kommt aus Bayern und hat sich bereits in seinem letzten Film „Die Perlmutterfarbe“ mit der Kultur seiner Heimat auseinander gesetzt. Diesmal lässt er diese Kultur auf extreme Kontraste prallen. Die zugeknöpften und konservativen Dorfbewohner aus dem tiefsten Bayern treffen auf die freikörperkulturell veranlagten Sonnenanbeter, die der freien Liebe frönen und ihr Schakkra pflegen, als gäbe es kein Morgen. Zusätzlich dreht sich aber auch alles um die Frage nach der eigenen Identität, der vor allem die zugezogenen Kinder nach gehen. In der Schule zwischen all den Dorfkindern, finden diese mit ihren ungewöhnlichen Sichtweisen kaum Anschluss und versuchen nun, sich zu integrieren. Das wiederum findet deren Mutter gar nicht in Ordnung. Rosenmüller pflegt hier wieder ein Motiv, welches er häufig einsetzt. Er rückt Kinder in den Fokus und sie übernehmen die Hauptrollen. Dadurch wird die ohnehin verwirrende Situation noch komplexer, da man alles aus Sicht der Kinder dargestellt bekommt. Das macht die Geschichte enorm dynamisch und abwechslungsreich und verstärkt den ohnehin krassen Kontrast zwischen diesen beiden Welten noch um ein Vielfaches. Erstaunlich ist, dass es die recht charismatischen Darsteller, wie Petra Schmidt-Schaller oder Oliver Korittke schaffen, sich zurück zu nehmen und die Bühne tatsächlich den Kindern überlassen können.

„Sommer in Orange“ ist ein netter kleiner Film, dessen Hauptmotiv natürlich die großen Unterschiede zwischen den Lebenseinstellungen der Sonnenanbeter und der bayrischen Dorfbewohner ist. Der Film gibt sich keine große Mühe, noch mehr dazu zu packen und nutzt dieses eine Motiv voll aus. Das nimmt ihm etwas an Originalität und macht ihn manchmal etwas zu vorhersehbar. Trotzdem ist es solide Unterhaltung. Nicht mehr zwar, aber immerhin auch nicht weniger.

Sommer in Orange (D, 2011): R.: Marcus H. Rosenmüller; D.: Petra Schmitt-Schaller, Oliver Korittke, Georg Friedrich, u.a.; M.: Gerd Baumann; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Kineast On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

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